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Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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flachen Seite seiner Schwertklinge eine Breitseite und brach ihm dabei beide Knöchel. Dann riss er einem seiner Wachen die Ketten aus der Hand, hievte den Gefangenen hoch, legte ihn quer vor sich über sein Pferd und ritt zielstrebig durch die Menge in Richtung Sankt Peter.
    Ferruccio beobachtete ihn, wie er sich mit dem Opfer entfernte. Er verstand, wie glaubwürdig die Versprechen derjenigen waren, die alles im Leben als käuflich betrachteten und die ihr Königreich unter der vermeintlichen Ägide eines Mannes errichten wollten, der von seinen eigenen Jüngern verraten und gekreuzigt worden war. Er für seinen Teil würde jedenfalls keine Ruhe geben, bis er wieder mit Leonora vereint wäre – egal wie, und sei es mit Hilfe der Medici, der Borgia, des Sultans oder des Teufels höchstpersönlich!
    Die Kardinäle Sforza und Orsini sowie der Bischof von Monreale saßen auf den hölzernen Gebetsbänken entlang der Wand; gegenüber auf der anderen Seite des Saals saßen Cesare und Giovanni Burcardo auf zwei Stühlen, und in der Mitte thronte Alexander auf einem kleineren Exemplar der Sedia gestatoria . Neben ihm stand der Großmeister des Hospitalordens, Kardinal d’Aubusson, in kompletter Kampfrüstung, mit Beinschienen und Handschuhen aus Eisen. Aus dem mit Gold verzierten Brustpanzer ragten die kräftigen Arme wie zwei Eichenstämme heraus, und in den Händen hielt er seinen Helm.
    Kniend und mit gebrochenen Knöcheln starrte Giorgio, der Slawe, diesen Racheengel an, der neben dem höchsten Richter stand. Carlo Canale hatte ihn von seinen Ketten befreit, stand aber hinter ihm – und wartete nur auf ein Zeichen seines Herrn, um ihm mit seinem mächtigen Schwert erneut eine Breitseite zu verpassen.
    »Kopf hoch, mein Schiffer.«
    Die honigsüße Stimme des Papstes war wie Salbe auf seinen Wunden. »Erzähle uns, was du weißt, und niemand wird dir ein Leid zufügen. Aber achte darauf, dass du die Wahrheit sprichst. Die nackte Wahrheit – nackt wie unser Herr am Kreuz. Und wisse, dass er alles sieht und alles weiß. Und derjenige, der ihn verriet, starb erhängt von Gottes eigener Hand.«
    Der Slawe schluckte und holte mehrmals Luft. Doch als er den bärtigen Engel in Rüstung sah, der da breitbeinig vor ihm stand und die Fäuste ballte, lockerte sich seine Zunge wie durch ein Wunder.
    »Es war gestern. Die Stunde vor Mitternacht. Ich ruhte auf meinem Kahn, als ich vor dem San-Girolamo-Hospital zwei Ritter erblickte. Einer der beiden hatte quer über seinem Sattel einen Körper liegen. Dessen Beine und Armen hingen schlaff herunter. Dort, wo der Unrat weggeworfen wird, blieben sie stehen, mein Vater. Sie stiegen ab, nahmen den Körper, beschwerten ihn mit einem großen Stein und warfen ihn schnell ins Wasser. Um nicht gesehen zu werden, duckte ich mich. Dann hörte ich das Platschen und dann, wie sie sich auf ihren Pferden entfernten. In verschiedene Richtungen.«
    »Warum hast du nicht die Wachen verständigt?« Die Stimme des Engels war tief und mahnend. »Der Nona-Kerker ist nur ein paar Schritte entfernt.«
    »Mein guter Herr, ich habe in meinem Leben bereits über hundert dieser Geschäfte gesehen, und noch nie hat sich jemand für diese Körper interessiert. Darum habe ich, meinem Glauben nach, für diese Seele gebetet und dann weitergeruht.«
    »Hast du gehört, ob die Ritter miteinander sprachen?«
    »Ja, Herr, einer sagte: ›Micheletto, bist du sicher?‹ Und der andere antwortete: ›Bei Gott, wenn neun Dolchstöße nicht reichen…‹«
    Alexander legte die Hand vor seine Augen, während d’Aubusson unbeeindruckt stehen blieb. Der alte Bischof von Monreale tat so, als hätte er nichts gehört. Sforza und Orsini wechselten vielsagende Blicke, und Burcardo wollte bereits sein Notizbüchlein hervorholen, ließ es dann aber bleiben. Der Einzige, der unbeweglich dasaß, war Cesare. In der Pause, die auf die Enthüllung hinführte, dass er an der Ermordung des Herzogs von Gandia beteiligt gewesen war, sprang er auf. Er riss den Slawen an seinen Haaren hoch, steckte ihm ein Goldstück in die Tasche und zwang ihn, seine Zunge herauszustrecken. Mit seiner Misérecordia, die er in seinem Ärmel trug, trennte er sie mit einem schnellen Schnitt ab, spießte sie auf und rammte die Klinge seines Dolches samt Zunge in den Tisch.
    »Er wusste nichts über die Tugend des Schweigens«, flüsterte Sforza Orsini zu. »Nun ist er gezwungen, sie zu schätzen.«
    Alexander bedeutete Carlo Canale, den Schiffer fortzuschaffen,

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