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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Otternburg anzutreten, hatte die Magd ihr bei einigen Geburten assistiert, um danach ihrer Herrin beistehen zu können. Auch Alke hatte schon Kindern auf die Welt geholfen. Doch diesmal waren die Schwestern bald schon so verzweifelt, dass sie sich die erfahrene Alte aus Hettenheim herbeiwünschten.
    »Ich glaube nicht, dass wir das Kind gesund holen können«, stöhnte Alke. Sofort saß ihr die Hand der Herrin hart auf der Schulter.
    »Ihr müsst! Ich will den Sohn der Hure haben.«
    »Gebe Gott, dass es ein Mädchen ist«, betete Beate so leise, dass die Herrin es nicht hören konnte.
    Da sie wusste, dass Frau Hulda sie und Alke bei einem Misserfolg schwer bestrafen würde, wagte sie das Äußerste und griff in die Gebärende, um das Kind zu drehen.
    »Wenn es nicht anders geht, müsst ihr der Hure den Leib aufschneiden!« Hulda knirschte mit den Zähnen, denn bei diesem Eingriff würde Marie sterben und sie des süßen Genusses berauben, ihr ins Gesicht sagen zu können, was mit ihrem Kind geschehen sollte.
    Beate erschrak. Sie hatte ihrer Herrin immer treu gedient und sogar mitgeholfen, deren Feindin zu entführen. Doch nun wurde ihr bewusst, dass sie auf einem Pfad wandelte, der unweigerlich auf die Pforten der Hölle zuführte. Sie biss die Zähne zusammen und bemühte sich, das Kind in Maries Leib zu drehen, während Alke das Messer zur Hand nahm, um Frau Huldas Anweisungen zu befolgen.
    »Ich glaube, jetzt kommt es!« Beate atmete erleichtert auf, als sie spürte, wie das Kind in den Geburtskanal glitt. »Jetzt musst du noch einmal pressen«, forderte sie Marie auf. Diese gehorchte instinktiv, und nur wenige Augenblicke später hielt die junge Magd ein nasses, blutiges Bündel im Arm, das mit einem kräftigen Schrei der Welt seine Ankunft kundtat.
    Frau Hulda beugte sich erregt vor. »Und, ist es ein Junge?«
    Zur Antwort hielt Beate das Kind ins Licht und deutete auf den winzigen Hodensack und das dazugehörige Zipfelchen.
    Trotz ihrer halben Betäubung und der Schmerzen, die immer noch durch ihren Körper rasten, nahm Marie das Geschlecht ihres Kindes wahr und fühlte sich für einen Augenblick glücklich. Endlich hatte sie Michel den ersehnten Sohn geboren.
    Hulda wurde von ganz anderen Gefühlen durchflutet. Ungläubig starrte sie das Kind an, das so kräftig und gesund wirkte, wie man es sich als Mutter nur wünschen konnte, und verging beinahe vor Neid und Hass. In Gedanken verfluchte sie Gott, weil er es zugelassen hatte, dass sie nur wertlose Töchter gebar, während diese Hure mit einem Sohn gesegnet wurde, einem Erben des Mannes, der ihren Gemahl getötet hatte. Sie stieß einen Schrei aus und hätte am liebsten das Kind gepackt, um es zu zerreißen, gegen die Wand zu schleudern und die Reste aus dem Fenster zu werfen, den Wölfen zum Fraß.
    Beate hatte den Stimmungswandel ihrer Herrin rechtzeitig bemerkt und trat unwillkürlich zwischen sie und das Neugeborene. Auch Alke spürte die Gefahr und fand es an der Zeit einzugreifen. »Herrin, beruhigt Euch! Ihr braucht dieses Kind. Oder wollt Ihr, dass Ritter Heinrich Euch und Eure armen Töchter aus Euren Besitzungen vertreibt und auf das armselige Gehöft verbannt, das Euch als Wittum zusteht?«
    »Nein, natürlich nicht!« Frau Hulda schüttelte sich und trat bis zur Tür zurück. »Säubert das Kind! Ich werde es meinem Vater und den anwesenden Rittern präsentieren, die nun die eheliche Geburt meines Sohnes bezeugen müssen.«
    Sie stieß ein schrilles Lachen aus, kehrte ihren Mägden den Rücken und verließ die Kammer.
    Beate sah ihr kopfschüttelnd nach. »Gebe Gott, dass unsere Herrin ihre fünf Sinne beisammenhält. Manchmal macht sie mich schaudern.«
    »Bedauerst du etwa diese Hure da?«, fragte ihre Schwester spitz.
    »Die bekommt nur das, was sie verdient. Sie hat Unfrieden zwischen unserem toten Herrn und ihrem eigenen Ehemann gesät und Ritter Falko beim Kaiser verleumdet. Dann hat sie im Auftrag Heinrich von Hettenheims unsere Herrin verhext, damit diese nur Töchter zur Welt bringen kann. An der ist Mitleid verschwendet, denn sie bringt mit ihren Taten selbst des Teufels Großmutter zum Erröten.«
    Alkes Hass auf Marie war kaum geringer als der ihrer Herrin, denn sie war dabei gewesen, als Marie Frau Hulda einen Trank besorgt hatte, der ihr angeblich zu einem Sohn hätte verhelfen sollen und ihr doch nur weitere Töchter beschert hatte. Zwar erinnerte Alke sich daran, dass Marie damals gesagt hatte, man könne das Geschlecht der Kinder

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