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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Wolga zufloss. Der Fürst dachte jedoch nicht daran, das kostbare Tier zuschonen, sondern stieß ihm die Sporen in die Weichen und sprengte davon.
    Andrej und die Reiter in seiner Begleitung sahen einander kurz an. Lawrenti und die Tatarengarde galoppierten hinter dem Fürsten her, während der Rest versuchte, die Verbindung zwischen der Spitze des Zuges und den immer weiter zurückbleibenden Wagengespannen aufrechtzuerhalten, bei denen sich schließlich auch die Fürstin und ihr Sohn befanden. Zwar waren die Grenzen des Worosansker Fürstentums nicht mehr fern, doch mochte den Nachbarn Dimitris oder auch den Herren, die in Moskau das Sagen hatten, daran gelegen sein, sich der jungen Griechin und des Thronerben zu versichern, um Druck auf Dimitri ausüben zu können.
    »Haut auf die Pferde ein!« Andrej, der am weitesten zurückgeblieben war, wusste sich keinen anderen Rat mehr, als den Fuhrknechten zu befehlen, das letzte Quäntchen Kraft aus den Tieren herauszuschinden.
    Der Mann, der den Wagen der Fürstin lenkte, hob wütend die Peitsche. »Sollen wir die Gäule vielleicht ganz zu Schanden treiben? Bei Gott, ich wollte, der Herr hätte ein weniger reizbares Gemüt. Wenn er uns weiter so hetzt, werden uns noch die Achsen brechen, und die sind ohne einen Schmied nicht zu reparieren.«
    Der Alte hatte Recht, dennoch herrschte Andrej ihn an. »Gehorche!«
    Er lenkte seinen Hengst nach hinten, um Nachzügler zur Eile anzutreiben. Die Fuhrleute der schweren Karren, auf denen die in Pskow erstandenen Waren gestapelt lagen, fluchten, dass es einem Popen die Ohren abgedreht hätte, und schlugen mit ihren Peitschen auf die Pferde ein.
    »Wenn Dimitri Michailowitsch unbedingt will, dass die Gäule kaputtgehen, dann soll es so sein! Mir gehören sie ja nicht.« Der Fahrer des hintersten Wagens zuckte mit den Schultern. DerFürst war der Fürst, und wenn er befahl, dass sie fliegen sollten, dann würden sie auch das tun.
    Andrej versuchte nun, die Leute anzutreiben, die den Weg zu Fuß zurücklegen mussten. Neben den Kriegsknechten, die unter der Last ihrer Kettenhemden und Schilde schwitzten, war es vor allem das Gesinde, welches die Herrschaften unterwegs zu bedienen hatte. Seit der Reisezug Pskow verlassen hatte, hatten sie eine lange Strecke hinter sich bringen müssen, oft im Laufschritt und immer wieder verzweifelt bemüht, nicht zurückzubleiben. Jetzt waren ihre Gesichter von Erschöpfung und Entsetzen gezeichnet, denn sie hatten den Fürsten anreiten sehen und wussten, dass sie die restlichen Stunden des Tages noch schneller würden laufen müssen.
    Ein Knecht spuckte wütend aus. »Verdammt noch mal, hat Dimitri Michailowitsch völlig den Verstand verloren? Sein Bruder Jaroslaw würde uns gewiss nicht so behandeln.«
    Die Worte grenzten an Hochverrat, denn der jüngere Bruder des Fürsten kam nun in das Alter, in dem er als Mann gelten konnte, und nicht wenige in Worosansk hätten lieber ihn auf dem Thron gesehen. Andrej konnte den Mann verstehen, doch da Dimitri der Fürst war, hatte er ihm zu gehorchen, auch wenn er sich die Seele aus dem Leib rennen musste.
    »Vorwärts, ihr Hunde! Macht, dass ihr weiterkommt!« Andrej streifte sein Mitleid mit dem Gesinde ab. Es war besser für sie, zu rennen als zurückzubleiben und ein Opfer von Räubern zu werden. Das war auch den Leuten klar, vor allem den Mägden, denen nicht danach gelüstete, als Gefangene für das Vergnügen irgendwelcher Schurken herhalten zu müssen. Daher bissen sie die Zähne zusammen und liefen so schnell sie konnten und überholten dabei sogar die Wagen.
    Zwei Frauen waren jedoch nicht mehr in der Lage, das Tempo mitzuhalten, und blieben schließlich stehen. Es handelte sich um die neue Amme des Fürstensohns und die schwarze Sklavin.Andrej nahm die Peitsche vom Sattel, um die Weiber anzutreiben, doch als er in ihre grauen, ausgezehrten Gesichter blickte, ließ er den Arm wieder sinken. Die beiden würden schon auf dem nächsten halben Werst zusammenbrechen.
    »Halt an!«, brüllte Andrej dem Fahrer des letzten Wagens nach. Dieser kam verwundert dem Befehl nach. Andrej winkte unterdessen mehrere Knechte heran. »Helft den beiden Frauen auf den Wagen, ihr Schurken!«
    »Wieso sollen die fahren dürfen, während wir laufen müssen, Andrej Grigorijewitsch?« Eine der schwitzenden Mägde vergaß in ihrem Ärger den Respekt vor dem Vertrauten des Fürsten. Ihre Gefährtinnen stimmten ihr wortreich zu und bedachten die beiden Fremdländerinnen mit bösen

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