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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Wunsch ankämpfen, die Bestrafung zu beenden, es war, als träfen die Schläge ihn selbst, und es gelang ihm nur mit Mühe, seine Haltung zu bewahren. Endlich warf Gereon sichtlich erleichtert die Rute fort. Michels Blick wanderte zwischen Schwanhild und Ingold hin und her. Seine Frau hatte die Arme um den Leib geschlungen und starrte blicklos vor sich hin. Der Junker aber schluckte, als müsse er seinen Magen zwingen, seinen Inhalt bei sich zu behalten.
    »Das Brandeisen!«
    Michels Befehl übertönte Marieles Schluchzen. Als Gereon das glühende Eisen aus dem Kohlebecken nahm und nach oben reckte, damit alle es sehen konnten, würgte es Schwanhild.
    »Verzeiht, mein Gemahl, ich kann nicht mehr zusehen!« Sie war aufgesprungen, als wolle sie davonlaufen. Michel aber befahl ihr mit einer herrischen Geste zu bleiben und nickte Gereon zu. Dieser grinste und hielt Mariele das glühende Eisen so hin, dasssie es deutlich sehen konnte. Dann zog er es zurück, zielte auf ihre Schulter und stieß es nach vorne. Das Mädchen schrie entsetzt auf, als es den heißen Hauch auf sich zukommen spürte. Dann aber zog nicht der Geruch nach verbranntem Fleisch, sondern nach verkohlendem Holz über den Hof, und die Zuschauer sahen verblüfft, dass das Eisen sich in den Pfahl gebohrt hatte, an den Mariele gefesselt war.
    Michel stand auf und schob sein Schwert in die Scheide. »Die Hiebe mögen genügen! Sie sind Strafe genug für ein zu loses Mundwerk. Das Brandeisen ist für jene bestimmt, die schlimmere Taten auf sich laden.«
    Mit grimmiger Befriedigung sah er, wie der Junker sich entfärbte. Schwanhild hingegen wirkte direkt erleichtert. Sie kam auf ihn zu und knickste mit zitternden Beinen. »Erlaube mir, mich in meine Kemenate zurückzuziehen, mein Herr.«
    »Tu das!«, antwortete Michel kurz angebunden und wies dann Eva und Theres an, sich um Mariele zu kümmern.
    Als er gehen wollte, folgte Michi ihm wie ein treuer Hund. »Ihr hattet gar nicht die Absicht, Mariele zu brandmarken, Herr?«
    »Ich hätte ihr gerne auch die Schläge erspart. Doch den Eid eines Ritters konnte ich nicht missachten.« Michel bedachte den Junker mit einem zornigen Blick.
    Michi sah es und lachte leise auf. »Es sieht fast so aus, als hätte Ingold die Bestrafung mehr getroffen als Mariele selbst. Mag er für den Rest seines Lebens jede Nacht davon träumen!«

VI.
     
    D em Junker ging es noch schlechter, als Michi vermutete. Die Vorstellung, sein Seelenheil aufs Spiel gesetzt zu haben, zerfraß sein Inneres wie ätzendes Gift, und nun gellten auch noch die Schreie des ausgepeitschten Mädchens in seinen Ohren. Marielewar bestraft worden, weil er einen Meineid geschworen hatte, und wäre sie gebrandmarkt worden, hätte seine Tat sie entehrt. Der Junker spürte noch immer den Geruch des verbrannten Holzes in der Nase, und seine Phantasie gaukelte ihm vor, es wäre der von versengtem Fleisch.
    Er bemerkte die Blicke des Gesindes nicht, die sich an ihn hefteten. Die Leute hatten ihn zwar nicht geliebt, aber geachtet. Nun glühte manches Auge vor Zorn, und nur die Angst vor der Rache des Junkers hielt Gereon und andere davon ab, Ingold zu sagen, was sie von ihm hielten.
    Eva erklärte ihren Freundinnen, zu denen außer Theres und Anni auch jene Mägde gehörten, die noch an der verstorbenen Marie hingen, welch windiges Würstchen der Kastellan in ihren Augen sei. Zuletzt spuckte sie angeekelt aus. »Also ich sag’s euch! Wären Trudi und Mariele nicht, würde ich meinen alten Gaul vor den Wagen spannen und losziehen, und sei es bis zu den Ungarn, bei denen der Kaiser wieder einmal Krieg mit den Heiden führt.«
    »Warum musste der Herrgott Frau Marie von uns nehmen? Wir hätten ein so schönes Leben hier führen können.« Theres seufzte tief und gab ihrer Freundin einen leichten Stoß. »Komm, wir müssen uns um Mariele kümmern. Das arme Ding wird arge Schmerzen leiden.« Sie schritt voraus und schnitt die Fesseln durch, mit denen Mariele an den Pfahl gebunden war. Dieser stank immer noch verbrannt, und die Stelle, in die Gereon das glühende Eisen gedrückt hatte, war fast handtellergroß verkohlt. Zu Theres’ und Evas Überraschung konnte das Mädchen sich ohne Hilfe auf den Beinen halten, auch wenn es immer noch vor sich hin wimmerte.
    Eva berührte eine der roten Striemen mit den Fingerspitzen und nickte anerkennend. »Dafür hat Gereon einen Extrakrug Wein verdient. Man kann zwar erkennen, wo die einzelnen Hiebe getroffen haben, aber es war keiner

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