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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Ihr uns verlassen hattet. Ein gutes Weib. Gott habe sie
selig. Aber setzt Euch. Magdala! Einen Krug Wein, Käse und Oliven. Mein Gast
ist hungrig. Hierher, an den Tisch. Ein karges Mahl, wie das Leben. Und erzählt,
wie ist es Euch ergangen? Hat der Mantuaner seine Kardinalswürde, Euer Herr? In
den jungen Jahren. Sprecht doch. Ich warte.“
    Wie eine Stromschnelle ergoss sich
die Rede Peterzanos über Enrico und verursachte in seinen Ohren ein beständiges
Rauschen.
    „Ich komme geradewegs von der
Erhebungszeremonie im Petersdom zu Euch.“
    „Nicht wahr! Also doch. Ein
Teufelskerl, dieser Ferdinando. Er heißt doch Ferdinando? Der jüngste, oder
einer der jüngsten Herzogssöhne. Es sind so viele, man verliert den Überblick.
Ein kunstsinniger Verstand, ein feines Gespür. Jetzt ist er Kardinal. Ihr müsst
noch ganz unter dem Eindruck der Feierlichkeit stehen. Trinkt, trinkt, damit
Euch der Mund nicht austrocknet, wenn Ihr einem alten Greis wie mir erzählt.
Was bin ich gespannt. Ganz Ohr, ganz Ohr. Glaubt mir. Auch ich hätte gern einer
solchen Messe beigewohnt, aber hier in Mailand wird allerhöchstens einmal ein
Bischof geweiht, ein Bischof nur. Das ist geradezu gewöhnlich.“
    Seine Aufwärterin stellte einen
Krug Wein und zwei Becher auf den Tisch, daneben Brot, Käse und Oliven. Still
war es in der Werkstatt Meister Peterzanos geworden.
    „Man hat mir mitgeteilt, Ihr seid
tot, Meister Peterzano.“
    Der Greis lachte in sich hinein,
als hätte Enrico einen guten Scherz gemacht.
    „Der Künstler stirbt schneller als
der Mensch! Ich male nicht mehr. Früher, Söhnchen, früher herrschte hier
Hochbetrieb. Zehn Gesellen und Lehrlinge, zehn an der Zahl, die Landschaften
pinselten oder Hände und Finger. Ja, sogar einer für die Blätter des
Olivenstrauchs. Kein Künstler, der Junge, kein wirkliches Genie, aber das
konnte er wie niemand sonst. Alle sind sie gegangen. Vom alten Peterzano gibt
es nichts mehr zu lernen. Wenn man, wie ich, sich selbst überlebt, sieht man
seine eigene Kunst untergehen. Kein schönes Gefühl, keine schöne Aussicht, aber
Gott hat Mitleid mit mir, Enrico. Er trübt meinen Blick, lässt mich die Welt
verschwommen sehen. Nur einen hat meine Werkstatt hervorgebracht, dessen Name
den meinen unsterblich machen wird, Söhnchen, nur diesen Hurenbock Michelangelo
Merisi, nur Caravaggio. Dabei habe ich ihm kaum etwas beibringen können. Hatte
bereits alles, das Auge, das Maß, den Blick für die Farben. Nur die Technik,
die Technik der Schichtmalerei und den Blick für die Natur, die hat er von mir,
allein von mir. Ich selbst ...“
    Ein Hustenanfall quälte den Maler,
und selbst da gelang es Enrico nur mit Mühe sich wieder zu Wort zu melden. Der
Alte redete ohne Punkt und Komma, als müsse er die stummen Monate davor an
einem einzigen Tag, in einigen wenigen Stunden vergessen machen.
    „Erinnert Ihr Euch noch an
Caravaggio?“
    „Ja doch, ja. Das fragtet Ihr schon
einmal. Ich erinnere mich. Sehr gelehrig, sehr wach, aber hitzig und unbedacht.
Ein Raufbold, ein Suffkopf, ein einziger Jähzorn, der in ihm wühlte und stach
und biss. Nicht zwei Männer konnten ihn halten, wenn ihn die Wut packte. Und
ein guter Fechter obendrein, einer der den Degen führte wie ein Edelmann. Schon
mit dreizehn, vierzehn Jahren umsichtig an der Klinge, klarer als mit dem
Mundwerk und dem Verstand, Söhnchen. Er liebte die Klinge, liebte ihr Blitzen,
das Funkeln des Stahls. Stundenlang hat er mit einer Säule gefochten, sich mit
der Waffe im Spiegel betrachtet, Finten und Ausfälle geübt und den Degen ebenso
geschickt behandelt wie den Pinsel. Auf seinen Bildern findet Ihr Waffen,
Söhnchen, die genauer gemalt sind als seine Figuren und die davon zeugen, dass
er sie vergötterte.“
    Man konnte Peterzano zumindest so
lange nicht ins Wort fallen, bis er Luft holen musste, dann gelang ein Einwurf,
dann konnte man die Richtung des Gesprächs beeinflussen. Inzwischen hielt sich
Enrico an Wein und Brot mit Käse. Peterzano rührte nichts davon an, erzählte
nur von seiner Werkstatt, von seinen Erfolgen als Künstler, den Bildern in San
Fedele, der Venus mit Cupido und den beiden Satyrn und deren Bedeutung für die
Malerei. Nur mit einem halben Ohr hörte Enrico zu, betrachtete den Meister, der
mager war und über und über bedeckt mit Runzeln und braunen Flecken. Als wäre
er gedörrt und eingeschrumpft, um haltbarer zu werden.
    „Verzeiht, wenn ich Euch
unterbreche, Meister Peterzano, ich habe in Neapel von einem

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