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Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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der eine, ein jungerStier der andere, wenngleich sein Temperament dem einer äsenden Kuh glich. Kein Vergleich zu ihm! Das Wappen der Medici, ein Stier, der stolz seine Testikel und sein Geschlechtsteil präsentierte, war nichts gegen das der Borgia. Leider hielt ihn der Kardinal mit seinen schlaffen Fingern aber just an diesen Eiern fest, mochten sie auch noch so groß sein. Giovanni hatte ihn in die Enge getrieben und dann schachmatt gesetzt. Dass er so schlau gewesen war, ihn nicht vollkommen wehrlos mit dem Rücken gegen die Wand zu treiben, in der Hoffnung, er beginge eine Verzweiflungstat, hatte ihm schließlich zum Triumph verholfen.
    Nachdem der Kardinal seine Geschichte beendet hatte, begriff Alexander, dass alles, was Giovanni berichtet hatte, der Wahrheit entsprach und seine Prophezeiungen durch und durch logisch waren. Das Buch existierte wirklich. Medici war weder ein Wahnsinniger noch ein Dummkopf – und solange das Buch in seinem Besitz war, gab es eine Pattsituation. So ungern er dies zugab: So taktisch verhielten sich nur einflussreiche Familien wie die Borgia oder die Medici; ihre Geschichte verlangte es von ihnen, denn nur mit Allianzen konnte man seine Macht erhalten. Nun war es an ihm, den nächsten Schachzug auszuführen, den König zu befreien und notfalls auch ein Pferd dafür zu opfern. Eines hatte er schon vor ein paar Monaten geopfert: einen Rassehengst, der den Namen Juan trug, seinen Sohn. In diesem Fall würde er seine Ambitionen auf ein eigenes Königreich opfern, aber nicht auf ewig. Ewig war nur der Tod.
    »Ihr wollt also …«
    »… dass Ihr Papst bleibt, dass Ihr nicht König werdet und dass ich in Eurer Nähe sitze und in ferner Zukunft Euren Platz einnehme.«
    Natürlich, Giovanni wollte einen Tauschhandel, ein divide et impera sempeter, wie es zwischen Regierenden üblich ist. Einen Tauschhandel, wie er ihn mit Innozenz eingegangen war. Im Kern geht es immer um die Sicherung der Privilegien, und nicht selten einigen sich Parteien, die einander den Krieg erklärt haben im Vorfeld, dass die Substanz der Dinge unantastbar sei.
    An seinem rechten Ringfinger bewunderte Alexander den Fischerring. Die Tradition wollte es, dass er beim Ableben des Papstes zerstört werden würde. Wenn er sich jedoch das Königsamt sicherte, würde er ihn seinem Sohn weitergeben können. Alexander betrachtete das Symbol seiner Macht und dachte über seine Dynastie nach – allerdings nur kurz. Viel stärker beschäftigte ihn die Möglichkeit, dass er als erster Pontifex in die Geschichte eingehen könnte, der nach dem Königtum strebte und dabei von seinenWidersachern hinweggefegt worden war. Ohne noch einmal Luft zu holen, gab er seine Antwort.
    »Wir müssten Cesare also zwingen, auf eine Dynastie der Borgia zu verzichten?«
    »Sagt mir nicht, dass Ihr es allen Ernstes vorzieht, Majestät statt Heiliger Vater genannt zu werden! Als König seid Ihr nur einer unter den vielen Mächtigen auf dieser Erde, als Pontifex jedoch der Erste und Einzige, der alleinig Mächtige. Diese Bescheidenheit passt nicht zu Euch. Ich erinnere mich, was mein Vater sagte: Schau, mein Sohn, er ist ein Fürst, der nie König sein wird, und doch ist er mächtiger als alle Könige zusammen.«
    »Euer Vater war ein einflussreicher und weiser Mann. Darum hatte er auch so viele Feinde«, bemerkte der Papst hämisch. »Sein einziger Fehler war, dass er Eure Schwester Magdalena mit diesem Idioten von Fränzchen vermählte.«
    »Er war der Sohn eines Papstes und eine gute Partie, der gesellschaftlichen Stellung Magdalenas angemessen.«
    »Nun, wie dem auch sei. Das soll weder Uns noch Euch interessieren«, unterbrach ihn der Papst. »Wärt Ihr eine Frau, so hätten Wir Euch Cesare zum Gemahl gegeben, und alle Probleme Unserer und Eurer Dynastie wären gelöst.«
    »Glaubt mir, Eure Heiligkeit, nichts hätte mich glücklicher gemacht als das. Doch der gute Gott hat es anders gewollt.«
    Ärgerlich bemerkte Alexander, dass de’ Medici jeden seiner Schachzüge mit einem Gegenzug beantwortete. Sein Lehrer hatte ihn gelehrt, dass es in solchen Fällen besser war, ein Patt anzubieten, als unter allen Umständen das Schachmatt zu suchen und dabei zu riskieren, die gesamte Partie zu verlieren. Einen letzten Zug wollte Alexander allerdings noch versuchen und dabei eine zentraleInformation aus Giovanni herauskitzeln, obwohl es mittlerweile nicht mehr so wichtig war.
    Mit einem Lächeln auf den Lippen wandte er sich an den Kardinal. »Ich wage

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