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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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starrte den Mann entgeistert an. Wie kam der Kerl dazu, das auszusprechen, was nur sie und ihre engsten Vertrauten wussten? Tautacher zog sein Schwert aus der Scheide und machte Miene, den Kaufmann niederzuschlagen.
    Schäfflein aber bemühte sich rasch, die Wogen zu glätten. »Ich sagte doch, ich bin auf Eurer Seite! Also bleibt friedlich, Ritter Erwin! Ich bin sogar bereit, zu beeiden, dass ich bei der Geburt des Erben von Hettenheim anwesend war. Wisst Ihr, ich bin wahrlich kein Freund der Marie Adlerin. Vor ein paar Jahren wollte unser durchlauchtigster Herr Ludwig mich mit dem Weib vermählen, um mich für Transaktionen, die ich für ihn getätigt hatte, mit ihrem Vermögen zu entschädigen. Dieses Miststück aber ist vor mir geflohen, als wäre ich von Aussatz befallen, und hat mich vor aller Welt lächerlich gemacht.«
    Die Wut, die aus Schäfflein herausbrach, war nicht gespielt, denn der Ritterschlag war trotz der damit verbundenen Standeserhöhung ein magerer Ausgleich für all die harten Gulden, die der Kaufmann Ludwig von Wittelsbach geliehen hatte. Er würde noch Jahre brauchen, um diesen Verlust wieder wettzumachen, während er sein Vermögen durch Maries Besitz mehr als verdoppelt hätte.
    Im Gegensatz zu den drei Männern verstand Frau Hulda die Gefühle, die in Schäfflein tobten, und winkte Tautacher, sich zu beruhigen.Dann wandte sie sich lächelnd an ihren Gast. »Wie kommt Ihr ausgerechnet auf den Gedanken, Marie Adlerin könnte die Mutter meines Sohnes sein?«
    »Ich weiß zwei und zwei zusammenzuzählen«, antwortete Schäfflein selbstgefällig. »Obwohl Ihr schwanger wart, Frau Hulda, habt Ihr einen völlig unsinnigen Abstecher nach Rheinsobern gemacht, und just zu derselben Zeit fährt auch Marie Adlerin dorthin. Wenige Wochen später verschwindet dieselbe auf geheimnisvolle Weise und man findet keine Spur mehr von ihr. Das muss einem doch zu denken geben, insbesondere, da die Frau ebenfalls schwanger war und – wie mir zugetragen wurde – im Februar niederkommen sollte.«
    »Hat man sie denn nicht gefunden?« Huldas Blick wanderte zu Tautacher. Dessen Stellvertreter hatte die Aufgabe übernommen, den Leichnam der Magd Trine so in einer Bucht des Rheins zu verstauen, dass sie einige Zeit später gefunden und für die vermisste Marie gehalten werden musste.
    Während Tautacher sich deftige Worte für Xander ausdachte, wanderten Frau Huldas Gedanken auf anderen Bahnen. »Vielleicht hat Euch die Vorsehung zu uns geschickt, Ritter Fulbert. Erinnert Ihr Euch noch an das Gespräch, das wir beide in Heidelberg geführt haben, nachdem mich dort die Nachricht vom Tod meines Gemahls ereilt hatte?«
    »Oh ja!« Schäffleins Augen glitzerten. »Ich habe Euch meine tiefste Betroffenheit und Anteilnahme für den Tod Ritter Falkos überbracht, und Ihr ergingt Euch in etlichen Plänen, wie Ihr Euch an seinen Verderbern rächen könntet.«
    »Ihr meintet damals, dass selbst die schlimmste Folter zu Ende gehen und der Tod als Befreier begrüßt würde, und habt behauptet, eine andere Möglichkeit der Rache zu kennen, die den Betroffenen in das tiefste Elend stürzt, das man sich ausmalen kann.« Frau Hulda starrte den Handelsherrn so durchdringend an, als wolle sie seine dunkelsten Geheimnisse ergründen.
    Schäfflein schüttelte sich unter ihrem Blick. »Das war doch nur ganz allgemein gesprochen, Frau Hulda.«
    »Dann wird Tautacher Euch ganz allgemein erschlagen müssen.« Frau Hulda lächelte, als bereite die Umsetzung dieses Gedankens ihr eine lange erhoffte Freude, und ihr Hauptmann griff sogleich zur Waffe.
    Für Augenblicke vergaß Schäfflein, dass sein Landesherr ihm Wappen und Rang verliehen hatte und er nun stolz als Ritter Fulbert auftreten durfte, denn er krümmte sich wie ein Kaufmann, den ein Raubritter auf seinem Gebiet abgefangen hatte und aufhängen wollte. »Herrin, ich schwöre Euch, dass Euer Geheimnis bei mir sicher sein wird!«
    Im vollen Bewusstsein ihres langen Stammbaums sah die Burgherrin auf den verachtenswerten Emporkömmling herab, und ihre Geste glich der einer Magd, die Ungeziefer zerquetscht. Nun sprang Rumold von Lauenstein auf. »Sicher? Ja, bis dieser Michel Adler auf Kibitzstein dir mit ein paar lumpigen Gulden die Zunge löst! Ich kenne Gelichter wie dich, das immer nur auf seinen Vorteil bedacht ist.«
    Herrn Ludwigs stets ruhiger und scheinbar auf Ausgleich bedachter Berater war nicht wiederzuerkennen. Sein Gesicht hatte sich verzerrt, die rechte Hand ballte sich zur

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