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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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wie von Rudern, die ins Wasser tauchten, ließ ihn hoffen,
aber er sah nur im Augenwinkel einen Schiffer an der Diana vorüberfahren, der
den Aufzug der Kette erwartete und den Hafen zum Fischen verlassen wollte.
Mittlerweile erhellte die aufgehende Sonne die Häuserzeilen im Westen, wo Leben
sichtbar wurde. Männer zeigten sich an offenen Fenstern, gähnten herzhaft in
den neuen Tag hinaus, Frauen blickten auf die Straße und leerten die Nachttöpfe
aus, indem sie den Inhalt einfach auf die Hafenstraße schütteten.
    „Ihr seid schlimmer als Salz in der
Wunde, Franziskaner!“
    „Nun denn, der Herr, unser Gott,
stattet den Menschen mit den merkwürdigsten Fähigkeiten aus.“
    „Ich will einen Ausgleich
herbeiführen, Franziskaner. Wir lassen einen Arzt kommen. Er wird Caravaggio
untersuchen. Wenn er bestätigt, dass er fähig ist zu malen, dann könnt ihr ihn
mitnehmen, wenn nicht ... Seid Ihr einverstanden?“
    Michele schlug die Kapuze wieder
übers Gesicht. Er hoffte inständig, dass die Zeit für Nerina gereicht hatte und
ihr Plan erfolgreich gewesen war. Jetzt musste er sich zurückziehen.
    „Ich komme über Mittag wieder. Ich
möchte Caravaggio dann zumindest sehen.“
    Enrico drehte sich um und lief über
das Brett, das Schiff und Festland miteinander verband. Trotz der morgendlichen
Kühle schwitzte er so, dass ihm das Wasser den Rücken hinab lief. Bewusst zwang
er sich langsam zu laufen, um nicht verdächtig zu wirken.
    Vermutlich würden die Johanniter
die nächste Nacht nicht mehr hier verbringen und aufs offene Meer hinausfahren.
Seine Neugier hatte sie verunsichert.
    Hinter ihm ertönte ein Schrei, der
sich steigerte und plötzlich abbrach. Er vernahm Unruhe und hastende Schritte
hinter sich. Das Schiff erwachte. Enrico versuchte ruhig zu bleiben, erhöhte
aber seine Geschwindigkeit. Ohne sich noch einmal umzudrehen, tauchte er im
Gewirr der Gassen unter. Was war mit Nerina geschehen?
28.
    Vor Nervosität fiel ihr das Ruder
aus der Hand und schlug gegen die Bootswand. Starr vor Schrecken blieb Nerina
stehen. In der Stille der Frühe hallte der Schlag über die gesamte Cala, wie
bei den Einheimischen der Hafen genannt wurde. Man vernahm das Geräusch sicher
in ganz Palermo. Sie duckte sich hinter die Bordwand und kauerte dort einige
Augenblicke, wartete ab, bis sie sicher war, dass die Wachen von der Diana aus
nicht mehr zu ihr herübersahen. Dann zog sie das Halteseil ins Boot, legte das
Ruder ein, stemmte sich gegen die Mole und schob es damit ins offene Wasser.
Langsam glitt es auf der ruhigen See im Hafenbecken dahin, die von den darüber
wegziehenden Nebelschwaden wie geglättet wirkte, als würde ihre Last
tonnenschwer auf dem Wasser ruhen. Sie stand am Heck, das lange Ruder in Händen
und schlug es gleichmäßig. Im Dunst des aufkeimenden Morgens lag der
Bootskörper der Diana vor ihr. Sie fror in der dünnen Schifferkleidung. Die
langen Hosen und das weite Hemd schützten kaum vor der nassen Kälte.
    Sie gab sich den Anschein, als
steuere sie am Heck der Diana vorbei auf das Meer hinaus, während sie die
Wachen beobachtete, die sich im Schein der Fackeln und hinter dem Nebel wie
Schatten abzeichneten. Einmal blickte einer der Männer zu ihr hinüber, aber sie
hielt stur geradeaus, und der Johanniter kam offenbar zu dem Schluss, dass sie
nur am Schiff vorbei wollte.
    Erst kurz hinter der Diana schlug
sie dreimal heftig mit dem Ruder, vollführte eine Kehre und brachte das Boot
damit direkt unter dem Schiff zu liegen. Mit zitternden Händen suchte sie nach
einem Vorsprung, an dem sie das Seil befestigen konnte, damit ihr Boot nicht
abtrieb. Erst nach einiger Mühe fand sie dicht unterhalb des Ruders einen
Haken. Als sie fertig war, besah sie sich die Bordwand. Es würde ihr sicher
nicht schwer fallen, sie zu ersteigen. Zufrieden setzte sie sich auf die
Ruderbank und wartete auf den Stundenschlag aus der Chiesa Santa Maria della
Catena, die direkt ihr gegenüber das Ufer beherrschte. Mit Enrico hatte sie
vereinbart, dass dieser mit dem Stundenschlag fünf Uhr die Wachen ablenken
wollte.
    Sie betrachtete ihre Hände, die
ungewollt zitterten – und sie konnte nicht sagen, ob vor Kälte oder vor
Anspannung. Nur eines wusste sie in diesem Moment, dass sie Michele verlassen
würde, sobald sie ihn sicher nach Neapel gebracht hatte. Diesmal würde sie
Enrico nicht mehr allein nach Rom zurückkehren lassen, sondern ihn begleiten.
    Mit klammen Fingern griff sie nach
ihrem Amulett, öffnete es und

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