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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Schalk, jegliche Ironie waren daraus gewichen. An deren
Stelle trat ein bitterer Ernst.
    „Wie meint Ihr das?“
    „Nun, ich weiß, dass Ferdinando die
Bilder gern an Scipione Borghese weitergäbe, für den Preis der Kardinalswürde.
Dafür ist keines der Gemälde zu haben, obwohl ich Eurem Herrn das Erreichen
seines Ziels wirklich wünschte und gönnen würde. Die italienische Fraktion
benötigt Männer wie ihn, die unabhängig von Spanien sind und sich der
Verlockungen Frankreichs zu erwehren wissen. Leider ist die Möglichkeit,
künftig an Bilder Caravaggios zu kommen, schwieriger geworden.“
    Zusehends verwirrte ihn dieser
Kardinal. Statt Antworten zu erhalten, schwirrten ihm jetzt ein halbes Dutzend
Fragen im Kopf herum, und er wusste nicht recht, mit welcher er beginnen
sollte, da er befürchtete, mit einer einzigen den Redefluss Del Montes zu
stoppen und sich damit die Gelegenheit zu verbauen, weitere Fragen zu stellen.
    „Ihr sprecht in Rätseln.“
    Mit einem Ausdruck des Erstaunens
legte der Kardinal den Kopf schief. Ein Lachen spielte um die Mundwinkel des
Kardinals, von dem Enrico nicht sagen konnte, ob es spöttische Überheblichkeit
war.
    „Papst Paul ließ das Atelier Cavaliere
d’Arpinos durchsuchen und alle Bilder Caravaggios beschlagnahmen!“
    Die Mitteilung verschlug Enrico den
Atem. Gleichzeitig gelangten sie vor einem Bild an, das ihn noch mehr aus dem
Gleichgewicht brachte. Es hatte direkt hinter der Tür gehangen und war bislang
seinem Blick entzogen gewesen. Plötzlich wusste er nicht mehr, was ihn mehr aus
der Fassung brachte.
    „Ich dachte, Ihr hättet alle Bilder
aufgekauft!“
    „Weit gefehlt. Cavaliere d’Arpino
veräußerte sie behutsam. Schließlich muss er davon leben. Seit Caravaggio ihm
die besten Aufträge weggeschnappt hatte, waren sie sich nicht mehr ganz
gewogen, aber d’Arpino verstand es immerhin, mit den kleinen Bildern, die
Caravaggio als Handzeichnungen angefertigt hatte, Geld zu machen. Das half ihm
über die ersten Schwierigkeiten hinweg. Leider rechnete er nicht mit dem Papst
und seinen Schergen. Ein Fehler, wie sich herausstellte. Selbst der Marchese
Giustiniani deponiert eines seiner Bilder hier bei mir, bevor er es aus Rom
herausschaffen lässt, weil er befürchtet, dass es dem Bildersturm des Papstes
zum Opfer fällt. Gefällt Euch der siegreiche Amor?“
    Das Gemälde lenkte Enrico in der
Tat ab. Nackt präsentierte sich Amor vor ihm. Die Beine gespreizt, sodass sein
kindlich unentwickeltes Geschlecht im Mittelpunkt stand. Übermütig lächelnd
stieg er über die Dinge der Welt hinweg, Musikinstrumente, Harnisch, Bücher, Ehrenzeichen.
Nichts davon galt in seiner Welt als die Erotik der Situation. Und die wurde
verstärkt durch einen Umstand, den nur Caravaggio so hatte darstellen können.
Amor trug gewaltige Flügel, ein Geflügel aus weichen Schwingenfedern, deren
eine sanft über seinen linken Oberschenkel strich, als hätte er sich dort beim
Übersteigen der Nichtigkeiten dieser Welt kurz verheddert, aber auch wie um den
Körper des Jünglings zu streicheln und so dem gesamten Bild ein geradezu
überirdisches Knistern, ein fühlbar sinnliches Rascheln eben dieser
Schwingenfedern mitzugeben.
    „In der Tat, ein bemerkenswertes
Bild.“
    „Nur gehört es mir nicht, Enrico.
Leider. Der Marchese Giustiniani gilt ebenfalls als Sammler und Mäzen. Wie ich
hat er die Qualitäten Caravaggios früh erkannt. Leider“
    Ein Stoßseufzer ließ Enrico
vermuten, dass Kardinal Del Monte dieses Bild am liebsten selbst behalten und
nicht wieder herausgegeben hätte. Aber die Brüder Giustiniani, von denen einer
die Kardinalswürde trug, hinterging man nicht, nicht wenn man Del Monte hieß.
    Enrico riss sich von der erotischen
Ausstrahlung des Amors fort. Zu sehr fesselte ihn hier die hintergründige
Darstellung der Männerliebe. Solch ein Bild konnte in den Händen der Spanier
direkt auf den Scheiterhaufen führen.
    „Er hat es in meinem Hause gemalt“,
ergänzte Del Monte. Deutlich sprach der Stolz aus seiner Stimme, und Enrico
stellte sich die Verschläge unter dem Dach des Palastes Madama vor, in denen
Künstler und Wissenschaftler Tür an Tür hausten: winzig, eng, stickig und im Sommer
unerträglich warm. Eine Marter für jene, die dort wohnten, aber besser als die
Gosse.
    Enrico versuchte wieder einen
klaren Gedanken zu fassen. Was hatte der Kardinal eben noch gesagt, bevor er
selbst sich vom Amor hatte gefangen nehmen lassen? Man wollte Michele lieber
tot

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