Das Vermächtnis der Montignacs
ausdruckslos. »Möchten Sie noch etwas trinken?« Die Umstehenden murmelten zustimmend. »Im Salon wird Tee und Whisky angeboten. Falls Sie sich zu den anderen gesellen möchten.«
Einen Moment herrschte Stille. Die Männer warfen einen Blick auf die weiÃe Kugel in Montignacs Faust, verstanden den Hinweis und steckten ihre Queues in die Wandhalterung zurück. Als sie an Owen vorübergingen, konnten sie ihm noch immer nicht in die Augen sehen. Nur Alexander Keys, Montignacs ältester Freund, blieb. Montignac sah ihn ungeduldig an. Ihm war nicht nach Reden zumute.
»Alles klar?«, fragte Alexander.
»Alles klar«, erwiderte Montignac.
»Soll ich später noch hierbleiben? Wir könnten in Ruhe etwas trinken.«
»Vielleicht«, sagte Montignac. »Ich bin müde. Warten wirâs ab.«
Eine Zeit lang schwiegen sie. Montignac legte die weiÃe Kugel wieder auf den Billardtisch, platzierte sie so, dass sie sich mit der schwarzen und der Auffangtasche zur Linken in einer Linie befand.
»Entschuldige das da.« Mit einer Kopfbewegung deutete Alexander auf den Billardtisch. »Wir wussten nicht, was wir tun sollten, und sind irgendwie hier gelandet. Erst als wir angefangen hatten, wurde uns klar, dass es vielleicht nicht ganz das Richtige ist.«
»Vergiss es«, antwortete Montignac unwillig. Die Sache schien ihn nicht mehr zu interessieren. »Wann meinst du, werden diese Leute verschwinden?«
»Ziemlich bald, denke ich.«
»Mein Gott, wie ich sie hasse.«
»Du hasst sie?«, fragte Alexander und lachte unsicher. »Ist das nicht ein bisschen übertrieben?«
Wortlos griff Montignac nach der weiÃen Kugel und lieà sie gegen die schwarze krachen, die daraufhin mit einem Klacken in die Auffangtasche fiel. Die weiÃe Kugel rollte zurück, schlug gegen die Bande, rollte über den Tisch, wurde langsamer, verharrte vor dem Loch und kullerte hinein. Montignac runzelte die Stirn.
»Soll ich da drauÃen mal ein paar Bemerkungen fallen lassen?«, fragte Alexander. »Zusehen, dass sie in die Gänge kommen?«
»Dafür wäre ich dir dankbar.«
»Ist schon so gut wie erledigt.« Auf dem Weg aus dem Zimmer klopfte er Montignac beruhigend auf den Arm. »Wenn du möchtest, dass ich noch bleibe, musst du es nur sagen. Aber das weiÃt du ja. Ach, übrigens, wie hält sich Stella denn so?«
»Stella kommt zurecht. Dafür sorge ich schon.«
»Gut«, sagte Alexander. »Ich habe gesehen, dass dieser Raymond sich drauÃen im Park herumdrückt. Er sollte sich lieber um sie kümmern, als an den Blumen herumzuzupfen.«
»Ich kümmere mich um sie«, erwiderte Montignac in einem Ton, der seinem Freund klarmachte, er könne sich jetzt entfernen. Gleich darauf fiel die Tür ins Schloss. Montignac seufzte und entspannte sich. Endlich war er allein. Sein Blick fiel auf eine vergessene Anzugsjacke, die in der Ecke auf einem Stuhl lag. Er kniff die Augen zusammen und entdeckte die Wölbung über der Innentasche. Ruhigen Schrittes trat er darauf zu, griff hinein und zog eine Brieftasche hervor, in der sich ein Bündel Zwanzigpfundscheine befand. Er zählte fünf von ihnen ab und schob sie im Schuh unter seine Ferse. Dann steckte er die Brieftasche zurück, verlieà den Raum und schloss ihn ab.
Raymond Davis stand im Park von Leyville und studierte die Rosensorten, die unter dem Erkerfenster des Wohnzimmers wuchsen. Seine Eltern waren leidenschaftliche Gärtner gewesen und hatten ihm ihre Liebe für die Gartenbaukunst vererbt. Seit einigen Jahren züchtete er selbst neue Rosensorten, im Garten seines Hauses, einige Meilen östlich von Leyville. Um eine von ihnen zu perfektionieren, eine Cabana Hybrid Tea, tiefrosa, mit gelben Streifen und eiförmigen Blüten, hatte er beinah vier Sommer gebraucht. Mittlerweile gedieh sie prächtig. Einen ihrer Ableger hatte er hier in ein Blumenbeet gesetzt. Er hatte Wurzeln geschlagen und angefangen zu blühen. Raymond berührte die Blüten und streichelte sie sanft, als wären es schlafende Katzen. Stella hatte entschieden, den Ableger dicht am Haus anzupflanzen, sodass der Duft der erblühten Rosen aufsteigen und ins Schlafzimmer ihres Vaters ziehen konnte. Davis nahm die Stufen hinunter in den Garten. Er wollte gewiss nicht makaber sein, aber sein Blick wanderte doch in die Höhe und richtete sich auf das groÃe
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