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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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von niemandem gehört zu werden, beugte er sich noch näher zu Montignac vor –, »abgesehen davon habe ich nie begriffen, wozu wir ihn eigentlich brauchen.«
    Â»Wen?«
    Â»Na, den König. Obwohl ich Schwierigkeiten habe, ihn so zu nennen, du etwa nicht? Mein Leben lang war er der Prince of Wales. Es fällt mir schwer, ihn plötzlich als König zu betrachten.«
    Â»Na gut, aber wieso sollten wir ihn nicht brauchen?«
    Â»Hat er denn einen Zweck? Wir zahlen für ihn, zahlen für die ganze Sippschaft, kommen aber an keinen von ihnen je näher als hundertfünfzig Meter heran. Dabei sind sie unsere Angestellten, wenn man so will. Ohne uns würden sie nicht einmal existieren. Glaub mir, wenn es um Taugenichtse geht, ist Gareth dagegen ein Waisenknabe. Im Grunde ist dieses System so verrückt, dass man denken könnte, die Russen hatten die richtige Einsicht. Oder auch die Franzosen im achtzehnten Jahrhundert. Haben sie ihre Herrscher nicht entmachtet und ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen?«
    Â»Auf so eine Idee kann auch nur ein kleiner Landadliger wie du kommen, Alexander. Wenn der Schinderkarren käme, um dich zur Guillotine zu fahren, wärst du der Erste, der Zeter und Mordio schreien würde.«
    Â»Nein, das ist von jeher meine Überzeugung gewesen«, erwiderte Alexander beleidigt. »Schafft die ganze Bagage ab, sage ich immer. Und deshalb ist es mir auch egal, wen sie heiraten. Meinetwegen können es Affen oder Hühner sein.«
    Â»Interessant«, sagte Montignac, der keine Lust hatte, das Thema weiter zu vertiefen. Er trank sein Glas aus und massierte seine Schläfen.
    Â»Also dann.« Er stand auf. »Ich muss nach Hause. Begleitest du mich ein Stück?«
    Â»Nur bis vor die Tür. Warte, ich hole meinen Mantel.«
    Gleich darauf standen sie draußen in der frischen Nachtluft.
    Â»Wenn du willst, hole ich dich morgen früh ab«, schlug Alexander vor. »Sagen wir so gegen zehn? Dann können wir gemeinsam zum Old Bailey fahren.«
    Â»Man hat mir gesagt, dass ich mich dort schon um halb zehn einfinden soll.«
    Â»Das ist mir zu früh. Aber du kannst ja nach mir Ausschau halten. Ich werde mich irgendwo hinten hinsetzen, denn auf eine Begegnung mit Bentley père oder mère kann ich verzichten.«
    Â»Sehr klug«, sagte Montignac. »Ich hoffe auch, ich kann ihnen entgehen.«
    Â»Aber doch nicht, weil –« Alexander suchte nach den richtigen Worten. »Doch nicht, weil du Schuldgefühle hast.«
    Â»Schuldgefühle? Nein. Warum sollte ich die haben?«
    Â»Na ja, weil du immer – wie soll ich sagen? – ein wenig bedrückt wirkst, wenn du über Gareth sprichst.«
    Â»Das bin ich nicht«, entgegnete Montignac. »Wenn ich bedrückt bin, dann nur aus Sorge, dass etwas schieflaufen könnte, mehr aber auch nicht.«
    Â»Schieflaufen? Was soll denn da schieflaufen?«
    Â»Das habe ich falsch ausgedrückt«, verbesserte Montignac sich eilig. »Ich meinte, dass ich es mit meiner Aussage für ihn noch schlimmer machen könnte. Das ist meine Sorge.«
    Â»Owen«, sagte Alexander kopfschüttelnd und lachte, als gingen sie am nächsten Tag zu ihrer Zerstreuung ins Theater, »immer machst du dir um andere Leute Gedanken. Ich finde sogar, das ist einer deiner Fehler. Mag sein, dass Gareth seine Tat nicht beabsichtigt hat und alles eine furchtbare Tragödie ist, aber du bist daran nicht schuld.«
    Â»Bist du dir dessen sicher?«
    Â»Was denn sonst? Ich sag es zwar nicht gern, aber hast du dich schon mal gefragt, was passiert wäre, wenn Gareth früher wach geworden wäre, begriffen hätte, was er getan hat, und sich schleunigst verkrümelt hätte? Glaubst du nicht, dass man dich dann verdächtigt hätte? Versetz dich doch mal in seine Lage. Er wird wach und entdeckt die Leiche. Was macht man dann wohl? Wenn diese Frau über dir nicht die Polizei gerufen hätte, wer weiß, wer dann auf der Anklagebank säße?«
    Â»Ja, wer weiß«, sagte Montignac. »Also dann, wir sehen uns morgen im Gericht.«
    Â»Bis dann.« Sie gaben einander die Hand und gingen, jeder in eine andere Richtung.
    Der achte Dezember , dachte Montignac auf dem Heimweg. Und morgen ist schon der neunte . Wenn alles glattliefe, würde in ein oder zwei Tagen das Urteil gefällt. Stanley Baldwin bekäme seine Antwort, der König

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