Das Vermächtnis der Montignacs
hast einen guten Grund.«
Gareth zermarterte sich sein Gehirn auf der Suche nach einem Grund. Dabei kehrten die ersten Erinnerungen an den vergangenen Abend zurück. Mit schwerem Herzen entsann er sich der verspielten dreiÃig Pfund, doch als Nächstes fiel ihm das Gespräch mit Alexanders Freund wieder ein, dem Mann mit dem verblüffend weiÃen Haar. Sie waren im Taxi nach Hause gefahren, und zum Abschied hatte er etwas zu ihm gesagt. Zuvor hatte er behauptet, etwa so alt wie Gareth zu sein, obwohl er um einiges älter wirkte, vielleicht nicht im Aussehen, aber was seine Selbstsicherheit betraf. Gareth zwang sich zur Konzentration. Er musste den eben erfolgten feindlichen Angriff abwehren und dazu die Gedächtnisbrocken zu einem Bild zusammensetzen. Als er es geschafft hatte, wirkte es vollkommen plausibel.
»Es könnte sein, dass ich Aussichten auf eine andere Arbeit habe«, erklärte er seiner Mutter zufrieden.
»Tatsächlich?«, fragte sie misstrauisch. »Und was sollst du da tun?«
Dass er das nicht wusste, konnte er nicht zugeben. »Im Moment ist es noch geheim. Jemand, mit dem ich gestern Abend gesprochen habe, hat offenbar ein eigenes Geschäft und glaubt, dort könnte es eine Stelle für mich geben.«
»Oh, Gareth«, sagte Jane bekümmert, »das kann doch nicht dein Ernst sein. Von einem x-Beliebigen, den man auf der StraÃe trifft, nimmt man doch keine Stelle an.«
»Der Mann war kein x-Beliebiger. Er ist ein enger Freund von Alexander Keys.«
»Alexander ist Buchkritiker und nicht einmal ein sehr guter«, wandte Jane ein. »Jedes Mal, wenn ich ein Buch kaufe, das er in der Times empfohlen hat, bereue ich es nachher zutiefst. Und auÃerdem, wann habe ich dich zuletzt mit einem Buch gesehen? Es liegt ja nicht einmal eines auf deinem Nachttisch.«
»Ich soll ja auch nicht mit Alexander zusammenarbeiten. Es geht um etwas ganz anderes.«
Jane war eigentlich nicht gewillt, sich vertrösten zu lassen, aber jetzt wurde sie langsam neugierig. »Und wer war dieser Mann? Wie heiÃt er?«
Wieder begann Gareth, in seinem Gedächtnis zu kramen, denn er wusste, wenn er nicht einmal dessen Namen sagen konnte, wäre er erledigt. Zu seinem Glück kam der nächste Erinnerungsfaden angeschwebt und formte sich zu einem Namen.
»Owen Montignac«, verkündete er stolz. »Sein Name ist Owen Montignac.«
»Owen Montignac?«, fragte Jane verdutzt. »Du meinst doch nicht den Neffen von Peter Montignac, oder?«
»Doch, ich glaube schon.«
»Das wirft natürlich ein ganz anderes Licht auf die Sache«, sagte Jane erleichtert und stand auf. »Sein Neffe ist jetzt einer der reichsten Landbesitzer in England.«
Gareth beschloss, sie in diesem Glauben zu lassen.
»Und wie genau sieht die Arbeit aus, die du für ihn tun sollst?«
»Da bin ich mir nicht sicher«, bekannte er. »Aber er hat mir seine Visitenkarte gegeben und mich gebeten, mich noch in dieser Woche bei ihm zu melden. Dann wollen wir alles besprechen.«
»Dann solltest du das auch tun«, sagte Jane. »Aber möchtest du nicht doch lieber in die Kanzlei eintreten? SchlieÃlich hast du Jura studiert.«
»Ich glaube, zuerst höre ich mir einmal an, was dieser Mr Montignac zu sagen hat. Danach kann ich mich immer noch entscheiden. Ihn anzuhören, das kann doch nicht verkehrt sein, oder?«
»Eigentlich nicht«, entgegnete Jane. »Aber triff deine Entscheidung bald. Ewig kann ich deinen Vater nicht davon abhalten, dir dein Taschengeld zu streichen. Und du weiÃt auch, dass ich mir um dich Sorgen mache, nicht wahr?«
»Natürlich weià ich das.« Gareth grinste seine Mutter an und dachte, wie einfach es doch war, sie um den kleinen Finger zu wickeln. Sie lachte und schüttelte den Kopf.
»Oh, Gareth«, sagte sie und spürte, wie die Liebe für ihr einziges Kind sie durchströmte, »du wirst noch mein Untergang sein.« Sie warf einen vorwurfsvollen Blick in die Runde. »Und räum dein Zimmer auf. Hier sieht es aus wie im Schweinestall.«
Mit nachsichtigem Lächeln verlieà sie das Zimmer und schloss die Tür. Gareth griff nach seiner Hose, die vor dem Bett auf dem Boden lag, durchwühlte die Taschen und entdeckte die Visitenkarte. Owen Montignac stand darauf, und darunter The Threadbare Art Gallery, Cork Street, W1 . Weiter nichts. Schlicht und
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