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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Spuren, obwohl er nur mit drei Steinen beladen war, die an die rötlich-braunen
Fassaden der Häuser erinnerten. Michele hatte ihr erzählt, als sie damals die
Stadtpforte durchschritten, dass das Baumaterial für die Stadt direkt unterhalb
Neapels in großen Kavernen abgebaut wurde. Der Tuff, der vermutlich vom Vulkan
Neapels, dem Vesuvio, stammte, berichtete er damals, sei weich, wenn er aus dem
Felsen geschlagen werde. Man könne ihn mit dem Messer regelrecht schneiden, er
härte aber an der Luft ab und gebe äußerst feste und stabile Quader zum
Häuserbau. Die so entstehenden Höhlen hätten den Vorteil, als Trinkwasserbecken
benutzt werden zu können. Die Brunnen, die über die gesamte Stadt verteilt
seien, führten immer in einen solchen Hohlraum hinunter. Ja, so Michele, es
gebe sogar einen ganzen Menschenschlag, die Pozzari, der vom Erhalt der
Brunnenanlagen und Wasserspeicher lebe. Nebenbei würden sie allerdings auch auf
nächtliche Raubzüge ausgehen und sich so ihren Lebensunterhalt aufbessern.
Niemand könne ihnen Einhalt gebieten, weil niemand sich in die unterirdischen
Höhlen getraue, geschweige denn sich dort unten auskenne.
    Eben wollte sich Nerina wieder dem
Treiben auf der Straße zuwenden, als der Fremde auf den Treppen erschien. Er sah
sich kurz um, streifte auch Nerina mit seinem Blick, ohne sich aufzuhalten und
sprang dann behände die Stufen hinab, trat auf die Hauptstraße hinaus und eilte
mit raschem Gang die Via Carbonara in Richtung Hafen entlang. Kaum dass Nerina
mit ihm Schritt halten konnte. Am Castell Capuano bog er ab und zwängte sich
durch Lärm, Menschen, Hausrat und Werkstätten hindurch, die jede Gasse wie ein
Gewirr aus Wollfäden durchzog, hinunter ins Wasserviertel.
    Einmal kam Nerina ihm so nahe, dass
sie seinen Atem roch. Der Fremde hatte eine Angewohnheit, die Menge vor ihm
durch das Heben seines Armes zu teilen. Verschreckt und verärgert sprangen die
Bewohner beiseite, und Nerina schlüpfe hinter ihm drein. Diese Angewohnheit
ließ sie den Ring entdecken. Ihre Ahnung hatte sie nicht getrogen! Er trug ihn
am Daumen, dort, wo er andere nur stören würde. Deutlich erkannte sie, dass es
sich um eine Art Siegelring handelte. Sie konnte ein Kreuz erkennen, dessen
Balken in je zwei spitzen Zipfeln endete: das Zeichen der Johanniter! War der
Fremde ein Adeliger? Woher kannten Michele und er sich dann? Aus der Zeit vor
Rom? Aus der Zeit, in der Michele noch bei Kardinal Del Monte gelebt hatte? Sie
wusste von Micheles Vergangenheit zu wenig, um ihre Schlüsse daraus ziehen zu
können, würde ihn aber danach fragen.
    Plötzlich blieb der Fremde stehen,
und Nerina wäre beinahe auf ihn aufgelaufen. Sie konnte sich gerade noch mit
einer geistesgegenwärtigen Bewegung an ihm vorübermogeln und wäre vom Schwung
der Menge mitgerissen worden, wenn sie sich nicht hinter einen mannshohen
Schrank hätte flüchten können, der mitten am Weg stand und zum Hausrat einer
beleibten Mama gehörte, die von einer Steinbank an der Hauswand aus mit
lautstarker Stimme einen ganzen Schock Kinder im Zaum hielt.
    Wie der Pfeiler einer Brücke stand
der Fremde und versuchte sich zu einer Tür rechterhand vorzuarbeiten. Schwarz
und wuchtig versperrte sie den Eingang zu einem eher unscheinbaren Gebäude. Im
durchbrochenen Bogenfeld aus Stein über dem Portal prangte ebenfalls das Kreuz
der Johanniter. Der Fremde kämpfte sich durch den Hauptstrom hindurch, bis er
in ruhigeres Wasser gelangte, dann klopfte er an die schwerhölzerne Pforte und
wartete. Nerina erkannte einen bestimmten Rhythmus, der sich wie eine Melodie
in ihr Gedächtnis grub, dann schwang eine kleinere Tür auf, die das große
Portal unterbrach, und der Fremde schlüpfte ins Innere, nicht ohne sich ein
letztes Mal umgesehen zu haben.
    Was wollte der Fremde bei den
Johannitern?
5.
    „Er ist flüchtiger als eine Gazelle!“,
wetterte Scipione Borghese und lachte bitter.
    „Wenn sich seine Spur nicht durch
die Farbkleckse verraten würde, die er überall hinterlässt, bliebe er
tatsächlich unsichtbar!“ Pater Leonardus lächelte nur.
    Scipione Borghese achtete genau auf
den Tonfall seines Informanten. Dennoch wusste er nicht, ob der Pater dies
bewundernd oder verärgert bemerkt hatte.
    „In der Tat unglaublich. Aber Ihr
besitzt eine außerordentliche Spürnase.“
    „Der Zufall hat eine große Rolle
gespielt!“
    Wie Ochsen, erzählte ihm der Pater,
hätten der Maler und seine Gehilfin sich benommen, die breite Schneisen ins
Unterholz

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