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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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Worte genau zu überlegen und begann mit seiner Geschichte.
    »Ich kam in Besalú zur Welt. Wie man mir erzählt hat, starb meine Mutter bei der Entbindung, und meinen Vater habe ich nicht kennengelernt. Ich glaube, er war ein umherziehender Puppenspieler. Die Vorsehung sorgte für mich, und meine winzige Größe half mir: Ein Mann gab mir, was ich zum Überleben brauchte, weil er hoffte, wenn er mich durchbrachte, könnte ich für ihn im Lauf der Zeit zu einer sicheren Einnahmequelle werden. Sein Plan gelang mit der Hilfe einer Ziege, die mehr als genug Milch hatte und tatsächlich meine Amme war. Zwerge wurden ja zu einem guten Preis verkauft, um die Landleute auf den Jahrmärkten zu belustigen. Und wenn sie klug waren und einen hübschen Buckel zeigten, konnten sie sogar an den Hof irgendeiner Grafschaft kommen, damit sie während der langen Winterabende am Kaminfeuer für Unterhaltung sorgten. Ich begriff, was das Schicksal für mich bereithielt, und dieses Angebot reizte mich nicht. Ich schlüpfte am Zollamt auf der Brücke von Besalú durch, indem ich mich im Quersack auf dem Maultier eines Kaufmanns versteckte, der in dieser Nacht zu viel Wein hinuntergekippt hatte und es der Klugheit seines Tiers überließ, nach Hause zurückzufinden. Sobald der Mann zum ersten Mal anhielt, um seine Blase zu leeren, entwischte ich heimlich und verbarg mich im Wald. Die Gegend dort bietet viele Verstecke. Dann flüchtete ich schnell weiter durch Dörfer, kleine und große Städte, und dabei kam ich zu dem Schluss, dass der Mensch mehr für das Böse als für das Gute geschaffen ist und dass es darum besser war, fern von den Menschen zu leben, wenn ich schon keine Vorrangstellung erreichen konnte. Ich überquerte die Pyrenäen und kam in diese Gegenden hier. Seitdem lebe ich im Wald.«
    »Da wir nichts anderes als Menschen sind, begreife ich nicht, warum du Wert darauf gelegt hast, uns kennenzulernen«, erklärte Almodis in fragendem Ton.
    »Bisher habe ich Euch von den Stationen meines Daseins erzählt, aber ich habe Euch nichts von der Macht gesagt, die, wenn ich sie richtig gebrauche, mich aus dem Elend befreien und mir helfen soll, das Leben zu erreichen, nach dem ich mich sehne, und außerdem bringt sie dem, der mich beschützt, große Vorteile.«

    Almodis’ Gesicht verriet Überraschung.
    »Ich verstehe deine Erklärungen immer weniger, aber erzähle weiter: Wenigstens gefällt mir das Gespräch mit dir, und es unterhält mich.«
    »Nun denn, verehrte Herrin. Obwohl Euch die Umstände abgelenkt haben, erinnert Ihr Euch sicherlich, dass ich nicht wusste, wer durch meinen Wald kam, und dass ich Euch trotzdem bei Eurem Namen gerufen habe.«
    »Daran erinnere ich mich, und deine Geschichte hat mich von meiner ersten Absicht abgebracht, denn das war eine Sache, nach der ich dich fragen wollte.«
    »Das zeichnet mich aus. Unter bestimmten Umständen vermag ich die Zukunft der Leute zu erkennen, und das tue ich ohne alles unnütze Beiwerk: ohne dass ich die Eingeweide von Vögeln prüfe oder deren Flug beobachte, ohne dass ich Öl auf Wasser gieße, um die entstehenden Bilder anzusehen, und ich schütte auch nicht das Blut eines Zickleins in einen Napf, um zu beobachten, wie es gerinnt. Darum sage ich Euch noch einmal: Wenn wir handelseinig werden, habt Ihr in Eurem ganzen Leben – das, wie ich sicher weiß, dramatisch sein wird – einen Auguren an Eurer Seite, der Euch viele, wenn nicht gar alle Ereignisse im Voraus ankündigt, die Euch widerfahren werden, sodass Ihr Euch vor den Leuten in Acht nehmen könnt, die Euch schaden wollen, und das werden viele sein, denn je höher Ihr steigt, desto größeren Neid müsst Ihr erregen. Ich weiß bestimmt, dass Euer Leben auf unerwarteten und sehr gefährlichen Wegen verlaufen wird, die Ihr heute nicht einmal zu ahnen vermögt. Wenn Ihr mich bei Euch habt, könnt Ihr also die Intrigen und Listen vorhersehen, mit denen Euch die Feinde in eine Falle locken wollen. Ganz abgesehen davon, dass ich sehr geistreich bin und es verstehe, Euch in den müßigen Stunden der Winternächte glänzend zu unterhalten.«
    »Es ist nichts Ungewöhnliches, dass du uns erkannt hast«, griff Adalbert ein. »Viele Leute kennen die Kinder der Grafen de la Marche. Wenn du nicht etwas mehr von dieser Fähigkeit beweist, die du zu besitzen behauptest, gehen wir dorthin zurück, woher wir gekommen sind. Andererseits soll meine Schwester heiraten, eine Familie gründen und Kinder haben. Welche Feinde lauern

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