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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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sehen. Wer wollte das?
    „Habt Ihr nicht eben davon
gesprochen, dass Caravaggio jemandem im Wege steht?“
    Langsam drehte sich auch Del Monte
von dem Bild des Amors weg und musterte Enrico eindringlich. Wieder glaubte er,
die Blicke des Kardinals bis hinunter in die Magengrube dringen zu spüren, als
würden sie sein Innerstes mit einer Fackel ausleuchten wie eine Höhle.
    „Nun, es gibt in der Tat eine
Person, die Michelangelo Merisi liebend gern vom Höllenfeuer verschlungen sähe.
Eine Persönlichkeit, die es sogar verstanden hat, einen Überfall zu
inszenieren, der dem Falschen als Mord angehängt wurde.“
    Plötzlich musste Enrico husten. Was
er da hörte, war zu unglaublich, als dass es der Wahrheit entsprechen konnte.
    „Ihr müsst Euch versprochen haben,
Eminenz. Caravaggio hat ein äußerst bewegtes Leben ...“
    „Ich verspreche mich in solchen
Dingen nicht, Enrico. Hört zu, und teilt es Ferdinando Gonzaga mit. Für ihn ist
es das Pfund, mit dem er um die Kardinalswürde wuchern kann.“
    In kurzen schnellen Worten erzählte
ihm der Kardinal eine unglaubliche Geschichte.
    „Es bestehen deshalb berechtigte
Zweifel, dass Caravaggio den Mord auf dem Marsfeld wirklich begangen hat.“
    Der Überfall auf dem Marsfeld und
der Tod des Ranuccio Tomassoni da Terni, eröffnete ihm der Kardinal, seien
geplant gewesen. Die Gerüchte über den Initiator und Geldgeber der Schlägerei
führten in die höchsten Kreise der römischen Kurie. Ranuccio sollte sterben, um
Caravaggio zu belasten. So wollte man sich des Malers entledigen.
    „Wer war der Auftraggeber? Kennt
Ihr ihn!“
    Mit belegter Stimme fragte Enrico
nach, obwohl er ahnte, wer den Auftrag gegeben hatte. Kardinal Del Monte hatte,
ohne den Namen auch nur zu erwähnen, keinen Zweifel daran gelassen.
    „Findet es selbst heraus, Enrico,
und teilt es Eurem Herrn mit.“
16.
    Die gesamte Straße hinunter hörte
Nerina Micheles Stimme. Er sang eines der Lieder, die in den Gassen Neapels
immer wieder zu hören waren, ein Lied voller Hass auf die spanische Besatzung
Neapels, das sich gegen die drei ‚F‘s entlud: feste, farina, forca. Feste, Mehl
und Galgen sollten die Bewohner Neapels gefügig machen, doch der Volksmund
blieb kritisch, ließ sich nichts verbieten oder sich gar verbiegen. In seinen
Liedern gärte es – und Michele gärte mit. Nero, der sich eng an Nerina
schmiegte, jaulte leise und sah immer wieder zu ihr hoch. Sie kraulte ihm das
Fell und schaute sich unwillkürlich um, ob sich ein Scherge des Vizekönigs in
der Nähe aufhielt, aber diese getrauten sich nach Einbruch der Dunkelheit nicht
in die engen Gassen des Hafenviertels hinunter.
    Die Sucherei in den Osterias und
Schenken hasste sie, aber diesmal blieb ihr nichts anderes übrig. Michele
vertrank das Geld für den Auftrag des Vizekönigs, das ein Bote gebracht hatte –
und wenn es ihr nicht gelang, zumindest eine Handvoll Scudi zurückzubehalten,
dann mussten sie die nächsten Wochen hungern. Das Geld floss Michele wie Wasser
durch die Finger.
    Ein Chor Männerstimmen, die
allesamt nicht mehr ganz den Ton halten konnten, fiel in den Refrain des Liedes
ein, das Michele angestimmt hatte. Fäuste malträtierten die Tische, bis sie
dröhnten. Weinhumpen krachten gegen die Bohlen. Der Lärm wies ihr den Weg. Sie
gebot Nero, vor der Osteria auf sie zu warten. Gehorsam legte er sich nahe der
Türöffnung auf den Boden, die Schnauze zwischen den Beinen, und blickte mit
einem verstörend fragenden Blick auf Nerina.
    „Ich komme gleich wieder“,
flüsterte diese. „Der alte Saufbold ist dort drinnen!“
    Rußiger Geruch drang ihr entgegen,
und der Raum innen schien noch finsterer als die Nacht draußen. Ihre Augen
gewöhnten sich nur langsam an die spärliche Beleuchtung und das Dämmerlicht.
Schließlich verstummte das Lied mitten in der Strophe, als man sie bemerkte. Neugierig
musterte man sie. Inmitten rotgesichtiger Männer erspähte sie Michele. In der
letzten Bank saß er, die Haare wirr, Kinn und Brust voller Weinflecken.
    Sie atmete kurz durch, dann schritt
sie energisch aus, schlängelte sich durch eng beieinander stehende Tische und
Bänke, stieß zwei der Kerle beiseite, die sich an ihrem Hintern zu schaffen
machen wollten, beugte sich über den letzten der Tische, packte Michele an
seinem Wams und zerrte ihn aus der hintersten Bank hervor. Willig ließ er es
unter dem Johlen und Klatschen seiner Kumpane geschehen. Mit der rechten zog
Nerina an Michele, mit der linken Hand teilte

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