Das Vermächtnis der Montignacs
erschoss den Polizeibeamten Peter Milburn, 52, kaltblütig. Er hätte auch den anderen erschossen, doch es stellte sich heraus, dass seine Waffe Ladehemmung hatte. In dem nachfolgenden Kampf wurde Domson überwältigt.
Die Presse hatte den Vorfall anfangs nur am Rande erwähnt â Verbrechen dieser Art kamen schlieÃlich alle Tage vor â, doch dann war bekannt geworden, dass Domson ein Cousin zweiten Grades von König George V. war und ein Cousin dritten Grades des Prinzen von Wales, der kurz nach dem Beginn des Prozesses den Thron bestieg. Auffallend war jedoch, dass aus dem Buckinghampalast keine Verlautbarungen zu dem Thema kamen. Von dort gab es nur einen einzigen Kommentar, der besagte, dass die Mitglieder der königlichen Familie mit Mr Domson weder bekannt waren, noch ihm jemals begegnet seien. Dennoch reichte die Verbindung aus, um aus dem Fall einen Skandal zu machen.
Im Lauf der Verhandlung waren etliche der Beteiligten ins Rampenlicht gerückt, darunter der Hauptankläger, Kronanwalt Harkman, sein geschätzter Kollege der Verteidigung, Kronanwalt McAlpine, und natürlich der Vorsitzende der Verhandlung, der ehrenwerte Richter Seiner Majestät, Sir Roderick Bentley, in dessen Händen der Fall lag.
Im Grunde war es ein klarer Fall, doch dann hatte Domson auf nicht schuldig plädiert. Daraufhin hatte die Verhandlung sich bis Anfang Juni hingezogen, bis zum Donnerstag der vergangenen Woche, als die Geschworenen den Angeklagten für schuldig befanden. Der Schuldspruch wurde verkündet. Domson auf der Anklagebank wirkte entsetzt. Einige, die nicht weit von ihm entfernt saÃen, fragten sich, ob er seine feudale Familie noch mehr entwürdigen und hier vor aller Augen in Tränen ausbrechen würde. Doch Domson gelang es, seine Gefühle zu bezwingen, er griff lediglich haltsuchend nach dem Geländer vor der Anklagebank.
Seither hatte die Presse die Sache von allen Seiten beleuchtet. Bei Mord handelte es sich um ein Kapitalverbrechen, dem in der Regel die Todesstrafe folgte. Einen Polizisten in der Ausübung seiner Pflicht umzubringen, galt als besonders abscheulich. In solchen Fällen war bisher ausnahmslos die Todesstrafe verhängt worden. Andererseits hatte es noch nie einen solchen Angeklagten gegeben, sodass in den Zeitungen mehrheitlich davon ausgegangen wurde, Richter Bentley werde von der Todesstrafe absehen und ihn aufgrund seiner königlichen Beziehungen zur lebenslanger Zwangsarbeit verurteilen. Es war sogar schon so weit, dass in den Kolumnen von der Ungerechtigkeit dieses Urteils gesprochen und die Rolle, die die Klassenzugehörigkeit bei einem Verbrechen spielte, angeprangert wurde. Im Gerichtssaal wusste noch keiner, dass die Times für den nächsten Tag bereits den Leitartikel vorbereitet hatte, einen Angriff auf Roderick, der auf seine Abberufung hinauslief und in der Frage mündete, ob er ebenso nachsichtig geurteilt hätte, wäre der Mörder ein armer, arbeitsloser Junge aus Walthamstow gewesen statt eines ehemaligen Eton-Schülers mit zweifelhaften Beziehungen zu höheren Kreisen.
»Wo ist Denis?«, fragte Jane und schaute sich nach dem Ehemann ihrer Freundin um. »Ich habe ihn eigentlich hier erwartet, er ist doch auch Anwalt.«
»Er ist bei einer Beerdigung«, erklärte Eleanor. »Peter Montignac ist gestorben. Hast du ihn gekannt?«
Jane kniff die Augen zusammen und überlegte, wo sie dem Mann zuletzt begegnet war. »Flüchtig, jedenfalls nicht gut. Auf gesellschaftlicher Ebene kannte ich Ann, seine Frau, aber Freundinnen waren wir nicht. Hier und da haben wir an denselben Anlässen teilgenommen, weiter nichts.«
»Ann war ein lieber Mensch«, sagte Eleanor. »Sehr geistreich. Konnte jeden nachmachen.«
»Ach.«
»Ja. Für Partys war sie genau die Richtige, als sie jünger war, meine ich. Später, als ihr Sohn umgekommen war, ist sie nicht mehr so amüsant gewesen.«
Um ein Haar hätte Jane gelacht. »Kein Wunder«, sagte sie.
»Sicher, aber für meinen Geschmack hat sie ihre Trauer ein bisschen übertrieben. Leid ist Leid, aber darin suhlt man sich nicht. Das führt nur dazu, dass andere sich unwohl fühlen. Wie dem auch sei, Peter ist letzte Woche gestorben. Und da Denis sein Anwalt war, nimmt er jetzt an der Beerdigung teil.«
»Aha«, sagte Jane.
»Er bleibt über Nacht da unten, denn morgen früh wird er das
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