Das Vermächtnis des Martí Barbany
gebt, den ich verdiene, wie ich glaube, und selbst wenn mir das ganze Volk huldigt, trotzdem behandelt mich Euer Sohn Pedro Ramón jetzt und in Zukunft als jemanden, der sich seine Rechte aneignet, wo ich sie doch, so meine ich, niemals angetastet habe.«
Ramón strich sich bedächtig über den Bart.
»Ihr kennt ja seinen Charakter: Er ist rau und jähzornig, aber er wird nie die Hand gegen Euch erheben.«
»So weit könnte es mit uns kommen! Dass er wild, misstrauisch und eifersüchtig ist, das ist seine Sache: Mit seinem Charakter muss er selbst zurechtkommen. Menschen wie er sind unglücklich, sie sehen regelmäßig dort Feinde, wo es nur Schatten gibt, und sie beenden ihre Tage in der schrecklichsten Einsamkeit. Aber er soll sich vor mir hüten. Wenn er nämlich Streit mit mir sucht, wird er mich bereit finden.«
»Um Gottes willen, Almodis! Machen wir nicht aus einem Sandkorn einen ganzen Berg! Habt Erbarmen mit mir. Schließlich bin ich sein Vater, und in diesem Streit stehe ich zwischen euch. Zweifelt nicht, dass ich ihn ermahnen werde, sobald er es noch einmal versucht, aber gönnt mir eine Ruhepause.«
»Mir soll er sie gönnen. Ich habe seine Zügellosigkeiten satt.«
»Welche Rechte eignet Ihr Euch denn an, wie er es nennt?«
»Ich glaube, jede Mutter muss für die Zukunft ihrer Kinder sorgen. Nun denn, sobald ich davon spreche, Ramóns und natürlich auch Berenguers Zukunft zu sichern, und er irgendeinen Kommentar darüber hört, dringt er in meine Gemächer ein und beschuldigt mich, ganz gleich, wer dabei ist, als wollte ich etwas stehlen, was ihm gehört. Ich weiß ja, dass er der Erstgeborene ist, doch ich denke, dass meine Söhne auch Eure sind und dass man unser Erbe angemessen verteilen muss, damit alle etwas davon bekommen.«
Berenguer wollte die Aufmerksamkeit seiner Gattin auf ein anderes Thema lenken.
»Sagt mir, wer ist die zweite Person, die Euch stört?«
Almodis wählte einen Umweg, denn diese Sache war vielleicht noch problematischer als die andere.
»Ich übe Nachsicht mit allen möglichen Fehlern meiner Nächsten. Ich selbst habe viele. Doch wenn mich etwas empört und ich es bei einem Höfling nicht durchgehen lasse, so sind es die sklavische Kriecherei, um dem Herrn zu gefallen, und unbegründete Schmeicheleien. Ich glaube, so etwas beleidigt den Verstand. Wenn der Betreffende denkt, dass Ihr es nicht bemerkt, so hält er Euch für einen Dummkopf, und wenn er im Gegenteil denkt, dass Ihr Euch dessen bewusst seid, so glaubt er, dass Ihr eitel seid. In beiden Fällen beleidigt er Euch.«
»Ich ahne, wen Ihr meint. Aber Ihr irrt Euch.«
»Dann wartet, denn ich will Euch weitere Hinweise geben. Er ist käuflich und hinterhältig, er missbraucht Euer Vertrauen und macht es sich zunutze, um in Eurem Schatten hochzukommen. Wenn er sich dieser Mittel ehrlich bediente, wäre es erträglich: Die Welt gehört den Gerissenen. Aber ich bin mir sicher, dass er jeden Tag sein Vermögen mit Geld vergrößert, das ihm nicht zusteht, sondern in Euren Schatztruhen oder im Besitz der rechtmäßigen Eigentümer sein müsste.«
Der Graf dachte einige Zeit über seine Antwort nach.
»Was die Schmeicheleien betrifft, auf die Ihr anspielt und mit denen mich mein Intendant bedenkt, denn ihn meint Ihr ja, so drückt er als Berater, der keinem adligen Geschlecht entstammt und der in aller Demut äußert, was er von seinem Herrn denkt, damit nur seine Zuneigung aus. Nicht wie irgendein Adliger, der dem Thron nahesteht und der es für eine Schande hält, den höheren Rang des Hauses der Berenguers anzuerkennen, und stattdessen mit dem Grafen von Barcelona von Gleich zu Gleich verkehren will. Zum zweiten Punkt muss ich Euch sagen, dass Montcusí seinen Auftrag mit vorbildlichem Eifer erfüllt und dass er der Versorgungsintendant und der Finanzberater ist, der sich seit langer Zeit am besten um meinen Staatsschatz gekümmert hat. Mir ist es lieber, dass man meine Truhen füllt und etwas in die eigene Tasche steckt, als wenn man grundehrlich ist und keinen Mancuso veruntreut, aber zu wenig die Möglichkeiten nutzt, den Reichtum der Grafschaft zu erhöhen. Mit einem Wort: Angenommen, man bestiehlt mich, dann soll es wenig sein, und selbstverständlich ist mir ein geschickter Schlaukopf lieber als ein ehrlicher Dummkopf.«
»Mein lieber Gemahl, ich möchte Eure Gründe verstehen, aber denkt an das, was ich Euch sage: Gebt acht auf Euren Weinberg, oder es kommt
der Tag, da ihm sein Einfluss und sein Geld
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