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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Nerinas Kopf schrillten die
Alarmglocken. Sie durfte mit dem Pater nicht allein bleiben. Warum erzählt er
nicht, dass er bereits im Atelier gewesen war, um zu spionieren? Wer log, der
hinterging auch und hatte etwas zu verbergen.
    „Was noch nicht erklärt, was Euch
hierher treibt und was Ihr hier wollt, Pater Leonardus.“

13.
    Im wehenden Kardinalspurpur segelte
Scipione Borghese durch die endlosen Gänge des Vatikans. Jeder Schritt ließ
seine Wut ansteigen – und selbst die Schweizer Garden, die vor den Zugangstüren
wachten, getrauten sich nicht, ihm den Weg zu verstellen, so deutlich musste ihm
der Zorn ins Gesicht geschrieben stehen. Es erfüllte ihn mit Genugtuung und reizte
seine Nerven weiter. Sein Oheim schien nicht einmal in der Lage, für seine
Sicherheit zu sorgen. Hätte er jetzt einen Dolch unter dem Gewand getragen, hätte
ein neues Konklave einberufen werden müssen.
    Hart lachte er auf, schob den
Lakaien beiseite, der sich als einziger vor ihm aufbaute, als er die
Privatgemächer seines Oheims betreten wollte, und drückte die schwere Tür auf.
    „Aus dem Weg, Francesco! Oheim, ich
muss mit Euch sprechen!“
    Der Papst schreckte hoch, offenbar
hatte ihn Scipione aus dem Sesselschlaf geweckt.
    „Gemach, mein Sohn!“
    Scipione musste sich zwingen, nicht
laut hinaus zu brüllen, auch deshalb, weil hinter ihm bunte Schweizer Uniformen
in den Raum drängten.
    „So könnt Ihr mich nicht
hintergehen, Oheim!“, fauchte Scipione und warf einen Blick über die Schulter.
„Ihr habt Kardinal Del Monte den Hinweis gegeben. Ich weiß es.“
    Langsam erhob sich sein Oheim und
trat in die Mitte des Zimmers, den Kopf erhoben, die Hände ineinander
verschränkt.
    „Da Ihr gerade hier seid, Neffe,
ohne dass ich Euch gerufen hätte, können wir sofort darüber reden. Was fällt
Euch ein, Euch meinen Anordnungen zu widersetzen?“
    Die letzten Wörter schrie ihm sein
Oheim ins Gesicht. Überrascht wich Scipione Borghese einen Schritt zurück und
hielt es im Augenblick für besser, die eigene Wut zu bezähmen, senkte den Blick
und wartete einfach ab, bis sich der Zorn gelegt hatte.
    „Ihr zerstört meine Bemühungen um
die Erneuerung des christlichen Lebens, in einer Zeit, in der die Ketzerei
dieser Protestanten mehr und mehr zum Ärgernis wird. Die Christenheit braucht
einen starken Papst, und Ihr gebt das Amt der Lächerlichkeit preis!“
    Aus den Augenwinkeln heraus
beobachtete Scipione Borghese, wie Paul V. die Garde, die erschrocken und etwas
bleich dem Streit lauschte, mit einer Handbewegung hinausschickte. Dies war
eine Familienangelegenheit.
    „Ihr habt meine Politik
hintergangen!“, brüllte ihn sein Oheim an, als die letzte Tür ins Schloss
gefallen war.
    „Ich verstehe Euch nicht, Oheim!“
    Scipione Borghese ließ seine Stimme
unterwürfig, leicht verunsichert und dünn klingen. Dabei kochte es in ihm.
Julias Nachricht von den Ankäufen Kardinal Del Montes hatte ihn sprachlos
gemacht. Vorerst musste er nur abwarten, bis der Zorn des Papstes verraucht
war. Dabei hob er leicht den Kopf und blickte in das feiste Gesicht des Oheims,
dem das Amt von Monat zu Monat kräftigere Wangen bescherte. Der ohnehin dünne
Oberlippenbart und die wenigen Spitzbarthaare wirkten wie künstlich
auseinandergezogen und angeklebt.
    „Ich versuche, das störrische
Venedig zu zwingen, den neuen gegenreformatorischen Kurs Roms mitzugehen und
das Tridentinische Konzil anzuerkennen, die Unterweisung der unteren
Volksschichten voranzutreiben, damit sie mir nicht abtrünnig werden und dieser
protestantischen Verirrung verfallen, und mein eigener Neffe bemüht sich um
diesen Caravaggio, dessen Bilder mehr und mehr sein Ketzertum ausweisen und
falsches Zeugnis ablegen vor unserem Glauben.“
    Scipione Borghese knurrte. Seit
seiner Wahl zum Papst versuchte sein Oheim, seinen Seeleneifer dem Amt
anzugleichen, und Scipione Borghese war sich nicht klar darüber, ob dies nun
der Wunsch war, als Papst der Erneuerung, der tadellosen und würdigen
Lebensführung in die Annalen einzugehen – und er tatsächlich dachte, was er
predigte -, oder ob sich sein Charakter nur des Amtes wegen veränderte.
Immerhin besuchte ihn weiterhin einmal die Woche seine Mätresse, Romina
Tripepi, keine sonderlich attraktive Frau, aber offenbar den Bedürfnissen des
Papstes angemessen und vor allem verschwiegen, jedenfalls nach außen hin.
    „Ihr hattet mich mit dem Auftrag
betraut, Caravaggio zu unterstützen, weil er uns die breite Masse und

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