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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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treten. Selbst ein unbeteiligter Beobachter hätte aus der Art, wie
sie reisten, schließen können, dass sie zurzeit auf der Flucht seien. Mehr als
einmal hätte er zugreifen und sie den Häschern ausliefern können.
    All das war wie ein Wasserfall aus
dem Pater herausgesprudelt, und Scipione Borghese hatte sich gefragt, ob sich
hinter dieser Geschwätzigkeit nicht vielleicht etwas anderes verbergen mochte,
ein anderes Ziel, eine ehemalige Verfehlung.
    Pater Leonardus räusperte sich in
seine Faust.
    „Eminenz, sicherlich ist die Kunde
vom Schicksal des ‘Tod Mariäs’ bereits zu Euch gelangt!“
    „Was ist damit? Ich hatte Euch
beauftragt ...“
    „Ihr wisst, dass Peter Paul Rubens
das Bild eine Woche lang öffentlich hat ausstellen lassen ...“
    „... damit es nicht von der
Kongregation der barfüßigen Karmeliter zerstört wird. Der Skandal ist mir
hinlänglich bekannt. Ihr solltet es über einen Mittelsmann ankaufen. Niemals
sollte der Name Borghese mit dem Bild direkt in Verbindung gebracht werden.“
    Damit mein Oheim sich in Ruhe
zurücklehnen und seinen Erfolg genießen kann, ohne die bittere Seite des Sieges
kosten zu müssen, dachte Scipione Borghese. Wieder räusperte sich der Pater, um
die entstandene Stille wenigstens etwas zu durchbrechen.
    „Der Gonzaga besaß bereits eine
Option auf das Bild, schließlich hat es Rubens für einzigartig gehalten. Ein
weiterer Streit interessierte die Karmeliter nicht. Also erhielt Ferdinando
Gonzaga für seinen Vater den Zuschlag.“
    Zornesrot hieb Scipione Borghese
mit der Faust auf den dunklen Tisch aus schwarzem Ebenholz, hinter den er sich
niedergelassen hatte, und betrachtete den Pater verbittert. In den überhohen
Räumen des Palastes hallte der Schlag nach.
    „Nun, Euer Rubens hatte recht. Ein
wundervolles Werk, zu schade für einen Gonzaga. Wie konnte Euch das nur
passieren. Vorkaufsrecht! Ihr habt zu wenig geboten, ihr wart zu wenig forsch.“
    Unvermittelt strahlte die
Marmortäfelung eine Kälte aus, die sich zwischen Scipione Borghese und den
Pater schob wie ein Keil. Diesmal schlug der Pater die Augen nieder und musste
sich räuspern. Eisig erschien Scipione Borghese die Miene des Paters. Scipione
Borghese, dessen Verärgerung durchaus nicht gespielt war, konnte diesen
Geistlichen nicht recht einschätzen. Er war nicht der Spielball seines Willens,
wie er es sich gewünscht hätte.
    „Verzeiht, aber ich habe die von
Euch zur Verfügung gestellte Summe um das Doppelte überschritten, aber der
junge Gonzaga gab das Bild nicht mehr aus den Händen.“
    Der Kardinal setzte beide Unterarme
auf die Tischplatte und bettete sein Gesicht in die Hände. Eine ganze Zeit
verharrte er in dieser Stellung. Hatten er und Pater Leonardus das Milchgesicht
Ferdinando Gonzagas unterschätzt? War der Pater nicht energisch genug
eingeschritten, um von der Kongregation das Bild für ihn, Kardinal Borghese, zu
fordern? Letztlich hätte er sogar seinen Namen in die Waagschale werfen sollen,
obwohl er dem Pater diesen Schachzug nur als letzte Trumpfkarte genehmigt
hatte. Vermutlich waren bereits Gelder von Seiten der Familie Gonzaga
geflossen, während Pater Leonardus noch glaubte, auf derselben Ebene
mitzubieten. Ein Anfängerfehler, ein simpler Trick, um Laien aus dem Feld zu
schlagen.
    „Was will Ferdinando
Gonzaga, Pater?”
    Die Frage traf  Pater Leonardus
offenbar nicht unvorbereitet.
    „Ich habe mir die Frage bereits
selbst gestellt, aber die Antwort, so einfach sie mir scheint, befriedigt mich
nicht.“
    „Teilt mir Eure Überlegungen mit,
wenn Ihr mir schon kein Bild übergeben könnt. Was also will er Eurer Meinung
nach?“
    Scipione Borghese fixierte eine
gläserne Figur aus Murano, ein Briefbeschwerer auf seinem Schreibtisch, eine
Tänzerin, die sich auf einem einzigen Bein drehte und gleichzeitig versuchte,
das Gleichgewicht zu halten. Eine fragile, eine zerbrechliche Bewegung, die
viel Körperbeherrschung und großes Können erforderte. Leider stand sie so, dass
die weiten Ärmel des Paters, der gern und reichlich gestikulierte, immer wieder
über sie wegstrichen. Den Gedanken, sie wegzustellen, unterdrückte er. Dafür
reizte ihn das Spiel mit dem Schicksal zu sehr.
    „Die Kardinalswürde, Eminenz!“
    Kaum stand das Wort im Raum, als
Scipione Borghese wie von der Sehne geschnellt auffuhr.
    „Seid Ihr von Sinnen?“
    Überrascht schreckte Pater
Leonardus zurück und berührte dabei die Figur aus Murano-Glas. Einmal, zweimal
kippte sie auf ihrem

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