Das Vermächtnis der Montignacs
schlimm gewesen, doch dazu war er zu einfältig â dieser Blumenfreund, der an Montignac nicht heranreichte und Stellas nicht würdig war. Der ihre Intimitäten nicht verdiente, sondern genau die Art von verweichlichtem Trottel war, den Montignac kaum ansehen konnte, ohne ein Gefühl tiefster Verachtung zu empfinden. Und warum war er überhaupt noch da? Konnte er nicht ebenso wie alle anderen verschwinden?
Er trat vom Fenster zurück. Sein Blick wanderte zu dem Bett, in dem Peter Montignac bei ihrer letzten Begegnung gelegen hatte.
Er betrachtete die Kissen, die seinen geschwächten Onkel gestützt hatten, und sein Magen zog sich zusammen. Er verdrängte die Erinnerung an jenen Nachmittag und sagte sich, dass er irgendwann etwas gegessen haben musste, das in seinem Magen rumorte. Mit einem Ruck zog er die Tür zu und beschloss, dieses Zimmer erst wieder zu betreten, wenn alles geregelt war und ihm gehörte.
Sein Onkel war tot, und in Kürze würde er, Owen Montignac, ein sehr reicher Mann sein. Das Einzige, was er sich nicht leisten konnte, war ein Gewissen.
10
Als Henry Domson sich auf der Anklagebank niederlieÃ, wirkte seine Miene demütig und reuig. Hätte sie sein Inneres widergespiegelt, hätte auf seinem jungen Gesicht ein breites Grinsen gelegen.
An einem Abend vor knapp sechs Monaten waren er und drei Freunde in das Schmuckwarenlager von Schulberg an der London Bridge eingebrochen. Vor knapp neun Monaten hatte er die Sache geplant. Es hätte ein Kleinigkeit sein müssen. Dank seiner Verbindungen zur Unterwelt hatte er den Grundriss des Lagers ergattert, zusammen mit dem Zeitplan der Wachen, die nachts ihren Dienst versahen. Sie hatten das Schloss aufgebrochen, zwei der Wachen überwältigt, ihre Taschen mit Juwelen im Wert von zwei Millionen Pfund Sterling gefüllt und den Rückzug angetreten.
Alles verlief nach Plan, bis sie das Lager verlassen wollten und zu ihrer Ãberraschung vor dem Tor eine Gruppe Polizisten entdeckten, die sie aufforderten, die Taschen fallen zu lassen. Es kam zu einer Verfolgungsjagd. Zwei der Polizisten drängten ihn in eine Ecke, woraufhin er den Ersten, ohne zu zaudern, erschoss. Doch dann hatte seine Waffe dummerweise Ladehemmung, denn andernfalls wäre er ohne Weiteres entkommen.
Als er seinen Prozessanwalt McAlpine und dessen Rechtsberater erstmals traf, sahen die beiden ihn missmutig an und erklärten, der Fall sei klar und das Beste, was er tun könne, sei, sich schuldig zu bekennen, auf die Gnade des Richters zu hoffen und um eine Haftstrafe zu beten. Mörder, die um Nachsicht bitten, so ihre Worte, hätten zunehmend die Chance, statt zum Tode zu einer lebenslänglichen Zuchthausstrafe verurteilt zu werden, wenngleich der Mord an einem Polizisten doch immer noch etwas anderes sei und es eigentlich wenig Hoffnung gebe.
»Wie ermutigend, dass sie so rasch das Handtuch werfen«, sagte Domson zu McAlpine und lachte spöttisch. »Haben Sie denn auch mal Fälle gewonnen, oder sind Sie generell zu ängstlich, um für eine Sache zu kämpfen?«
»Ich kämpfe, wenn ich eine Sache für aussichtsreich halte«, erwiderte McAlpine gefasst. Er war zu alt und zu erfahren, um sich von einem jungen Burschen provozieren zu lassen, der sich nichts dabei gedacht hatte, als er einen anderen Menschen kaltblütig erschoss. »Bei einem Fall wie dem Ihren ist es jedoch äuÃerst schwierig, um Nachsicht zu bitten.«
Domson lächelte. »Dann sollte ich Ihnen wohl mal etwas über meine Herkunft erzählen. Könnte vielleicht hilfreich sein.«
Und so kam die Geschichte von Domsons Abstammung zutage. Zu Anfang glaubten weder McAlpine noch sein Berater dem, was Domson ihnen berichtete, dass nämlich seine UrurgroÃmutter das jüngste Kind der mittleren Tochter von König George IV. gewesen sei. Allerdings machten sie sich Notizen und versuchten, die Verbindung zur derzeitigen königlichen Familie herauszufinden.
»Und was soll das bedeuten?«, fragte McAlpine. »Dass Sie so etwas wie der Cousin des Königs sind?«
»Genau genommen ein Cousin zweiten Grades«, antwortete Domson und bezog sich auf König George V., der zu der Zeit die letzten Tage seiner Regentschaft erlebte. »Königin Victoria war meine UrgroÃmutter.«
»Das hieÃe ja, sie hätten Anspruch auf einen Platz in der Thronfolge«, bemerkte McAlpine mit skeptischer
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