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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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führen musste. Seine Überlegungen
durchbrach ein huschender Schatten, der über das Deck hinweg glitt, während
alle Matrosenwachen ihre Blicke auf ihn gerichtet hielten. Zufrieden lächelte
Enrico und sah an der Wache vorbei, was den Mann zu einem vorsichtigen
Rundumblick veranlasste. Sofort bedauerte Enrico sein Verhalten und schwor, sich
besser in der Gewalt zu haben.
    „Er soll sich auf dem Schiff
befinden, sagte man mir“, eröffnete Enrico dem Wächter, ohne dass er verriet,
von wem er denn diesen Hinweis erhalten hatte. „Oder ist er“, fügte er
schnippisch und mit einem wissenden Lächeln hinzu, „Euer Gefangener?“
    Innerlich musste Enrico grinsen,
denn der letzte Hinweis schlug unter die Gürtellinie. Tatsächlich krümmte sich
die Wache beinahe, als er das Wort „Gefangener“ aussprach. Wenn sich der
Umstand herumsprach, dass Caravaggio hier gefangen gehalten wurde, dann
belagerte bald das Bürgertum Palermos das Schiff. Ungebrochen und hell wie eine
Glocke klang Micheles Ruf als Künstler – und jeder wollte diese Schelle klingen
hören.
    Mittlerweile hatte sich der Kreis
vergrößert. Die zweite Wache hatte sich hinzugesellt, die Hand unterm Hemd, am
Dolch. Auch er fragte nach Enricos Wunsch und schüttelte verwundert den Kopf,
bellte aber einen Ruf über das Deck, bei dem Enrico zusammenzuckte. Schließlich
trat ein Mann aus einem der Verschläge an Deck und mischte sich in ihren Kreis.
In Enricos Augen sah es so aus, als sei er der Kapitän des Schiffes. Mit seinem
Erscheinen verstummten die Wachen. Das beunruhigte Enrico, denn diesen Mann
hatten Nerina und er bislang nicht gesehen. Forschend ließ Enrico an dem
Kapitän vorbei seinen Blick über das Deck gleiten, konnte aber nichts
Verdächtiges bemerken.
    „Was wollt Ihr?“ Kurz, knapp,
scharf klang die Frage.
    Wieder verbeugte sich Enrico,
kreuzte die Arme über der Brust und wiederholte dabei sein Begehr, diesmal
jedoch etwas drängender und gewürzt mit dem Hinweis, er werde zurückkehren und
dem Kardinalerzbischof Doria mitteilen, dass man hier offenbar Michelangelo
Merisi gegen seinen Willen festhalte, schließlich lasse man ihn nicht zu ihm
und bewache ihn, wie er sehe, wie einen Gefangenen.
    Ihm entging selbst im Dämmerlicht
des Morgens nicht, dass sich die Gesichtshaut des Kapitäns entfärbte. Beide
lauschten jedoch in eine Richtung, aus der ein langes, würgendes und quälendes
Husten erscholl, gaben aber vor, das Geräusch nicht zu beachten. Für Enrico
galt es als Zeichen dafür, dass sich Michele tatsächlich noch an Bord befand.
    „Warum sollten wir einen Mann wie
ihn hier festhalten? Das ist lächerlich. Aber Caravaggio ist krank, seit er das
Schiff hier bestiegen hat. Er kann nicht laufen.“
    „Dann tragen wir ihn“, bohrte
Enrico, dessen Herz in diesem Moment einen Sprung machte. Diese Antwort wertete
er als Rückzugsgefecht. „Unsere Gemeinschaft hat das Bild teuer bezahlt. Wir
können zumindest erwarten, wenn Caravaggio nicht eben im Sterben liegt, dass er
sich bis zum Palast des Kardinalerzbischofs aufmacht, um ein Bild in der
Qualität abzuliefern, die dem Preis entspricht, den wir entrichtet haben.“
    „Caravaggio liegt zu Bett. Er kann
unmöglich zum Kardinalspalast. Jetzt entschuldigt uns, wir haben zu tun!“
    Der Kapitän drehte sich auf dem
Absatz um und ließ Enrico stehen. Diese Reaktion hatten sie erwartet.
    „Ich werde Caravaggio auf den
Schultern tragen!“, rief er ihm hinterher. „Johanniter!“
    Wie angewurzelt blieb der Kapitän
der Diana stehen und drehte sich langsam zu Enrico um. Aus zusammengekniffenen
Augen musterte er Enrico. Auch die ungeteilte Aufmerksamkeit der Wachen galt
wieder ihm.
    Wie leicht die Menschen doch
einzuschätzen sind, dachte Enrico und sah dem Kapitän mit einer Unschuldsmiene
ins Gesicht. Leider konnte er nicht mehr beobachten, was auf dem Schiffsdeck
vor sich ging, da der Kapitän ganz nahe an ihn herantrat und auch die Wachen
aufschlossen.
    „Wie meint Ihr das?“
    Enrico räusperte sich. Wie er es
meinte, konnte er den Johannitern in Seemannskleidung nicht sagen. Er musste sie
zwingen, ihm zuzuhören, ihre ganze Aufmerksamkeit ihm zu schenken, damit sie
von den Ereignissen auf dem Rest des Schiffes abgelenkt waren.
    „Wie ich es sagte. Kann Caravaggio
nicht gehen, werde ich seine Beine ersetzen. So ist es mir aufgetragen. Wenn er
mir zu schwer werden sollte, darf ich bei Euch sicher um Hilfe nachsuchen.“
    Das Boot schwankte kaum merklich,
und ein Plätschern

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