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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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zu
wecken. Unruhig ließ sie die Augen über den Raum gleiten und versuchte sich an
das Dämmerlicht zu gewöhnen, weil die Fensterläden noch geschlossen waren.
    „Michele, es ist jemand hier!“
    Vorsichtig drehte sie sich um ihre
eigene Achse. Micheles Atelier war nicht so groß, als dass es viele
Möglichkeiten gegeben hätte, sich zu verstecken, aber die Tatsache, dass sie
aus dem Tageslicht kam, erschwerte die Suche. Kurz stieg in ihr die Angst ihrer
Kindheit auf, wenn sie auf offenem Feld übernachtet und wilde Hunde, Füchse
oder sonstiges Getier in den frühen Morgenstunden, an der Schwelle zwischen
Nacht und Tag, hörbar an ihrem Reisewagen geschnuppert hatten und sie allein wach
gelegen war und in die Dunkelheit gelauscht hatte.
    Plötzlich schwang die Tür zurück
und schlug gegen die Zarge. Für einen kurzen Augenblick wurde es vollständig
finster im Zimmer.
    „Michelangelo Merisi da Caravaggio?“
    Rau klang die Stimme. Nerina
klopfte das Herz bis in den Hals. Auch Michele erwachte jetzt aus seiner Betäubung
und sah in die Richtung, aus der die Stimme kam. Nerina übernahm die Initiative.
    „Si, Signore. Michele Merisi,
genannt Caravaggio, sitzt hier. Ich vertrete ihn. Warum versteckt Ihr Euch
hinter der Tür?“
    „Man hätte mich sonst für einen
Eindringling halten können.“
    „Ihr seid ein Eindringling!“
    „Und Ihr habt ein geschliffenes Mundwerk.“
Aus dem Dämmerlicht hinter der Tür trat ein Mönch hervor, dessen Kapuze tief
ins Gesicht ragte, sodass nichts außer einer dunklen Öffnung zu sehen war. „Die
Diener des Herrn gelten gemeinhin nicht als Verbrecher.“
    „Hört Euch auf den Straßen um, und
Ihr werdet Euch wundern. Das Volk spricht und denkt anders darüber. Was wollt
Ihr? Michele kann niemanden empfangen, das seht Ihr ja! Er trauert.“
    „Ich sehe, ich sehe. Aber ich habe
trotzdem einen Auftrag für den großen Meister!“
    Der Mönch im dunklen Habit der
Karmeliter machte Nerina Angst. Sie trat dicht an Michele heran.
Beschwichtigend legte er ihr seine Hand auf den Unterarm. Jetzt verfluchte sie
den Umstand, dass sie ihm sein Schwert weggenommen hatte, weil sie fühlte, wie
seine andere Hand die Seite nach der Waffe abtastete.
    „Michele, ein Kunde. Er gibt ein
Bild in Auftrag.“
    Aufmerksam beobachtete Nerina die
Bewegungen des Mönchs. Aus dem Ärmel seiner Kutte zog er eine Geldkatze und wog
sie in der Hand. Die Münzen darin klangen satt.
    „Vierhundert Scudi Silber, Messer
Caravaggio. Die Hälfte jetzt, die andere Hälfte bei Ablieferung. Bei Gefallen
können wir mit dem Preis heraufgehen.“
    Noch bevor Michele antwortete,
ergriff Nerina die Gelegenheit. Nichts konnten sie im Augenblick dringender
gebrauchen als Geld, und der Münzklang besaß etwas Verlockendes.
    „Er sagt zu. Michelangelo Merisi
übernimmt den Auftrag.“
    „Welchen Auftrag?“, murmelte
Michele.
    Er richtete sich auf, rieb sich die
Augen und betrachtete zuerst Nerina, die ihre Hand der Geldkatze entgegenstreckte,
dann den Mönch, der schwarz vor der schwarzen Tür stand.
    „Malt ein Bild, das die Welt so
noch nicht gesehen hat, Messer Caravaggio!“
    Michele hustete anhaltend, und
Nerina klopfte ihm sanft den Rücken.
    „Warum sollte ich Euch ein Bild
malen? Ich habe Aufträge anderer ausgeschlagen, die Tausend Scudis dafür
gezahlt hätten.“
    Die Stimme des Mönchs zwang Nerina
zu genauem Hinhören. Leise war sie, verriet keinerlei Seelenregungen, als wäre
sie auf alle Widrigkeiten im Unterhandeln mit Michele vorbereitet.
    „Ich weiß. Der Fürst Doria klagt
darüber, dass Ihr seine Loggia nicht ausgemalt habt. Für 6000 Scudi. Es war ein
herber Schlag für den Fürsten. Ihr hättet zehn Jahre davon leben können.“
    „Und als Freskant ein ganzes Jahr
dafür buckeln müssen. Nein danke! Ich ziehe Leinwand und Staffelei vor. Sie
sind freier, offener.“
    „Aber“, der Mönch machte eine
Pause, „ich will kein Fresko von Euch, Caravaggio, sondern ein Bild, Öl auf
Leinwand. Eure Spezialität.“
    „Ich bin nicht interessiert. Hebt
Euch von meiner Türschwelle! Nerina! Du nimmst kein Geld an!“
    Michele wandte sich ab. Nerina
stand unschlüssig da und starrte auf den Beutel in der Hand des Mönchs.  
    „Aber Michele ...“
    „Zurück hab ich gesagt!“, fauchte
Michele. „Soll er es selber fressen!“
    Der Mönch regte sich nicht. Nerina
hörte nur seinen gleichmäßigen Atem, als warte er geduldig wie ein Fischer
darauf, dass Michele den Köder schnappte, den er

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