Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)
Bethanien kamen zu mir und erzählten mir von dem plötzlichen Tod ihres Bruders, der seit Jahren an Epilepsie gelitten hatte. »Ein Dämon hat ihn fortgeholt«, sagten sie, »und wir haben ihn begraben.« Von den Mönchen hatte ich viel über diese Krankheit gelernt, und als ich erfuhr, dass sie ihn in einer Grotte begraben hatten, bat ich die beiden Frauen, mich sofort zu seiner Grabstätte zu bringen. Ich ließ die Steine, die den Eingang verschlossen, entfernen und fand ihn in Leinenbinden gewickelt, die nach Myrrhe rochen. Ich riss sie von seinem Gesicht und presste meine Finger an seine Schläfen und hielt ihm starken Essig unter die Nase, während ich mehrmals laut seinen Namen rief. Da öffnete Lazarus die Augen, wunderte sich über den Ort, an dem er sich befand, und umarmte seine Schwestern. Sie erzählten allen, dass er dank meines Zaubers und meiner Gebete aus dem Reich der Toten auferstanden sei. Judas flehte mich an, sie in diesem Glauben zu lassen, doch das einzige Wunder war mein Wissen über die Heilmittel für diese Krankheit.
18.Als ich vor den Sanhedrin gebracht wurde, wusste ich bereits, dass ich angeklagt und verurteilt würde. Der Hohepriester Kaiphas war nicht handlungsfähig, doch hinter ihm stand sein Schwiegervater Hannas, der wesentlich kaltblütiger und gut vorbereitet war. Sie beschuldigten mich der Gotteslästerung, doch als ich Kaiphas nach der Bedeutung von Elohim fragte, dem Namen, den wir unserem Gott geben, antwortete er mir richtig: »Es bedeutet Die, die aus dem Himmel kommen .« »Welcher aber«, fragte ich ihn, »ist der Gott Abrahams, wenn das Buch der Gesetze selbst mehr als einen Gott nennt?« Auf sein Stillschweigen antwortete ich, dass Gott deshalb in der Mehrzahl ist, weil er in einem jeden von uns ist.
19.Im Angesicht des Todes hatte ich Angst und konnte meinen Geist nicht so weit über den Körper erheben, dass er keine Schmerzen und keine Angst vor dem vermeintlichen Tod verspürte. Ich verstand, dass ich noch viel von meinem Meister zu lernen hatte, und wandte mich an ihn. Seine Energie erreichte mich, und mir wurde geholfen. Mein Karma fand seine Erfüllung, als ich in jene Berge zurückkehrte, die meine zweite Heimat sind, denn mein Weg der Erkenntnis war noch nicht beendet und musste zusammen mit dem Samen der Liebe weiterwachsen und sich über die Erde verteilen. So erfuhr ich, dass sich ein Gedanke an das Morgen wendet, solange wir eine Aufgabe vollbringen oder ein Ziel erreichen müssen. Das Leben fließt in uns und bringt uns voran, bis unsere Seele in Millionen Atome zerplatzt, um dem Menschen neues Leben zu geben. Wer geliebt hat, wird meine Worte verstehen, und sein Geist wird sich erheben, bis er auf das Gute stößt, auf den Gott, der jedem von uns innewohnt.
Danksagungen
Dieser Roman sei meinem Vater mit Dank gewidmet, den ich vielleicht nicht genug geliebt habe, der mich aber als Erster zu diesem Werk inspirierte. Meiner Familie danke ich für den Raum, die Ruhe und den Trost, den sie mir bot, und für ihre Anteilnahme. Nur so konnte sich der Roman entwickeln. Meine Frau Giovanna unterstützte mich, die medizinischen Passagen flüssiger zu gestalten. Mein ganz besonderer Dank gilt jedoch Piergiorgio Nicolazzini. Mittlerweile ist er nicht nur mein Agent, sondern auch mein Freund, der mich antreibt, unterstützt und kritisiert. Ein treuer Freund in Zeiten der Schwierigkeiten und des Erfolgs. Giulia Carla de Carlo schulde ich Dank für ihre Unterstützung bei den Recherchearbeiten zu diesem Roman. Eine wertvolle Unterstützung waren auch die Ratschläge von Fabrizio Cocco, meinem unübertrefflichen Lektor, und Antonio Moro: Ihre Beiträge waren nicht nur das Ergebnis einer großen professionellen Anstrengung, sondern auch einer emotionalen. Den Verlag Longanesi lernte ich als einen Riesen mit Fingerspitzengefühl kennen.
Es gibt noch viele weitere Personen, die ihren Beitrag zur Realisierung dieses Buches – manchmal auch unwissentlich – geleistet haben: mit ihrer Lebenserfahrung, einer Bemerkung oder einem Treffen, über das ich nachdachte. Dieser Roman ist das Geschenk der Freiheit, das ich zuerst mir selbst machte und nun dem Leser übergebe. Lesen macht frei, und nur in Freiheit kann man bewusst Entscheidungen treffen. » Airesi s« bedeutet im Griechischen »die Wahl« und »häretisch«, also ketzerisch zu sein, bedeutet einfach nur, sich dafür zu entscheiden, die Wahl zu haben. In einer Welt, wie ich sie mir wünsche, sollten alle Ketzer
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