Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
zusammengestoßen sein können.
Was war nur mit ihm los? Vorhin die Tür und jetzt das! Er schüttelte verwirrt den Kopf.
»Wie steht mir der?« Querno schob den Jadereif übers Handgelenk und sah Omar fragend an.
Er wird ihn doch nicht etwa anbehalten! Vertos knetete nervös die Hände.
»Ich glaube, der ist zu unpraktisch. Bring ihn in die Kammer.« Querno reichte Omar den Reif.
»Ich hab keinen Schlüssel dafür. Das weißt du doch.«
»Ach ja, warte, ich komm gleich wieder, ich muss sowieso in die Richtung.« Querno schwankte leicht, als er auf den Torbogen zuging und dahinter verschwand. Kurz darauf kam er zurück. Sein Haar war nass, die Wangen noch immer gerötet, doch sein Blick war wieder scharf, und er schwankte nicht mehr. Er nahm Omar den Reif aus der Hand, winkte den beiden bulligen Männern, die unauffällig im Hintergrund gesessen hatten, ihm zu folgen, und verließ den Raum.
War das nicht die Gelegenheit, ihn zu töten? Mit dreien würden sie leicht fertig.
Doch Vertos schien keine Kampfabsichten zu haben. Er blieb den Männern nur dicht auf den Fersen. Interessiert beobachteten die beiden unsichtbaren Verfolger, wie Querno eine Felswand verschwinden ließ und ein starkes Eisengitter aufschloss. Nach einer weiteren Biegung standen sie vor einer massiven Metalltür, auf die in dünnen Linien eine Schlacht zwischen zwei großen Heeren graviert war. Querno drückte einem galoppierenden Streitross ins leicht vertiefte Auge, berührte einen fallenden Söldner an der Brust und steckte dann den Schlüssel ins Schloss, der sich lautlos drehen ließ. Die Tür sprang auf. Neugierig drängten sich Vertos und Saranga hinter dem Gildenführer in die Schatzkammer.
*
Der Reiter war tief im Sattel zusammengesunken, und sein gleichmäßiger Atem verriet, dass er eingeschlafen war. Die alte Stute war froh, eine langsamere Gangart einlegen zu können, und bemühte sich, den Schläfer nicht zu wecken. Langsam folgte sie dem Pfad zwischen den hoch aufragenden Tannen. Ab und zu zupfte sie sich ein paar saftige Kräuter, ehe sie ihren Weg fortsetzte. Als sie wieder einmal stehen blieb und sich hinabbeugte, verlor der Schlafende plötzlich das Gleichgewicht, rutschte kopfüber nach vorn und kugelte ins Gras. Knurrend schob er den Hut in den Nacken und wischte sich den Schlaf aus den Augen.
»He, warum wirfst du mich ab, du undankbares Vieh? Hab ich dich nicht immer gut behandelt?« Stöhnend richtete er sich auf und schwang sich wieder in den Sattel.
»Wir hätten doch den Umweg über die Handelsstraße nehmen sollen. Jetzt haben wir uns verlaufen und werden den Weg zur Burg nie finden.« Missmutig trieb er die Stute an und folgte dem Pfad weiter nach Norden.
»Lamina wird sich freuen, ihren alten Vater wieder zu sehen. Was tut das arme Kind nur so allein auf der großen Burg? Sie braucht die starke Hand von Cewell Mojewsky!« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, die Stute aber schnaubte unwillig.
»Widersprich mir nicht, du dummes Tier. Frauen sind alleine völlig hilflos. Sie brauchen einen Gatten oder Verwandten, der auf sie aufpasst. Sarah sagt das auch. Das war schließlich schon immer so.«
Jeder, der Cewell kannte, hätte erstaunt den Kopf geschüttelt. Dieser ungepflegte, magere Alte sollte der reiche Kaufmann von Fenon sein?
In nur wenigen Wochen war der stolze Mann zu einem Schatten seiner selbst geworden. Die Entführung seiner Tochter, der gewaltsame Tod seiner Frau und der Verlust seines Vermögens, das Opfer der Flammen geworden war, hatten ihn gebrochen.
Müde erklomm das Pferd einen Hügel und blieb einige Augenblicke stehen, um zu verschnaufen. Als die Bäume sich teilten, gaben sie den Blick auf einen kleinen See am Fuß der Silberberge frei, aus dessen klarem Wasser die Mauern von Burg Theron aufragten.
Cewell rieb sich die Augen, doch das Bild blieb. »Juichen, alte Mähre, wir haben es geschafft! Jetzt wird alles wieder gut.« Er schlug der Stute die Fersen in die Flanken und ritt in flottem Trab auf die Zugbrücke zu.
Die Tür zur Bibliothek öffnete sich schwungvoll. Der Luftzug fuhr in die Flammen der eingefassten Feuerstelle und jagte einen Funkenwirbel den Kamin hoch. Lamina runzelte die Stirn, als sie von ihrem Buch aufsah und ihren Vater betrachtete, der mit einem Krug Wein in der einen und zwei Bechern in der anderen Hand in der Türöffnung stand. Seine Nase leuchtete im flackernden Feuerschein und zeigte, dass es nicht der erste Wein war, den er an diesem Abend
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