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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Blicken.
    Andrej erkannte mit Schrecken, dass er, anstatt den Zug zu beschleunigen, dessen letzten Teil jetzt zum Stehen gebracht hatte. Es juckte ihm, die Peitsche zu benützen, um die renitenten Weiber zur Räson zu bringen. Doch dann siegte sein gesunder Menschenverstand.
    »Seht ihr nicht, dass die beiden am Zusammenbrechen sind? Was ist, wenn der Amme deswegen die Milch wegbleibt? Der Fürst wird toben und die Fürstin nicht weniger.«
    Eine der Mägde stemmte die Fäuste in die Hüften und starrte Andrej wütend an. »Die Griechin soll sich nicht so haben! Hätte sie ihrem Kind selbst die Brust gegeben, müsste sie den kleinen Prinzen jetzt nicht durch eine dreckige Ausländerin säugen lassen, die zudem eine Ketzerin ist.« Als Andrej die Peitsche hob, machte sie hastig den Weg frei. Zwei Knechte ergriffen Marie und hoben sie samt Lisa auf den Wagen. Die Mohrin wagten sie nicht anzufassen aus Angst, ihre Seele in Gefahr zu bringen. Daher schwang Andrej sich aus dem Sattel, hob Alika auf und setzte sie neben Marie.
    »Haltet euch gut fest! Es wird ein bisschen rumpeln.«
    Marie schenkte dem jungen Ritter, der mit seinem vergoldetenSchuppenpanzer, den roten Stiefeln und dem roten Umhang trotz des Straßenstaubs, der ihn bedeckte, ein prächtiges Bild abgab, einen dankbaren Blick. Seit sie die große Stadt verlassen hatten, deren Namen sie noch immer nicht kannte, hatte sie keinen anderen Gedanken fassen können, als so schnell wie möglich einen Fuß vor den anderen zu setzen. Selbst wenn sich eine Gelegenheit zur Flucht ergeben hätte, wäre sie nicht in der Lage gewesen, sie zu ergreifen, denn ihre Muskeln waren durch die wochenlange Untätigkeit auf der Geit erlahmt und schmerzten jetzt so sehr, dass sie sich nach dem Sud aus Arnika, Johanniskraut, Kamille und Ringelblumen sehnte, den Hiltrud so meisterlich zu bereiten wusste. Auch fehlten ihr Anis, Bockshornkleesamen und Schwarzkümmel, um ihren Milchfluss anzuregen. Durch die Erschöpfung sprudelte dieser Quell nur noch spärlich, und sie hatte kaum genug Milch für den Sohn der Fürstin. Für Lisa blieb daher nur noch die Ziege, und selbst deren Milch konnte sie der Kleinen nur euterwarm geben, da sie keine Möglichkeit hatte, sie unterwegs zu erwärmen.
    Andrej wandte sich unterdessen an die anderen. »So, Leute, jetzt habt ihr ein wenig verschnaufen können. Doch nun hurtig, sonst weilt der Fürst bereits in Worosansk, während wir noch hier herumstehen. Übrigens, ein hübsches Mädel hat vor meinem Sattel noch Platz.«
    Gelächter antwortete ihm, und eine ältere Magd drohte ihm mit dem Finger. »Du bist es wohl müde geworden, auf einem Hengst zu reiten, Andrej Grigorijewitsch, und sehnst dich nach einem zarten Stütchen. Aber da wird nichts daraus. Unsere Mädchen sind brav und wissen selbst dem Charme eines solchen Schwerenöters wie dir zu widerstehen.«
    Das Lachen steigerte sich noch einmal und Andrej war nicht der Leiseste dabei. Kurz entschlossen griff er nach unten, hob die nicht gerade leichte Magd hoch, als wäre sie ein Sack Federn, undsetzte sie vor sich. »Na, wie wäre es heute Abend mit dir? Ein kleiner Ritt hat noch niemandem geschadet.«
    »Du solltest dich schämen, Andrej Grigorijewitsch, so mit einer alten Frau zu sprechen. Deine Mutter hätte dir schon längst die Hochzeit ausrichten sollen, damit du nicht auf solche Gedanken kommst.« Die Frau drohte ihm mit dem Zeigefinger, kicherte dabei aber doch ein wenig geschmeichelt. Immerhin war Andrej der schmuckste Recke an Fürst Dimitris Hof, und so manche junge Magd im Palast wäre gerne bereit gewesen, mit ihm zwischen die Decken zu kriechen.
    »Jetzt lauft!« Andrej trieb die Leute mit einer Handbewegung vorwärts. Dabei achtete er nicht auf die Magd, die geschmeidig von seinem Pferd glitt und ihm unter dem Gelächter der Umstehenden die Ziege hochreichte, die missmutig meckernd hatte mitlaufen müssen.
    »Hier hast du noch ein Frauchen, das geschont werden muss. Immerhin ist sie von Wert, denn sie soll das Kind der Amme nähren! Das muss nämlich auch gesund bleiben, damit die Mutter freudig ihre Pflicht bei dem jungen Prinzen erfüllt.«
    Das Lachen steigerte sich noch einmal, als die Leute Andrejs verdattertes Gesicht sahen. Dieser starrte auf die Ziege, die nicht so recht zu wissen schien, was sie so hoch auf einem Pferd zu suchen hatte, und gab sie dann an Marie weiter.
    »Hier, kümmere dich um das gehörnte Tier, denn es nährt deine Tochter.«
    Marie verstand nicht genug

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