Das Vermächtnis der Schwerter
Kannst du sprechen?«
»Was …«, die Stimme der Istanoit klang noch kraftlos und rau, »… was ist mit meinem Kind?«
Daia ergriff die Hand ihrer Freundin. »Es ist alles in Ordnung. Wir haben dich zurück nach Seewaith gebracht, damit ein richtiger Arzt deine Kopfwunde versorgen kann, und außerdem habe ich auch eine Hebamme kommen lassen. Die sagte, dass es deinem Kind wahrscheinlich besser geht als dir.« Daia lachte gelöst. »Aber jetzt geht es euch ja hoffentlich bald beiden wieder gut.«
»Wie lange …«, Tarana schluckte angestrengt, »… wie lange war ich denn ohnmächtig?«
»Du warst ganze fünfzehn Tage besinnungslos. Inzwischen ist eine Menge passiert«, erwiderte Daia.
»Das erklärt, warum ich mich so schwach fühle.« Tarana versuchte, sich zur Seite zu drehen, doch gab schließlich auf. Sie sah Daia an. »Warst du die ganze Zeit über bei mir? Auf diesem unbequemen Stuhl dort muss das ja eine Qual gewesen sein.«
»Ich und Thalia hier«, sie strich dem Mädchen, das wieder seinen Platz auf Taranas Matratze bezogen hatte, liebevoll über das blonde Haar, »sind nicht von deiner Seite gewichen. Wir haben dich auch mit Suppe gefüttert, so weit es eben ging, damit du nicht völlig vom Fleisch fällst.«
»Danke«, sagte Tarana und lächelte matt, »da habe ich euch ja ganz schön viel Mühe bereitet.«
»Du brauchst dich nicht zu bedanken«, meinte Daia. »Dass du wieder aufgewacht bist, ist Dank genug.«
Die Istanoit betastete vorsichtig den dicken Verband um ihren Kopf. »Ich habe wohl ganz schön was abbekommen beim Kampf um die Festung. Was ist denn passiert? Ich kann mich nur noch erinnern, dass Techels Truppen in die Festung eingedrungen sind. Haben wir die Schlacht denn überhaupt gewonnen?« Ihre Augen wurden groß. »Was ist mit den anderen, haben sie …?«
»Jetzt mal ganz langsam«, beendete Daia die Flut an Fragen, »eins nach dem anderen.« Sie setzte sich neben die Istanoit auf die Bettkante. »Um dich zu beruhigen: Keinen der Ecorimkämpfer hat es schlimmer erwischt als dich. Der einzige, der noch eine nennenswerte Wunde davongetragen hat, ist Eringar. Er ist ebenso wie du verletzt worden, als ihr zu zweit versucht habt, die Angreifer von unseren Bogenschützen fernzuhalten.« Daia schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Ziemlich heldenhaft, aber auch ziemlich unvernünftig. Tatsächlich ist es Meatril und den anderen am Strand gelungen, die Citheonen so lange aufzuhalten, bis ihnen Arden mit seinen Truppen in den Rücken fallen konnte. Wir haben Techels Heer völlig vernichtet und der König ist zurück nach Citheon geflohen.«
»Das ist gut«, lautete Taranas einzige Antwort.
»Ich weiß, dass du von dem ganzen Krieg nicht viel hältst«, fügte Daia hinzu, »aber nach diesem Sieg sieht es tatsächlich so aus, als könnten wir Jorig Techel stürzen.«
»Glaubst du wirklich, Arden gibt einen besseren König ab?«, fragte Tarana.
Daia seufzte. »Meatril glaubt daran«, antwortete sie ausweichend. »Er trägt ihn immer noch auf Händen und verteidigt all seine Fehler.« Sie starrte auf das weiße Laken. »Manchmal denke ich, er verehrt Arden mehr, als er mich liebt.«
Tarana drückte ihre Hand. »Das ist Unsinn und du weißt es. Wo ist Meatril denn jetzt?«
»Tja«, Daia strich sich bedächtig durchs Haar, »das ist auch so eine Sache. Nur drei Tage nach der Schlacht bei Königswacht sind Meatril, Targ, Deran und Eringar mit dem Heer unter Ardens Führung in Richtung Tilet aufgebrochen. Und das trotz Eringars Verletzung und obwohl Meatril selbst zugegeben hat, dass er den überhasteten Aufbruch ohne Verstärkung und Proviant für einen Fehler hält. Dennoch folgen sie Arden, ganz gleich, wie er sie behandelt. Meatril wurde furchtbar zornig, als ich es wagte, Ardens Verhalten zu kritisieren.«
»Arden schenkt ihnen Hoffnung«, erwiderte Tarana. »Die Hoffnung auf Gerechtigkeit, auf Größe, auf Heldentum. Das lässt niemand gerne los.« Sie wirkte erschöpft. »Habt ihr euch im Streit getrennt?«
»Du meinst Meatril und ich?«
Tarana nickte müde.
Daia schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Meatril kam vor seiner Abreise noch zu mir und entschuldigte sich für seinen Wutausbruch. Er beteuerte, dass er mich über alles liebt.« Traurig begann sie, an ihren goldenen Locken zu zupfen. »Anscheinend reicht das aber nicht aus, um hier bei mir zu bleiben.«
Taranas Lider sanken bereits herab, dennoch fand sie die Kraft für eine Antwort: »Er fühlt sich Arden
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