Das Vermächtnis der Montignacs
Bentley wurde vom Klopfen an seiner Schlafzimmertür geweckt. Er stöhnte und kroch noch tiefer unter die Bettdecke, in der Hoffnung, derjenige an der Tür würde wieder verschwinden. Das Klopfen hörte auf. Gleich darauf ertönte in seinem Zimmer eine scharfe Stimme.
»Gareth«, sagte sie, »wach auf.«
Langsam schob er den Kopf unter der Bettdecke hervor und zwang sich, die Augen zu öffnen.
An seinem Bett stand seine Mutter und hielt einen Becher in der Hand. Sie musterte ihn, die Lippen zusammengepresst, und wirkte nicht sehr erfreut.
»Ich habe dir Tee gebracht«, begann sie. »Den trinkst du, und dann stehst du auf, nimmst ein Bad und ziehst dich an. Du kannst nicht den ganzen Tag wie ein Invalide im Bett liegen.«
Gareth stöhnte erneut und sammelte im Mund Speichel, um seine trockene Zunge anzufeuchten. Hinter seinen Augäpfeln schien der Beginn eines Katers zu lauern und nur darauf zu warten, sich mit aller Kraft zu entfalten. Gareth versuchte, abrupte Bewegungen zu vermeiden.
»Wie spät ist es?«, fragte er.
»Es ist gerade zehn Uhr geworden.« Seine Mutter stellte den Becher auf den Nachttisch und betrachtete die Kleidungsstücke auf dem FuÃboden, die er nachts ausgezogen und fallen lassen hatte. »Jetzt schau dir diese Unordnung an«, sagte sie. »Kannst du die Sachen vor dem Zubettgehen nicht wenigstens in den Wäschekorb werfen? Wann bist du überhaupt nach Hause gekommen?«
»Gegen eins, glaube ich. Angesichts der Umstände eigentlich gar nicht so schlimm.«
»Ein Uhr morgens und gar nicht so schlimm?«
»Ich hatte Geburtstag«, wehrte er sich verdrieÃlich, setzte sich auf, schob sich ein Kissen in den Rücken und griff nach dem Teebecher. »Danke für den Tee.« Mit einem vorsichtigen Schluck prüfte er dessen Temperatur.
»Ich weiÃ, dass du Geburtstag hattest.« Seine Mutter lieà sich auf der Bettkante nieder und schob seine Beine unter der Decke zur Seite. »Ich hoffe, du hast nichts getrunken.«
»Bitte, Mutter.«
» Hast du getrunken?«
Gareth zuckte mit den Schultern und kam sich wieder wie ein unartiger Junge vor. »Vielleicht ein paar Gläser Champagner«, gab er zu. »Zur Feier des Tages.«
»Oh, Gareth«, seufzte sie. »Und wie fühlst du dich jetzt?«
»Gar nicht mal so schlecht. Ein bisschen verkatert.«
»Du hast aber nichts angestellt, oder?«
»Soweit ich weiÃ, nicht.«
»Was soll das heiÃen?«
Er drückte ihre Hand. »Reg dich nicht auf. Ich kann mich noch an alles erinnern. Es waren nur ein paar Gläser, und es ist nichts passiert.«
»Du sollst überhaupt nicht trinken«, sagte sie, noch immer leicht beunruhigt. »Das weiÃt du.«
»Ja. Normalerweise trinke ich ja auch nichts.«
Seine Mutter strich ihm einige Haarsträhnen aus der Stirn. »Na schön«, sagte sie, »an einem Geburtstag kann es vielleicht nicht schaden. Darüber wollte ich übrigens mit dir sprechen.«
Gareth sah sie argwöhnisch an. Er hasste Vorträge, erst recht am frühen Morgen.
»Du bist jetzt vierundzwanzig Jahre alt«, fuhr seine Mutter fort. »Was geschieht als Nächstes? Hast du darüber einmal nachgedacht?«
»Als Nächstes werde ich fünfundzwanzig?«
»Lass die Witze«, fuhr sie ihn an. »Das steht dir nicht. Sei lieber froh, dass ich dieses Gespräch mit dir führe und nicht dein Vater. Er würde ganz andere Saiten aufziehen.«
»Können wir später darüber reden?«, fragte Gareth. »Wenn ich mich ein bisschen besser fühle? Und ein wenig präsentabler aussehe?«
»Wir reden jetzt darüber!«, beharrte Jane. »Denn sonst kommt dein Vater, steckt dich in einen Anzug und schleppt dich mit in die Kanzlei. Was glaubst du denn, wie lange ich ihn noch daran hindern kann? Gestern habe ich bei Harrods Eleanor getroffen. Sie hat von ihrem Damien geschwärmt. In der Bank of England ist er schon wieder befördert worden. Wie es heiÃt, könnte er dort bereits mit fünfunddreiÃig Jahren Direktor sein.«
»Damien Tandy und ich sind grundverschiedene Menschen«, betonte Gareth. Er war mit dem Sohn der Tandys zur Schule gegangen und hielt ihn für einen arroganten Schwätzer, obwohl sie früher einmal eng befreundet gewesen waren. »Und jeder von uns sieht seine Zukunft mit eigenen Augen.«
»Mag sein,
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