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Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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er seinen Sturz mit den umsponnenen Armen hätte abfangen können. Ein weiterer Fadenstrahl der Spinne an der Decke verfehlte ihn knapp und überzog stattdessen den Boden mit klebrigen Fäden. Das restliche Spinnenrudel war inzwischen schon auf wenige Schritte herangekommen. Rai wälzte sich auf den Rücken, hob beide Beine in die Höhe und katapultierte sich mit Schwung wieder auf die Füße. So gut er es in seinem Zustand konnte, lief er vorwärts. Im ständig heller werdenden Spinnenlicht entdeckte er endlich den rettenden Riss, durch den er gekommen war. Er warf sich auf den felsigen Untergrund und begann, auf den Spalt zuzukriechen. Irgendetwas packte ihn an der Ferse. Panisch trat er nach hinten und kroch weiter. Dann spürte er, wie eine der Spinnen seinen Rücken entlanglief. Mit einem Angstschrei bäumte er sich auf. Das Tier wurde gegen die spitzen Felsen gepresst und ließ von ihm ab. Überall konnte er nun tastende Spinnenbeine auf seinem Körper fühlen. Endlich hatte er den Spalt erreicht. Ohne Zögern stürzte er sich in die Höhle hinab, deren Boden beinahe eineinhalb Schritt tiefer lag. Schmerzhaft schlug Rai auf, dennoch riss er sofort den Kopf hoch, um zu sehen, ob ihm die Spinnen durch das Loch folgen würden. Immer mehr wimmelnde Lichter quollen daraus hervor, gleich würde ihn das weiß glimmende Chaos verschlingen, das wusste er.
    Doch auf einmal hielten die Spinnen in ihren Bewegungen inne. Irgendetwas irritierte sie. Plötzlich sah Rai Fackellicht. Jemand rief laute Befehle. Starke Arme packten ihn unter den Achseln und schleiften ihn fort von dem grauenhaften Glühen. Es waren die Xeliten und das erste Mal empfand Rai so etwas wie Erleichterung bei ihrem Auftauchen. Alles schien ihm besser, als zu einer Spinnenmahlzeit zu werden.
    Während zwei der Xelosanhänger versuchten, mit Fackeln in der Hand und unter lautem Rufen die Spinnen wieder zurück in ihre Bruthöhle zu scheuchen, wurde Rai durch einen der Glaubensmänner von den klebrigen Fäden befreit und dann wieder zu dem schmalen Gefängnis gebracht, wo Nessalion von einem weiteren Xeliten bewacht wurde.
    »Beinahe hätten die Spinnen den Feuerherold um sein Opfer gebracht«, bemerkte Rais Bewacher mit hörbarer Erleichterung in der Stimme. »Das hätte ihm sicher nicht gefallen.«
    Der andere Xelit nickte und sah den drahtigen Tileter mit einer Mischung aus Missbilligung und Mitleid an. »Du hättest nicht weglaufen sollen. Wenn man sich hier unten nicht auskennt, kann das leicht tödlich enden. Andererseits steht es jetzt für dich auch nicht besser …« Er geriet ins Stocken, suchte nach Worten und verstummte schließlich ganz. Offensichtlich ließ ihn das Schicksal seines Gefangenen nicht unberührt, dennoch veranlasste ihn dieses Mitgefühl nicht, Rai in irgendeiner Weise zu helfen. Das Wort des Feuerherolds war hier unten Gesetz, dagegen gab es kein Auflehnen.

    Nachdem die Spinnen endgültig vertrieben waren, wurden Rai und Nessalion von den vier Xeliten in den an das Gefängnis angrenzenden Raum gebracht, den Rai eigentlich bei seiner überstürzten Flucht hatte erreichen wollen. Dort bogen sie rechts ab und folgten dem Gang, bis sie wieder an jener Abzweigung anlangten, von der aus das geheimnisvolle Glimmen in dem weiter abwärtsführenden Tunnel zu sehen gewesen war. Und genau dorthin wurden die beiden Gefangenen nun gebracht.
    Ein heißer Wind blies Rai mit zunehmender Macht entgegen, je weiter sie dem Gang in die Tiefe folgten. Ähnliche Temperaturen kannte er von zu Hause nur an den heißesten Tagen im Jahr, wenn der Südwind aus den Wüsten von Etecrar durch Tilets Straßen pfiff. Da es bei solcher Hitze nicht ratsam war, sich lange draußen aufzuhalten, zog sich in dieser Zeit jeder in den kühlen Schutz der Häuser zurück. Wie gerne wäre Rai nun wieder daheim. Er sehnte sich nach den schmutzigen Hinterhöfen und schmalen Gassen, in denen er sich auskannte, wo er wusste, was hinter der nächsten Biegung auf ihn wartete. Hier fühlte er sich hingegen ständig wie in einem Albtraum, aus dem es einfach kein Erwachen gab. Jeder Schritt barg eine neue Gefahr, jedes noch so große Schrecknis wurde sogleich durch ein schlimmeres überboten. Aber konnte es noch etwas Grauenvolleres geben, als das, was er gerade erlebt hatte? Vielleicht würde er wirklich bald vor Xelos’ ewigem Feuer stehen, aber dieser Gedanke vermochte ihn nicht mehr wirklich zu beunruhigen. Nichts, was das kranke Gehirn des Feuerherolds imstande war,

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