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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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versuchte Mary das Blut zu stillen, das in raschen Stößen aus der Wunde pulste – aber es war ein aussichtsloses Unterfangen. Das Leben entwich aus dem alten Mann, ohne dass sie etwas dagegen tun konnten, und er schien dabei entsetzliche Schmerzen zu leiden.
    Stöhnend bäumte er sich auf und warf den Kopf hin und her, die zahnlosen Kiefer fest aufeinandergepresst. Tränen rannen aus seinen blutunterlaufenen Augen.
    »Es tut mir leid«, beteuerte Sir Walter, dessen Züge von Entsetzen gezeichnet waren. »Es tut mir leid …«
    »Nein«, stieß der andere stöhnend hervor, »braucht nicht … habe gerechte Strafe …« Er verstummte, heftiger Schmerz ließ ihn zusammenfahren. Blut rann aus seinem Mundwinkel und sammelte sich in den tiefen Falten, die seinen Hals überzogen. »Mein Name … Manus«, flüsterte er.
    »Manus«, wiederholte Sir Walter.
    »Viele Sünden begangen … wird der Herr … mir vergeben?«
    »Ich bin kein Priester, Manus«, entgegnete der Herr von Abbotsford ausweichend.
    »Wollte nur dienen … nie etwas anderes … immer nur dienen … schon als Junge … war dabei, als Schlacht verloren ging …«
    »In Culloden?« Sir Walter hob die Brauen. »Sie waren dabei?«
    Der Alte nickte krampfhaft, was ihm weiteren Schmerz zu bereiten schien. »All die Jahre treu gedient«, versicherte er.
    »Wem, Manus?«
    »Dem Prinzen.«
    »Charles Edward? Bonnie Prince Charlie?«
    »Bonnie Prince Charlie«, echote Manus, und die Erinnerung ließ ein Lächeln über seine blutbesudelten Züge huschen. »Habe ihn begleitet … nach Frankreich … Italien … war sein Schatten … alles für ihn getan …«
    Er unterbrach sich, als er von einem Hustenkrampf geschüttelt wurde. Noch mehr Blut kam über seine Lippen.
    »Nach seinem Tod … Duchess und ich Spur der Verräter verfolgt … alle, die ihn hintergangen … Schuld an der Niederlage … sie alle gefunden und bestraft … und Gold verborgen«, versicherte er, wobei er Sir Walter eindringlich ansah. »Es gehörte doch ihm … dem Prinzen … für ihn bewahren …«
    Sir Walter und Mary wechselten ratlose Blicke. War den Worten des alten Mannes noch zu trauen? Oder trübten der Schmerz und das nahe Ende seinen Geist?
    »Habe Menschen getötet … viele«, fuhr Manus fort, der im Angesicht des Todes das Bedürfnis zu verspüren schien, sich von irdischer Schuld zu befreien. »Wann immer es mir befohlen wurde … nur einmal, in Paris … Name war Serena … wusste nichts von den Kindern … schwöre es … Duchess mir nicht gesagt …«
    »Ich verstehe«, versicherte Sir Walter, obschon weder Mary noch er sich einen Reim auf all das machen konnte.
    »Sind Sünden … mir vergeben …?«, fragte der Alte. »Habe ich … recht getan?« Trotz der Schmerzen, die ihn quälten, richtete er sich halb auf, und der Blick seiner Augen war so flehend, dass Sir Walter nicht anders konnte.
    »Sicher«, sagte er, worauf sich die Züge des Alten sichtlich entspannten. Er sank zurück auf sein Lager, dann bäumte er sich noch einmal auf, und ein grässlicher Schrei entfuhr seiner Kehle, mit dem auch sein Geist den Körper zu verlassen schien. Sein Kopf fiel zur Seite, seine Glieder entkrampften sich. Reglos lag er inmitten des roten Sees, der sich über die Dielen ausgebreitet hatte.
    Erst jetzt realisierte Mary, was geschehen war. Sie stand auf und wich vor dem Leichnam zurück. »Was … was hat das alles zu bedeuten?«, fragte sie.
    »Ich weiß es nicht«, gestand Sir Walter, der sich ebenfalls erhob. »Aber ich vermute, dass wir unwissentlich zwischen die Fronten eines Konflikts geraten sind, der seit fast einhundert Jahren tobt. Wenn ich nur …«
    In diesem Moment kehrte Quentin zurück, atemlos und durchnässt vom Regen, der draußen eingesetzt hatte. Der frustrierte Ausdruck in seinen geröteten Zügen zeigte deutlich, dass McCauley ihm entkommen war.
    »Quentin!«
    Mary eilte zu ihm, und er schloss sie in die Arme. Es war das erste Mal nach langer Zeit, dass sie sich auf diese Weise an ihn schmiegte. Und obwohl seine Kleider nass waren und er völlig erschöpft vom schnellen Laufen, drückte er sie an sich, und für einen kurzen Augenblick war alles wie früher.
    »Geht es dir gut?«, fragte er.
    Sie nickte, und er küsste sie sanft auf die Stirn. »Tut mir leid, dass du das mitansehen musstest.«
    »Das macht nichts«, erwiderte sie tapfer. Sie löste sich aus seiner Umarmung und schenkte ihm ein Lächeln. »Hauptsache, dir ist

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