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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Nacht zum
Sirenengesang. Dieser Gedanke faszinierte Enrico, denn er besaß etwas
Wahrhaftiges.
    „Aufgelesen hat er ihn.“
    „Aufgelesen?“ Die Formulierung
machte Enrico neugierig. Was meinte sie damit? Bislang dachte er immer, nach
den Berichten anderer Künstler, dass die Brüder Orsi, der Maler Prospero und
sein Bruder, der Dichter Lelio, Michele Zugang zu dem Kunsthändler Monsù
Valentin verschafft hatten. Dieser war wohl über einige Bilder, die er, Enrico,
selbst nie gesehen hatte, auf Caravaggio aufmerksam geworden. Über den Händler
bekam Michele dann Kontakt zu Del Monte. Ein komplizierter Weg, der vor allem
für die durchdringende Kraft von Caravaggios Malerei sprach, denn wer sonst
würde sich für einen Künstler aus der Gosse interessieren?
    „Der Kardinal sagte es so, als
würde er Menschen von Caravaggios Format sammeln wie Bilder.“
    Julia drängte sich an Enrico, und
dieser fühlte den warmen Körper des Mädchens und das Erwachen eines Begehrens.
Die Kühle wich einem heißen Schauer.
    „Wolltet Ihr mir nicht von
Caravaggios Bruder erzählen, Julia?“
    Seine Stimme klang selbst für ihn rau,
und Julia schien etwas von seiner Stimmung zu bemerken, denn sie drängte sich
heftiger an ihn, als wolle sie ihn bewusst weiter reizen.
    „Ihr seid für Ferdinando Gonzaga
unterwegs, nicht?“, flüsterte sie und senkte ihre Stimme.
    Für Enrico hörte es sich an, als
würden die Saiten einer Laute gezupft.
    „Für wen sonst? Ich bin sein
Sekretär!“
    „Und da lässt Euch Euer Herr allein
in Rom zurück, während er selbst nach Mantua abfährt, um von dort die
Entwicklung in Rom am päpstlichen Stuhl abzuwarten?“
    Woher wusste sie davon, eine
einfache Dienstmagd? Misstrauisch besah sich Enrico Julia und versuchte, sich
der Wirkung ihrer Stimme zu entziehen. Sie besaß eine Kraft, die ihn nervös
machte. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass sie stehen geblieben waren. Rasch
nahm er die Straße wieder unter seine Füße und zog Julia mit.
    „Wollt Ihr mich aushorchen?“
    „Wo denkt Ihr hin.“ Julia gurrte
ihn regelrecht an. Dann wandte sie sich ihm wieder zu und seine Hand, an der
sie sich untergehakt hatte, berührte zufällig ihre Brustspitze, sodass es ihn
durchfuhr, heiß durchfuhr. Das Mondlicht zeichnete ein feines Lächeln auf die
eine Hälfte ihres Gesichts, während die andere im Dunkeln lag. „Ich dachte nur,
dass ich Euch etwas von meiner Vergangenheit erzähle, und Ihr mir von Eurer. Im
Tausch. Wollt Ihr?“
    Normalerweise unterschätzte er die
Menschen nicht, aber diesmal steckte er in einer Falle, die ihm das hübsche
Gesicht Julias gestellt hatte. Hinter dieser Larve aus Unschuld und Einfalt
verbarg sich ein gerissenes Wesen. Natürlich wollte sie von ihm wissen, was
Ferdinando Gonzaga in Rom gemacht hatte, welche Politik der Herzog von Mantua
für seinen nachgeborenen Sohn einschlug, denn damit ließ sich kalkulieren.
Julia festigte ihre Stellung als Zuträgerin, wenn sie Neuigkeiten dieser Art
überbrachte, die wirklich interessant waren, und die Kardinäle konnten sich so
einen möglichen Rivalen vom Hals schaffen – oder ihn für sich nutzen. Julia
trat ihm jetzt gänzlich in den Weg und sah ihn herausfordernd an.
    „Woher weiß ich, dass Ihr kein
falsches Spiel treibt und mir die Geschichte nicht erzählt, wenn ich Euch meine
Geschichte erzählt habe?“
    Julias Glockenlachen hallte von den
Gassenmauern wider, bevor sie sich die Hand vor den Mund legte.
    „Woher weiß ich, dass Ihr mich
nicht anlügt? Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Ihr traut mir, ich traue Euch.“
    Mit einem langen Seufzer stimmte
Enrico zu. Bei den ersten Worten zögerte er noch.
    „Gut. Ich bin auf der Suche nach
Informationen, die meinem Herrn, Ferdinando Gonzaga, ermöglichen sollen, sich
eine Kardinalsstelle zu sichern. Ich glaube, dass Scipione Borghese trotz des
Verbots, das sein Onkel, Papst Paul V., ausgesprochen hat, den Säufer und
Kriminellen Caravaggio unterstützt, heimlich Aufträge an ihn vergibt, oder sie
zumindest ermöglicht. Mit diesem Wissen wollen wir uns einen Fürsprecher für
die nächste Kardinalsernennung sichern. Mehr weiß ich nicht zu sagen.“
    Julia sah ihn an, und Enrico wusste
nicht, ob er in die schwarzen Abgründe ihrer Augen springen sollte. Sie
schienen ihm gefährlich tief. Auch sie begann anfänglich stockend und redete
sich dann in Fahrt.
    „Ich hatte eben einige Häppchen und
etwas Wein serviert, als ich Zeuge wurde, wie Caravaggio ins

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