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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Peitsche, die auf dem Rand der Tränke lag, und holte aus.
    Die Riemen schnitten mit einem hässlichen, Marie nur allzu bekannten Geräusch in Darjas Fleisch. Schnell biss sie in ihreHand, um nicht ebenfalls laut aufzuschreien, denn ihr stand sofort wieder jener Tag vor Augen, an dem sie auf der Marktstätte von Konstanz an einen Pfahl gebunden und ausgepeitscht worden war. Ihr Rücken schmerzte bei jedem Hieb, den die Kindsmagd erhielt, als treffe die Peitsche sie selbst, und sie wäre am liebsten zu der Frau geeilt, um sie zu trösten und ihr zu sagen, wie sehr sie mit ihr fühlte.
    Während Marie noch überlegte, welche Kräuter sie benötigte, um Darja die Schmerzen zu erleichtern und die Wunden besser heilen zu lassen, fiel der letzte Schlag und der Mann band die blutende Magd los. Diese hielt sich an dem Ring fest, drehte sich um und bedachte die Fremde, die in ihren Augen an ihrem Unglück schuld war, mit einem mörderischen Blick. In dem Augenblick begriff Marie, dass sie zwar die wankelmütige Gunst der Fürstin errungen, sich gleichzeitig aber eine Todfeindin geschaffen hatte.

IV.
     
    A ls Andrej die Halle betrat, überkam ihn das Gefühl, lieber einem ausgewachsenen Bären gegenüberzustehen als seinen Fürsten begleiten zu müssen. Dimitris Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
    Andrejs böse Vorahnung verstärkte sich, während er sich zu den übrigen Gefolgsleuten gesellte, die sich um den Fürsten von Worosansk geschart hatten. Die Zeit seit ihrer Ankunft hatten die meisten dazu genutzt, so viel Wein oder Kwass in sich hineinzuschütten, wie es ihnen möglich gewesen war. Dimitris Augen wirkten so starr, als beständen sie aus Glas, und diesmal schien sogar Lawrenti, der sich sonst eher zurückhielt, zu viele Gläser geleert zu haben. Selbst der Pope schwankte, als hätte er mit den anderen um die Wette getrunken.
    Dimitri schnaubte, als er Andrejs gewahr wurde. »Da bist du ja endlich! Wieso lässt du mich warten? Du weißt doch, dass ich dich brauche. Zur Strafe bekommst du keinen Kwass, sondern musst warten, bis wir im Haus des Bojaren sind. Oder glaubst du, ich würde den Besuch bei Sachar Iwanowitsch deinetwegen aufschieben?«
    Einige seiner Getreuen begannen zu lachen und verspotteten Andrej. Normalerweise hätte der junge Mann ihnen ein paar bissige Bemerkungen an den Kopf geworfen, aber an diesem Tag war ihm nicht nach Scherzen zumute. Er verneigte sich stumm, drehte sich um und stiefelte zur Tür.
    Nun stimmte Dimitri in das Lachen seines Gefolges ein. »Seht ihn euch an! Der gute Andrej hat es nun aber eilig, einen gefüllten Becher in die Hand zu bekommen.«
    »Der Durst treibt jeden Ochsen zur Tränke. Ich glaube aber nicht, dass es unser Brüderchen Andrej nach Wasser gelüstet.« Wasja, der oft das Opfer der fürstlichen Scherze geworden war, bog sich vor Lachen.
    Andrej beachtete ihn nicht, sondern blieb neben der Tür stehen, bis der Fürst sie durchschritten hatte, und folgte ihm als Erster. Draußen schlossen sich ihnen Dimitris bevorzugte Leibwächter an. Es waren Tataren aus dem Stamm Terbent Khans, dem es gelungen war, sich nach dem Zerfall der Goldenen Horde in die Khanate Kasan, Astrachan und jenes auf der Halbinsel Krim seine Unabhängigkeit zu bewahren und ein Reich am oberen Don aufzubauen.
    In Terbent Khans Reich war das fremdartige Aussehen der Tataren für Andrej kein Problem gewesen, doch ihnen auf russischem Boden zu begegnen bereitete ihm jedes Mal ein gewisses Unbehagen. Selbst die Tatsache, dass die Gardisten spitze Helme und eiserne Plattenpanzer nach russischer Art trugen, änderte nichts an seinem Widerwillen gegen diese Männer.
    Der Fürst bemerkte Andrejs Abscheu, den dieser mit den meistenGefolgsleuten teilte, und lächelte zufrieden. Da die Tataren seinen Leuten verhasst waren, mussten sie sich sein Wohlwollen erhalten und ihm umso treuer dienen. Böse lächelnd schwang er sich in den Sattel seines Hengstes, denn für einen Mann seines Standes ziemte es sich nicht, die halbe Pfeilschussweite, die ihn vom Gehöft des Bojaren trennte, wie ein Bauer zu Fuß zurückzulegen. Seine Edelleute folgten ihm ebenfalls hoch zu Ross, und im Hof des Anwesens, in das sie einritten, warteten schon Knechte darauf, die Zügel der Pferde zu übernehmen. Mägde in langen Hemden mit bunt bestickten Säumen traten auf die Besucher zu und reichten zuerst dem hochrangigsten Gast einen großen Becher mit einer scharf riechenden Flüssigkeit. Dimitri nahm das Gefäß entgegen, war

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