Das Vermächtnis des Martí Barbany
damit er ihn beiden Brautleuten über die Schultern legen konnte. Danach umrundeten sie siebenmal die Chuppah , und man verlas die Ketubba . Schließlich wurden die Ringe übergeben. Der Bräutigam zertrat mit dem rechten Fuß ein Glas, was Glück bringen sollte, während die Anwesenden riefen: »Masal tow!«
Alle verteilten sich auf den Garten und die beiden Säle des Hauses.
Eudald und Martí unterhielten sich mit den Gästen, die die besonderen Freundschafts- und Geschäftsbeziehungen zwischen Baruch und den beiden Männern kannten. Die Diener boten Getränke und Speisen an. Die Brautleute hatten sich in ein hierfür vorbereitetes Zimmer zurückgezogen, womit sie bekundeten, dass die Ehe geschlossen war.
Martí nutzte die Gelegenheit, dass sich der alte Geldverleiher von den Übrigen entfernt hatte, weil er einem Verwalter bestimmte Anweisungen geben wollte.
»Baruch, hört mir einen Augenblick zu.«
»Selbstverständlich, lieber Freund.«
»Ich weiß nicht, ob es möglich ist, doch ich sähe es gern, dass Ihr mit etwas einverstanden seid, was Ruth sehr glücklich machen würde.«
»Worum geht es, Martí?«
»Sie hat mir gestanden, dass es sie zutiefst betrübt, nicht an der Hochzeit ihrer Schwester teilnehmen zu dürfen. Darum habe ich mich verpflichtet, wenn Ihr es gestattet, das Brautpaar zu mir nach Hause zu bringen, damit sie es sehen und sich von ihm verabschieden kann, bevor die beiden abreisen.«
Baruch dachte kurz nach und rang sich zu einem Entschluss durch: »Ich glaube, heute darf man eine Ausnahme machen. Sobald sie hinunterkommen und bevor sie sich dem Fest anschließen, lasse ich sie durch die Küchentür hinaus, und wenn Ihr so liebenswürdig seid, den Wagen in den Hof zu bringen, können sie mit Euch abfahren und Ruth sehen.«
»Danke. Tausend Dank im Namen Eurer Tochter. Ich erwarte Euch am Ausgang.«
»Sagt ihr, dass es mich sehr glücklich macht, ihr eine Freude zu bereiten, und dass ich sie morgen Nachmittag zusammen mit ihrer Mutter bei Euch besuche. Es wird allmählich Zeit, dass der Vogel in sein Nest zurückkehrt.«
Martí rief vergnügt nach seinem Fahrer, und dieser brachte den Wagen an das Gitter der Haustür. Kurz danach erschienen, glücklich und strahlend, Batsheva und Ishaí.
Der junge Ehemann rief stolz: »Welch großartiger Gedanke! Habt Dank. Meine Frau und ich, wir haben es schon zutiefst bedauert, dass wir uns nicht von unserer Schwester verabschieden können.«
Der Fahrer öffnete die Wagentür, und die drei stiegen ein.
Das Fest ging weiter. Die Nacht brach an. Der Garten roch nach Zitronen und Eisenkraut. Die in den Rasen gesteckten Fackeln erleuchteten die jungen Leute, die auf dem erhöhten Platz tanzten. Sie bildeten einen großen Kreis, fassten sich an den Schultern und folgten den Klängen einer Kapelle, die immer schneller spielte.
Die Älteren hatten sich im Innern des großen Hauses zusammengefunden. Eudald unterhielt sich mit dem Vater des Bräutigams, dem Rabbiner Melamed.
Aus den Augenwinkeln beobachtete er ungewollt, wie ein Diener unauffällig zu Baruch und Rivka ging und dem Dayan des Call eine kurze Mitteilung ins Ohr flüsterte.
Benvenist wechselte einen besorgten Blick mit seiner Frau, und nachdem er ihr ein paar Worte gesagt hatte, folgte er dem Diener in den Hausflur.
Während Baruch durch die Tür trat, die den großen Saal vom Flur trennte, stand Rivka hastig auf und ging mit ängstlichem Gesicht zu Eudald. Dieser entschuldigte sich bei seinem Begleiter, und da er ahnte, dass etwas Ernstes vor sich ging, lief er der Frau seines Freundes entgegen.
»Was gibt es, Rivka?«
»Ich kann Euch nichts sagen, außer dass mir Baruch aufgetragen hat, ich soll zu Euch gehen und Euch bitten, unverzüglich in den Hausflur zu kommen.«
Der Domherr setzte das Glas ab, das er in der Hand hielt, und eilte zum Flur.
Die Stimmen klangen gedämpft, als bemühten sie sich um den bei dieser Gelegenheit notwendigen Respekt. Dann war die ängstliche Antwort seines Freundes herauszuhören, und darauf vernahm man jemanden in autoritärem Befehlston.
»Aber was für einen Grund gibt es dafür?«
»Das weiß ich nicht. Ich führe lediglich Befehle aus.«
»Kann ich nicht morgen zu einer vereinbarten Zeit kommen?«, fragte der alte Benvenist. »Heute ist die Hochzeit meiner Tochter. Ich habe das Haus voller Freunde, die mich vermissen würden.«
»Ich bedaure. Ich bin ein einfacher Offizier, und ich habe den Befehl, dass Ihr mich auf der Stelle begleiten
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