Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
Vom Netzwerk:
vollkommen überzeugt gezeigt, dass eine Überquerung des Flusses nur unter erheblichem Zeitaufwand möglich sei und daher keinerlei Gefahr bestünde, von dieser Seite des Furchensteins überfallen zu werden. Nur vier Stunden später bestand Techels Heer aus nicht mehr als einem reglosen Haufen Metall.
    Seither war Jorig Techel jeden Tag geritten, als säßen ihm die Dämonen der Zwischenwelt selbst im Nacken. Zusammen mit seinen sechs Leibwächtern hatte er auf dem langen Weg zurück nach Citheon acht Pferde zuschanden geritten, für die er sich immer wieder in nahen Bauernhöfen Ersatz besorgen musste. Seine Nächte hatte er nicht selten in einfachsten Unterkünften oder gar unter freiem Himmel verbracht, was seinem Rücken und seiner Erscheinung nicht zugutegekommen war. Doch Techel wusste genau, dass nun nichts vordringlicher als Eile sein durfte. Die Niederlage, nein, das Desaster bei Königswacht konnte sich sehr leicht zum Flächenbrand ausweiten. Seine Feinde im ganzen Land würden seine momentane Schwäche wittern und sich alle gleichzeitig wie Bluthunde auf ihn stürzen, sobald der Ausgang des Konflikts mit dem angeblichen Sohn Ecorims bekannt werden würde. Der Inselherr musste so schnell wie möglich auf den Thron von Citheon zurück, seine verstreuten Heere in der Hauptstadt sammeln, um dann jedes Aufbegehren mit äußerster Härte niederzuschlagen. Je früher das geschah, desto besser. Aus diesem Grund war die Rücksichtnahme auf erschöpfte Reittiere ein Luxus, den er sich momentan nicht erlauben durfte.
    Aber die Tortur der Reise zahlte sich aus, denn nach fünfzehn Tagen im Sattel trennten ihn nun nur noch ein paar Stunden von der Hauptstadt Tilet, wo er die Fäden seiner Macht wieder in die Hand nehmen konnte. Auf der gut befestigten Reichsstraße hielten sie jetzt in vollem Galopp auf eine kleine Brücke zu, die einen seichten Fluss überspannte. Das Stampfen und Keuchen seines Pferdes erfüllte Techels Ohren, als gäbe es keine anderen Geräusche in seiner Umgebung. Auch sein Blick verschleierte sich zunehmend, da ihm der unablässig entgegenpfeifende Wind Tränen in die Augen trieb. So hätte er beinahe die schemenhafte Gestalt übersehen, die plötzlich am Ende der Brücke auftauchte, als sei sie dort aus dem Boden gewachsen. Der Inselherr überlegte einen Augenblick, ob er wirklich anhalten oder den unbekannten Mann einfach umreiten sollte – schließlich konnte es sich ja auch um einen Wegelagerer oder sonst einen Missetäter handeln. Doch so nahe an der Hauptstadt würde wohl kein Strauchdieb einen Überfall wagen und ein Hinterhalt seiner Feinde ließ sich ebenfalls ausschließen, denn es konnte eigentlich noch niemand wissen, dass Techel sich auf dem Weg zurück nach Tilet befand.
    Also zügelte er sein Pferd und zwang damit auch seine Leibwache hinter sich zu einem abrupten Halt. Erst nach wiederholtem Blinzeln konnte der Inselherr etwas Genaueres erkennen. Tatsächlich handelte es sich bei der Person auf der Brücke nicht wie erwartet um einen Mann, sondern um eine junge Frau, die allerdings wie ein Botenreiter mit Hose und Wams gekleidet war. Sie hatte ihr rotes Haar zu einem Zopf geflochten, und obwohl sie in dieser Aufmachung ein wenig burschikos wirkte, fiel dem Inselherrn sogleich ihr hübsches Gesicht mit den großen, unschuldig dreinblickenden Augen auf.
    »Heda«, rief er das Mädchen an, »wer bist du, dass du es wagst, dich deinem König in den Weg zu stellen?«
    Doch die von Techel erhoffte Reaktion auf diese Eröffnung blieb aus. Er hatte erwartet, dass das eher schüchtern wirkende junge Ding wenigstens erblassen würde, um dann reumütig Platz zu machen, aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen streckte ihm die Unbekannte ihre Faust entgegen, wobei dem Inselherrn ein breiter Ring an ihrem Mittelfinger ins Auge stach.
    »Eure Majestät, mein Name ist Shyrali«, verkündete die junge Frau völlig gelassen. »Abak Belchaim schickt mich. Diesen Siegelring soll ich als Beweis vorzeigen.«
    Techel runzelte die Stirn. »Komm näher!«, befahl er, ohne vom Pferd zu steigen. »So kann ich rein gar nichts erkennen. Und wehe dir, wenn du nicht die Wahrheit sprichst!« Der Inselherr begutachtete den Ring und kam zu dem Schluss, dass es sich wirklich um Abaks Siegel handelte.
    »Also schön, Shyrali«, sagte Jorig Techel und sah kritisch von seinem Ross auf die Botin hinab, »mir ist zwar nicht ganz klar, warum mein Berater neuerdings kleine Mädchen in seine Dienste stellt, aber

Weitere Kostenlose Bücher