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Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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Umrisse einer weiteren großen Kammer ausmachen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, welch drückende Schwüle in diesem Bereich des Höhlensystems herrschte. Zu der allgegenwärtigen stickigen Wärme hatte sich noch eine unangenehme Feuchtigkeit hinzugesellt, was den Aufenthalt an diesem Ort nicht eben angenehmer machte. Aber ein Erklärung für die sanfte Erleuchtung seiner Umgebung konnte Rai nicht finden.
    Dann hob er den Kopf und schaute an die Decke. Einen winzigen Moment lang ließ ihn sein benebelter Verstand glauben, er sähe die leuchtenden Sterne am Nachthimmel. Doch es war ein Trugbild, wie er kurz darauf erkannte. Denn an der Höhlendecke hingen keine Sterne, sondern große Spinnen – und zwar Hunderte davon! Es handelte sich um die gleichen vielbeinigen Kreaturen wie das einzelne Exemplar, das Rai schon vor Xelos’ Schlot erblickt hatte. Allerdings vollführten diese Wesen merkwürdige winkende Bewegungen mit ihren Vorderbeinen, die von innen heraus weißlich leuchteten. Weil es so viele von ihnen gab, überzogen sie auf diese Weise die gesamte Höhle mit einem ungesunden, kalten Schimmer. Die regelmäßigen Lichtwellen, die durch die Spinnenkolonien liefen, wirkten geradezu hypnotisch.
    Rai konnte seinen Blick nicht abwenden. Er blieb reglos stehen, als wäre er in einem Netz aus Licht gefangen.
    Zwischen den vielen leuchtenden, etwa hundegroßen Spinnen gab es auch noch ein einzelnes deutlich größeres Exemplar mit einem riesigen Hinterleib. Dieses saß inmitten der anderen Tiere und schien einen gut zwei Schritt langen, mit weißen Fäden eingesponnenen Kokon zu bewachen, der an einem dünnen Strang an der Decke befestigt war. Innerhalb dieses Gespinsts konnte Rai ab und an ein Zucken wahrnehmen, als würde darunter etwas Lebendiges pulsieren. Überall baumelten auch noch kleinere Kokons herab, in denen der verängstigte Tileter die sterblichen Überreste von verschiedensten Wesen ausmachen konnte, die meisten davon wohl Tausendfüßler. Es zeichneten sich aber auch andere Formen unter einigen der seidigen Geflechte ab, bei denen Rai lieber nicht wissen wollte, was dies früher einmal gewesen war.
    Während Rai weiterhin von dem schaurigen Anblick gefesselt blieb, beendeten einige Spinnen plötzlich die wogenden Bewegungen mit ihren Beinen, worauf bei den Tieren in der Mitte der Kolonie das weiße Licht rasch zu verblassen begann. Dunkelheit breitete sich wieder in der Höhle aus. Lediglich ein gutes Dutzend Spinnen am äußersten Deckenrand hatte das Leuchtsignal aufrechterhalten. Dieses Rudel krabbelte nun leichtfüßig die senkrechte Höhlenwand hinab, verteilte sich fächerförmig am Boden und strebte dann in einem weiten Halbkreis auf Rai zu. Das Glühen ihrer Beinsegmente tauchte die näher kommenden Spinnen in ein unwirklich anmutendes Schattenspiel, so als wären es achtbeinige Jagddämonen aus der Zwischenwelt. Rai war in größter Gefahr und begriff das beinahe zu spät.
    Endlich kam Bewegung in seine erstarrten Glieder. Das Spinnenrudel ließ ihm nur eine Möglichkeit zur Flucht: den Weg, den er hergekommen war. Also drehte er sich um und rannte, so schnell ihn seine Beine trugen. Diesmal achtete er nicht auf eventuelle Stolperfallen am Boden. Lieber wollte er sich das Genick brechen, als in einem dieser Kokons zu enden. Zudem konnte er durch den weißlichen Schimmer, den seine krabbelnden Verfolger ausstrahlten, zumindest einigermaßen sehen. Die Höhle vor ihm verengte sich trichterförmig und irgendwo an ihrem Ende musste der Spalt sein, durch den er in diese abscheuliche Nistkammer vorgedrungen war.
    In diesem Augenblick nahm er ein sanftes Leuchten unmittelbar über seinem Kopf wahr. Reflexartig ließ er sich fallen. Etwas Zähes spannte sich um seinen Körper. Er rollte sich ab und wollte sofort wieder aufspringen, doch geriet dabei ins Stolpern. Er konnte seine Arme kaum noch von seinem Körper lösen. Auch seine Beine bewegten sich nicht mehr, wie sie sollten, so als hätte jemand seine Hosenbeine zusammengenäht. Rai sah an sich herunter. Dünne, glänzende Fäden umgaben ihn wie eine zweite Haut. Er konnte sie zwar ein wenig dehnen, aber ihm fehlte die Kraft, sie zu zerreißen. Er sah zur Decke. Nur zwei Schritt über ihm hockte eine der Glühspinnen und sah ihn mit dunklen, empfindungslosen Augen an. Offenbar hatte sie hier gelauert, bis das Rudel ihr Opfer in diesen Hinterhalt trieb.
    Er warf sich zur Seite. Schmerzhaft prallte er gegen die Wand und fiel dann zu Boden, ohne dass

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