Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)
Leibstuhl saß und sich erleichterte. Und er, Don Rodrigo Borja y Doms, musste – als hätten die hunderttausend Scudi, die er ihm versprochen hatte, nicht schon gereicht – vor ihm niederknien und seine Füße küssen.
Vielleicht würde er auch erreichen, dass man ihm den Verlust seines Bruders durch ein großzügiges Geschenk versüßte – die Sabbioneta-Burg, die momentan ohne Herrschaft war zum Beispiel. Dann würde auch der Herrscher Mailands seine Zustimmung erteilen, de’ Medici zum Vizekanzler zu machen. So würde eine wertvolle Allianz besiegelt werden – wenigstens bis zum Tode einer der beiden.
Das eigentliche Problem blieb Cesare. Da sein rebellischer Charakter ihn dazu verleitete, sich seinem Vater zu widersetzen, würde ihn Alexander über diese Allianz notgedrungen im Dunkeln lassen müssen. Doch er wusste bereits, wie er seinen ehrgeizigen Sohn kontrollieren konnte. Alexander vermutete, dass er an der französischen Krankheit, auch bekannt als Syphilis, litt. Die wiederholten Wutausbrüche sprachen jedenfalls dafür. Und Cesares geistige Aussetzer. Vor ein paar Tagen hatte er stundenlang gewütet und dabei italienische und spanische Satzfetzen durcheinandergebracht. Er hatte sich erst nach Stunden beruhigt und war wieder zu Sinnen gekommen, nur um dann erneut wutentbrannt und vage Drohungen gegen seinen eigenen Vater ausstoßend davonzulaufen.
Zugegebenerweise war die Pest eine hinterhältige Bestie, vor der man sich allzeit in Acht nehmen musste, doch Cesares Unbeherrschtheit hatte de’ Medici sehr erstaunt und überaus betroffen gemacht. Es war ihm bereits mehrfach an verschiedenen europäischen Höfen zu Ohren gekommen, dass Cesare auf höchst unrühmliche Weise die Fassung verlor; einige dieser Auftritte hatte er auch mit eigenen Augen gesehen. Sie warfen kein gutes Licht auf den ältesten Sohn seiner Heiligkeit – andererseits war Cesare weiterhin der zuverlässigste Überbringer des päpstlichen Willens. Seinem Bruder, dem edlen Juan, brachte man hingegen große Wertschätzung entgegen. Der Papst betete jeden Tag um Gerechtigkeit – dass der Mörder seines Sohnes dafür mit dem eigenen Tod büßen möge.
Das Geraschel der Kardinalsgewänder war noch nicht in der engen Treppenflucht der Festung verhallt, da befahl Alexander seinem Diener Burcardo, ihm umgehend Sforza zu schicken. Eine Phrase, vielleicht nur ein Wort war der jungen Zunge des Medici entfleucht. Hätte er recht, würde genau dies der Pflock sein, der den Marmor sprengen würde, hinter dem er bereits die Türme von Florenz in seinen Händen sah. Sein persönlicher Pflock verspürte auch eine Regung: Wenn er mit Sforza fertig wäre, würde er sich die Mütze eines Hidalgos aufsetzen und in weitere – allerdings weichere und feuchtere – Mauern eindringen.
34
Die Wälder bei Cintoia, 6. November 1497
Der Nieselregen tauchte die Landschaft in glänzende ockerfarbene, braune und grüne Schattierungen. Durch das Fensterchen ihres Gefängnisses konnte Leonora beobachten, wie die Natur dem Wechsel der Jahreszeiten folgte. Auch die Veränderungen ihres Leibes schienen einem ewigen Plan zu folgen: Fett hatte sich um ihre Hüfte angesammelt und ließ ihren Körper runder erscheinen.
»Ich werde rund wie ein Ei«, sagte sie zu sich, »damit das Küken mehr Platz hat.«
Auch ihre Brüste hatten sich vergrößert, und bereits die Reibung ihres Gewandes auf den Brustwarzen reichte aus, dass sie anschwollen und hart wurden. Manchmal war das angenehm, manchmal auch nicht. Nachts, wenn sie wie so oft aus Angst vor den Zudringlichkeiten des Mönchs wach lag, verlor sie sich in süßen Träumen von kleinen Lippen, die an ihren Brüsten saugten. Dann tauchte auch Ferruccio in ihren Erinnerungen auf. Er hatte ganz andere Lippen, Lippen, die von einem Bart umrandet waren, der sie pikte. Sie erinnerte sich an seine Küsse, die ihr Kinn und die Wangen erröten ließen. Dann pochte ihr Schoß, und sie wünschte sich, dass ihre Lust durch die Schwangerschaft unterdrückt würde, aber das war leider ganz und gar nicht der Fall. Wenn die Lust und die Erinnerungen zu stark wurden, ließ sie ihre Hand zu ihrer weichen Scham hinabgleiten und versenkte ihre Finger zwischen den geschlossenen Schenkeln. Während sie sich langsam streichelte und ihrer jeweiligen Stimmung nachgab, hatte sie jedoch stets die Tür im Blick und achtete auf jedes Geräusch, und wenn ihre Lust den Höhepunkt erreichte, schrie sie lautlos und mit zusammengepressten
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