Das Vermächtnis der Schwerter
seiner Waffe. Er zog das kunstvolle Schmiedewerk aus der Scheide und bettete es ehrfürchtig auf das Kissen neben ihm. Im Dämmerlicht des Raumes schien die silbrige Schneide ein sanfter Glanz zu umgeben. Exakt zwischen Klinge und Heft wölbte sich eine goldene Sonnenkugel, aus der vier breite, ebenfalls aus Gold gefertigte Strahlen hervortraten. Zwei dieser Zacken bildeten zu beiden Seiten die Parierstangen, einer überzog die Klinge, ein weiterer das Heft. Das einzig Dunkle an dieser Waffe stellte der Knauf dar, der aus einem blutroten, beinahe schwarz wirkenden Edelstein geschnitten war. Nur bei genauerem Hinsehen konnte man erkennen, dass dem Knauf die Form eines liegenden, merkwürdig verkrümmten Drachenkörpers geben worden war.
Malun schien von dem Anblick wie behext. Lange Zeit brachte er kein Wort heraus, sondern betrachtete nur andächtig das vollendete Stück Metall, das vor ihm auf dem roten Samtpolster lag.
»Das ist Cor«, erklärte Arden voller Stolz, »ehemals das Schwert Noran Karwanders, dann die Waffe des Helden Ecorim und nun in meiner Hand, auf dass ich es zu ebenso großem Ruhm führe wie meine Vorgänger.« »Cor, sagt Ihr?« Malun gelang es endlich, seinen Blick von der Klinge loszureißen. »Ihr glaubt also, das sei Karwanders Schwert?«
Arden furchte verständnislos die Brauen. »Genau genommen gebührt die Klinge Ecorim, denn er hat damit die größten Heldentaten vollbracht. Mein Vater hat das Schwert aber von König Noran übernommen, nachdem dieser vom Herrscher von Skardoskoin bei lebendigem Leibe verbrannt worden war. Das weiß doch jedes Kind.«
Um die Lippen des Erhabenen spielte ein eigentümliches Lächeln, aus dem etwas wie mitleidige Überlegenheit herauszulesen war. »Ihr habt natürlich recht, das ist das Schwert Ecorims. Ihr solltet aber nicht vergessen, dass auf dieser Waffe der ganz besondere Segen des Cit ruht. Haltet das Schwert stets in Ehren.«
»Darauf braucht Ihr mich nicht hinzuweisen«, entgegnete Arden ein wenig gekränkt, nicht nur wegen dieser überflüssigen Ermahnung, sondern auch aufgrund der merkwürdigen Überheblichkeit, die der Citdiener plötzlich an den Tag legte. Er wurde das Gefühl nicht los, dass ihm Malun etwas Wesentliches verschwieg.
»Ich bin wirklich zuversichtlich«, sprach der Priester nun wieder in gewohnt verbindlichem Tonfall weiter, »dass sich alles zum Besten wendet. Ihr werdet Techel schlagen und die Krone von Citheon für Euch und für die heilige viergöttliche Kirche erobern.« Er rieb sich vergnügt die Hände. »Aber nun genug von diesen gewichtigen Dingen. Gestärkt seid Ihr ja bereits, also wird es nunmehr Zeit für ein wenig Entspannung. Was haltet Ihr von einem Bad? Ich habe es schön zuvor genossen und ich kann Euch sagen, es ist eine Wohltat. Selbstverständlich wurde das Wasser inzwischen gewechselt.« Er wies ermutigend in Richtung des tiefer liegenden Bassins.
Ziemlich überrascht zog Arden die Augenbrauen in die Höhe und gab zunächst keine Antwort.
»Aha, ich verstehe«, erwiderte Malun grinsend. »Ihr seid nicht leicht zufrieden zu stellen. Wie wäre es mit einer kleinen Nackenmassage, während Ihr Euch im warmen Wasser erholt?« Er klatschte ein paar Mal in die Hände, worauf die Tür aufging und zwei ansehnliche, junge Damen den Raum betraten. »Diese beiden holden Schönheiten vermögen jede Verspannung im Handumdrehen zu beseitigen«, pries Malun ihre Fähigkeiten. »Genießt es, Ihr habt es Euch verdient.«
Angesichts der höchst erfreulichen Entwicklung dieses Treffens waren Ardens ohnehin nur sachte Zweifel an Malun und ihrem gerade geschlossenen Bündnis wie weggeblasen. Der Priester verstand wirklich, ihn bei Laune zu halten, das musste er dem Erhabenen lassen. »Also gut, warum nicht«, stimmte Arden zu, wobei es ihm schwer fiel, seine Vorfreude nicht allzu deutlich durchblicken zu lassen.
»Viel Vergnügen«, wünschte Malun beim Hinausgehen, »wir werden uns bald wieder sehen. Und Eurem Leibwächter werde ich sagen, dass er sich noch ein wenig gedulden muss.«
MOMENT DER SCHWÄCHE
A ls Rai, Barat und Kawrin kurz nach Sonnenuntergang in der Festung Andobras eintrafen, wurden sie bereits am Tor von einer Traube von Menschen begrüßt. Es hatte sich rasch herumgesprochen, dass der Trupp der Arbeitermiliz, der die Stadt tags zuvor in Richtung des Bergwerks auf der Suche nach Rai verlassen hatte, nun endlich zurückgekehrt war. Umso erfreuter zeigten sich die erwartungsvollen
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