Das Vermächtnis der Schwerter
Endes irgendwie abhandengekommen.«
Der Gesichtsausdruck der Xelitin wurde ein wenig milder. »Ja, unser Anführer beabsichtigt, dich Xelos als Opfer darzubringen, damit der Herr der läuternden Flamme uns befreit. Aber sei versichert, es wird ein ehrenvoller Tod sein.«
Rai lachte verächtlich. »Glaub mir, ich könnte auf Ehre und Tod gut verzichten. Aber ich verstehe nicht, warum ihr jetzt darauf wartet, dass Xelos euch befreit. Ulag ist tot, die Gardisten sind besiegt, die Insel ist unter der Kontrolle der ehemaligen Minenarbeiter. Ihr hättet doch nur wie alle anderen das Bergwerk verlassen brauchen, als es euch angeboten wurde.«
Die Xelitin schüttelte ernst den Kopf. »Unser Anführer – sein Name ist Breolm, aber er will, dass wir ihn Feuerherold nennen – hat uns untersagt, in die Eingangshöhle zu gehen, weil wir das grelle und kalte Licht der Sonne meiden sollen. Es verdirbt den Charakter, sagt er, wenn man nicht gezwungen ist, eine Lichtquelle zu entzünden, um etwas zu sehen. Nur der Widerschein von Xelos’ Feuer enthüllt, was wirklich ist, das helle Tageslicht verschleiert dagegen den Blick auf das wahre Wesen der Dinge, so lautet seine Lehre. Zur Eingangshöhle darf deshalb nur eine kleine Gruppe von Auserwählten, die dem Feuerherold treu ergeben sind und den Versuchungen des Tageslichts zu widerstehen vermögen. Der Rest von uns muss hier unten bleiben.«
»Ohne Essen, ohne Wasser, ohne Licht, völlig abgeschnitten von der Außenwelt?« Rai glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. »Das ist ja wie im Kerker! Warum lehnt ihr euch dagegen nicht auf?«
Die Xelosdienerin schüttelte den Kopf. »Du magst das so empfinden, aber der Feuerherold steht in direkter Verbindung zum Herrn der Unterwelt. Ein Aufbegehren gegen ihn wäre ein schlimmer Frevel an unserem Gott. Außerdem ist es gar nicht so schrecklich hier unten, denn etwas Wasser sowie Nahrung gewährt uns Xelos ja in seiner Güte. Bevor die Mine verlassen wurde, ist unser Anführer mit seinen Auserwählten zwar regelmäßig in die Tauschkammer gegangen, um zusätzliche Vorräte für unser geschlagenes Erz einzutauschen, aber das geht nun nicht mehr. Daher müssen wir eben mit dem zufrieden sein, was der Herr uns schenkt. Der Feuerherold hat gesagt, dass uns Xelos nur prüfen will und uns erretten wird, sobald wir die Festigkeit unseres Glaubens bewiesen haben. Also brauchen wir nur noch etwas Geduld.«
Rai blickte sie verständnislos an. »Woher will denn euer Feuerherold so etwas wissen? Und warum glaubt ihr denn alles, was er sagt? Ich meine, versteh mich nicht falsch, aber er könnte doch auch einfach nur verrückt sein.«
Die Xelitin taxierte Rai eine Weile, so, als überlege sie, ob seine Bemerkung als Lästerung auszulegen war. Schließlich wanderte ihr Blick zu Boden. »Wir alle verdanken dem Feuerherold unser Leben. Er kam einst als Gelehrter im Dienste der Xeloskirche in dieses Bergwerk, um tief unter der Oberfläche nach dem ewigen Feuer zu suchen, das am Eingang des Totenreichs brennt. Es gab wohl einige Anzeichen, dass unter Andobras ein solches Tor existieren könnte. Jedenfalls war er nie ein Minenarbeiter, sondern kam freiwillig in das Bergwerk. Schon früh erregte die große Zahl von Kindern, die zum Erzschürfen eingesetzt wurde, seinen Unwillen. Er versuchte, dagegen vorzugehen, indem er beim Kommandanten der Insel Beschwerde einlegte. So kam es, dass er nicht im Bergwerk war, als Ulag die Macht an sich riss. Nachdem er aber davon gehört hatte, war er der Einzige, der es wagte, trotzdem zurückzukehren. Dann sammelte er so viele Kinder um sich, wie er finden konnte, und stieg hinab in die tiefsten Tunnel der Ostsohle, wo alle vor den Übergriffen Ulags oder räuberischer Gruppen wie den Raffern sicher waren. Dort gründete er den Orden der Xeliten. Er war überzeugt, dass Xelos ihm einen Weg weisen würde, wie er trotz der Hitze und der geringen Erzvorkommen an diesem Ort überleben könnte, und so kam es dann auch. Er erzählte uns, dass die Stimme Xelos’ ihn leitete, als er sich ohne Unterlass durch den Fels grub, bis er auf die Reihe von natürlichen Hohlräumen stieß, in der wir jetzt wohnen. Wie du auf deinem Weg hierher vermutlich selbst gesehen hast, tropft in einer der äußeren Höhlen Wasser von der Decke. Es ist nicht viel, aber es bewahrt uns vor dem Verdursten. Und die Kreaturen aus Xelos’ Schlot versorgen uns mit Fleisch, wenngleich das auch keine besonders wohlschmeckende Nahrung darstellt. Aber wir
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