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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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gut verstand Nerina, was der
Pater damit bezweckte. Wer nicht zum Zuge kam, musste drohen. Am leichtesten
drohte man auf spanischem Territorium mit der Heiligen Inquisition. Nur zu
bekannt waren noch die mörderischen Umtriebe des historischen Inquisitors Torquemada,
der Geißel Gottes.
    „Es wird in der Kirche der
örtlichen Bruderschaft des Pio Monte della Misericordia hängen. Abgesegnet vom
Vizekönig Spaniens, Alfonso Pimentel de Herrera.“
    Als würde ihn ein Witz erfreuen,
den sie gemacht hatte, entlockte der Name des Spaniers Pater Leonardus ein
leichtes Hüsteln.
    „Nichts als ein Narr. Wenn der
Großinquisitor den Stab über ihm bricht, verwandelt er sich ebenso in einen
winselnden Haufen Mensch wie alle vor ihm. Die Bevölkerung Neapels wird uns
dankbar sein, oder glaubt Ihr, werte Nerina, dass ein Mann geliebt wird, der
Steuern auf Brot und Früchte erhebt, sogar das Brot zusätzlich rationiert,
während teure Delikatessen ungehindert die Stadtgrenzen passieren dürfen?
Selbst er wird es sich überlegen, einem Urteil der Inquisition zu widerstehen.“
    Leicht, in einem Plauderton, als
rede er von seinem letzten Abendessen, sprach Pater Leonardus seine Drohung
aus. Ihr verschlug es den Atem, und sie fühlte, wie ihr das Blut aus dem
Gesicht wich.
    Mit einem Ruck stand Pater
Leonardus auf und trat auf Nerina zu, die zurückweichen wollte, aber gegen das
Eisengitter des Balkons stieß. Ihr Atem begann plötzlich zu jagen, sie fühlte,
wie sich ihr Brustkorb schneller hob und senkte, wie sich auf ihrem Nacken,
direkt unter ihren Haaren und unter dem Kinn, Schweiß bildete, der in schnellen
Tropfen nach vorne abrann und Rücken sowie Ausschnitt nässe.
    „Was malt er sonst, Euer Meister?“,
meinte Pater Leonardus gleichmütig und gab mit keiner Miene zu erkennen, ob er
Nerinas Notlage wahrnahm, ob er ihre Angst roch. Er griff an ihr vorbei in die
Ecke des Raumes, dorthin, wo ein schwerer Vorhang ein weiteres Bild verbarg.
Dabei streifte sein Arm ihre Brust, und Nerina zuckte zurück, als würde sie
sich verbrennen.
    Vor Aufregung verschluckte sie sich
und musste heftig husten. Geschickt drehte sie sich, umrundete den Pater. Jetzt
stand sie endlich mit dem Rücken zur Tür. Ihre Angst wich.
    „Ein noch unvollendetes Bild.
Michele mag es nicht, wenn seine halb fertigen Werke betrachtet werden.“
    Pater Leonardus trug ein arrogant
verständnisvolles Gesicht zur Schau und nickte. In Nerina stieg ein Widerwillen
gegen diesen Pater auf, der ungebeten an der Abdeckung der Leinwand
herumfingerte und sie bloßlegte. Mit einem Ruck zog Pater Leonardus das Bild
hinter dem Vorhang vor und stellte es auf eine der Staffeleien. Alles geschah
hastig und rasch, und Nerina bemerkte erstaunt, dass seine Hände dabei
zitterten. Er trat zwei Schritte zurück und starrte auf das Bild.
    Micheles Schnelligkeit, ein Gemälde
zu vollenden erstaunte Nerina immer wieder. Auch jetzt sah sie sofort, dass er
weitergearbeitet hatte, dass eine zweite Figur so gemalt war, dass man ihr
Gesicht klar erkennen konnte – und es schien ebenfalls ein Porträt zu sein: das
Porträt von Pater Leonardus.
    Ebenso erstaunt wie der Pater, sagte
sie lapidar: „Der Kopf des Henkers sieht Euch ähnlich!“
    „Das kann nicht sein!“, keuchte
Pater Leonardus. „Es kann einfach nicht sein!“
    Aus Nerinas Blickwinkel wirkte das
Gesicht des Paters wie blutleer, die Haut fahl wie gestärkte Wäsche, kalkig und
ungesund.
    „Wollte er Euch malen, Pater?“, bohrte
Nerina neugierig, die ganz schwach eine Absicht Micheles zu erkennen glaubte. Welche
Gründe gab es, den Pater zu porträtieren? Das Seltsamste war, dass Michele ohne
Vorbild porträtierte, wo er sonst nicht malen konnte, ohne ein Modell vor sich
zu haben. Das Gesicht musste sich ihm eingebrannt haben, es musste sich vor
seinem inneren Auge entfalten wie ein lebendiges Wesen.
    „Ich kaufe das Bild! Fünfhundert
spanische Dukaten!“
    In Nerinas Ohren klang der Versuch
unbeholfen, ihr das unfertige Bild abzuschwatzen.
    „Unverkäuflich. Es ist unverkäuflich.
Michele malt es für sich selbst.“
    Jetzt drehte sich der Pater zu ihr
um, und in seinen Augen glänzte eindeutig eine Mischung aus Heimtücke und
schwer verborgener Schlauheit.
    „Zu jedem Preis!“
    Eisig schien es im Raum zu werden,
obwohl die Sonne immer stärker ihr Recht forderte und das Atelier durch das
offene Fenster mit Licht und Wärme füllte.
    „Für nichts in der Welt!“
    Sein schief verzogener Mundwinkel
versuchte

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