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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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fuhr er in die Höhe, wurde sich, als seine Gelenke knackten und der Schmerz in seine Knochen fuhr, jäh der Tatsache bewusst, dass er nicht mehr im Körper eines Zehnjährigen steckte.
    Mit einer Verwünschung auf den Lippen wälzte er sich vom Lager und raffte sich auf die Beine. Er wankte zur Tür, um zu öffnen, noch immer trunken vom Schlaf und dem grässlichen Albtraum, den er gehabt hatte. Derselbe Traum, der ihn seit so vielen Jahren verfolgte.
    Eine weitere Verwünschung kam ihm über die Lippen, dann fasste er den Riegel und zog ihn zurück.
    »Ja?«, fragte er mit tonloser Stimme, als er öffnete.

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    11
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    Nightfall House
8. März 1826
    Mit manchem hatten sie gerechnet – aber ganz sicher nicht damit, einem Riesen gegenüberzustehen. Quentin konnte sich nicht entsinnen, jemals einem so großen Menschen begegnet zu sein.
    Der Mann war alt, sehr alt. Früher musste er ein wahrer Hüne gewesen sein. Jetzt hatte die Last der Jahre seinen Rücken gebeugt, und die Langsamkeit seiner Bewegungen verriet, dass seine Kräfte ihn verlassen hatten. Trotzdem bot er noch immer eine eindrucksvolle Erscheinung, daran konnte selbst seine abgetragene, an vielen Stellen ausgebesserte Kleidung nichts ändern. Das kantige Haupt mit dem schulterlangen, schlohweißen Haar vorgereckt, taxierte er zuerst Quentin, dann Sir Walter, schließlich Mary und zuletzt McCauley mit argwöhnischen Blicken. Seine Augen waren blutunterlaufen und verrieten mangelhafte Ernährung.
    »Bitte verzeihen Sie unser unangekündigtes Erscheinen«, sagte Quentin höflich. »Da sind nur einige Fragen, die wir Ihnen gerne stellen würden. Fragen, die dieses Haus betreffen.«
    »Dieses Haus?«, fragte der Alte mit kehliger, kraftloser Stimme. Er wandte das Haupt mit dem langen Haar, blickte schief an der aus Natursteinen gemauerten und von Moos überwucherten Fassade empor. »Wüsste nicht, was es darüber zu sagen gäbe.«
    »Wir interessieren uns vor allem für die Vergangenheit des Hauses«, sprang Sir Walter seinem Neffen bei. »Für Dinge, die im Zusammenhang mit dem Namen Stewart stehen.«
    »Mit dem Namen Stewart?« Die geröteten Augen weiteten sich plötzlich. Dann reckte der Alte neugierig das Haupt aus der Tür und spähte in alle Richtungen. »Wer sind Sie?«, wollte er wissen. »Haben sie Sie geschickt?«
    »Von wem sprechen Sie?«, wollte Quentin wissen.
    Der greise Hüne spähte noch immer suchend umher, wobei er am ganzen Körper zitterte – und es wurde klar, dass nicht nur das Alter diesen Mann gebeugt hatte.
    Sondern auch nackte Furcht …
    »Was immer Sie vermuten, ich möchte Ihnen versichern, dass nichts davon zutrifft«, versuchte Sir Walter ihn zu beruhigen. »Wir sind lediglich hier, weil wir ein Rätsel ergründen wollen, und dieses Rätsel scheint mit diesem Haus in Verbindung zu stehen.«
    »Ein Rätsel?«, fragte der Alte.
    Quentin sah fragend zu Sir Walter, der ihm mit einem Nicken zu verstehen gab, dass der Zeitpunkt gekommen sei. Beherzt griff Quentin daraufhin in die Tasche seines Mantels und holte den Schlüssel hervor. »Allem Anschein nach«, sagte er dazu, »besteht ein Zusammenhang zwischen diesem Haus und …«
    Er unterbrach sich, als der Greis ächzend nach Luft schnappte. Die Augen des Mannes weiteten sich noch mehr, dann verneigte er sich, so tief er es in Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters vermochte.
    »Sie sind gekommen, endlich«, murmelte er dazu und machte den Zutritt zum Inneren des Hauses frei. »Bitte, kommen Sie herein.«
    Die Besucher tauschten überraschte Blicke, dann folgten sie der Einladung und traten über die Schwelle.
    Der muffige Geruch von feuchtem Gestein und fauligem Holz empfing sie, uralte Dielen knarrten unter ihren Sohlen. Der einstige Sitz des königlichen Wildhüters bestand nur aus einem einzigen Raum. Im offenen Kamin flackerte ein unstetes Feuer. Uralte, aus Nadelholz grob gezimmerte Möbel bildeten die Einrichtung. Der Boden war allenthalben von Schmutz und Unrat übersät, was das alte Gemäuer mehr zur Behausung denn zu einem Zuhause machte, aber der Alte schien sich nicht daran zu stören.
    Mit einem erleichterten Seufzen ließ er sich in einen Lehnstuhl sinken. Sehr viel länger hätte er sich offenbar nicht auf den Beinen halten können.
    »Sie sagten soeben, dass wir endlich gekommen seien«, wandte sich Sir Walter an ihn. »Haben Sie denn auf uns gewartet?«
    Der Greis lachte freudlos. »Allerdings habe ich das. Aber ich hätte nicht gedacht, dass ich es

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