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Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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Reise, die ihr Leben für immer verändern würde. Ihres und unseres.
    »Das ergibt alles keinen Sinn!«, unterbrach Ferruccio Gua Li erneut.
    »Indien, China, der Ganges … Was hat das alles mit Jesus zu tun, den Ihr – warum auch immer – Īsā nennt. Und ich frage mich, warum Ihr ausgerechnet mir diese Dinge erzählt.«
    »Die Nacht naht«, antwortete Ada Ta an Gua Lis statt, »und mit ihr der Schlaf, der dem Geist erlaubt zu atmen und der Seele, sich vom Unrat des Tages zu reinigen. Mein feiner Scharfsinn und die Düfte, die die Luft schwängern, verraten mir, dass der bärtige Ritter, der die Ehre hat, uns seine Gastfreundschaft zu gewähren, ein großzügiges Abendmahl zubereiten ließ. Gemüse, Braten, Käse und Obst harren unserer – lasst uns gehen und essen.«
    »Ihr habt eine feine Witterung«, erwiderte Gabriel und rieb sich die Hände. »Doch wie konntet Ihr diese Wohlgerüche alle unterscheiden?«
    »Das ist nicht einfach. Die Nase muss sich in perfektem Einklang mit dem Geist befinden, und dieser muss sich in einem mystischen Reigen verlieren und zulassen, dass die Gerüche in den Körper eindringen. Vor allem aber habe ich während Gua Lis Erzählung einen kurzen Blick in die Küchen geworfen.«
    Das Abendmahl war bereits halb verzehrt, als Gabriel endlich verstand und laut lachte.

25
    Rom, 5. August 1497
    Dunkles Blut floss aus ihrer Vagina. Bleich und schweißüberströmt vernahm Lucrezia Borgia Worte, die in ihren Ohren wie wüste Flüche klangen. Unablässig wurden Jesus, die Heilige Jungfrau und ein barmherziger Gott angefleht, den sie nie kennengelernt hatte. Auch dem heiligen Dominikus, dem Ordensgründer, der bemüht wurde, war sie bisher noch nicht begegnet. Vielleicht hatte sie, ohne es zu bemerken, ein Gemisch aus Petersilie, Mutterkorn, Weidenblättern, Klee und was sonst noch geschluckt. Sie kannten alle Methoden, um abzutreiben, doch diesmal traf sie keine Schuld. Vielleicht war es Fatum – aber es war eher wahrscheinlicher, dass es die gleiche, von bestimmten Interessen geführte Hand war, die auch für den Tod Juans verantwortlich zeichnete.
    Sie wollte dieses Kind, denn egal von wem es war, es würde nach ihrem Vater und ihrem Bruder König werden. Sie würde Cesare sagen, dass es sein Kind sei, und das Gleiche ihrem Vater – es konnte aber gleichwohl auch von Pedro abstammen. Früher oder später würde sie jedenfalls die Königinmutter sein.
    Mittlerweile war dies alles jedoch nicht mehr wichtig. Ihre Zukunft war irgendwo – verloren, sinnlos. Nun musste sie nur noch eines: überleben. Sie würde es schaffen, das wusste sie, und wenn es nur deshalb wäre, um dem Himmel einen Streich zu spielen und die hemmungslosen Klageweiber, die ihren Dienst bereits begonnen hatten, um ihren Obolus zu bringen.
    Wie eine der Erinnyen trat die Äbtissin ein und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Was ist geschehen?«
    Die Schwester, die für die Kräutermischungen zuständig war, wies auf ein blutiges Leinenbündel und schüttelte den Kopf.
    »Was hast du ihr gegeben?«
    »Eine Mischung aus warmem Wein, Mutter, so wie es …«
    »Du bist unfähig!«, zischte ihr die Äbtissin ins Ohr. »Damit erhöhst du nur den Blutfluss, mehr nicht. Nimm nasse Tücher und wechsele sie häufig. Und gib ihr einen Aufguss aus Fenchelsamen.«
    »Aber es ist noch zu früh, Mutter.«
    »Zu früh wofür? Um sie sterben zu sehen?«
    »Ich meinte die Jahreszeit …«
    »Red kein dummes Zeug. Schick jemanden auf den Markt; für Geld findet man dort alles.«
    Die Kräuterfrau verbeugte sich unterwürfig, doch die Äbtissin beachtete sie bereits nicht mehr. Sie hatte die Ärmel hochgekrempelt und sich Lucrezia zugewandt. Sie zog das Laken in dem Augenblick beiseite, als sich ein weiterer Blutschwall auf die Rosshaarmatratze ergoss. Einige der anwesenden Schwestern hielten sich die Hand vor den Mund oder drehten das Gesicht zur Wand, als die Äbtissin drei Finger auf Lucrezias Schamhügel legte und entschlossen zudrückte. Die Äbtissin verharrte bewegungslos in dieser Position und starrte ohne Unterlass zwischen Lucrezias Beine. Als sie sah, dass Lucrezias Zungenspitze über ihre Lippen glitt und ihre Wangen wieder Farbe bekamen, lockerte sie leicht den Druck.
    »Komm, halte durch, mein Mädchen«, flüsterte sie ihr zu, »beiß die Zähne zusammen.«
    »Mutter Candida … ich war es nicht …«
    »Das weiß ich, und ich verspreche dir: Ich werde herausfinden, wer es war.«
    »Es war Gott oder jemand, der ihm sehr

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