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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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Unhöflichkeit?«
    »Warum habt Ihr den Überfall auf Euer Gut nicht gemeldet, wenn Ihr ihn als einen Rechtsbruch angesehen habt?«
    »Ich glaube, die gräfliche Justiz ist für wichtige Angelegenheiten da, und ich will sie nicht mit einer Nebensache belästigen, die die Arbeit der Gerichte stört. Außerdem wurde ja kein Blut vergossen. Das Leben dieser Sklavin, die offenbar eine Freigelassene war, lohnte die Mühe nicht.«
    »War es nicht etwa deshalb, weil Ihr glaubtet, dass Ihr eine Ungerechtigkeit begangen habt?«
    Der Ratgeber antwortete aufgebracht.
    »Auf jeden Fall wäre der Bürger Martí daran schuld, der mich mit seinem falschen und böswilligen Geschenk zum Irrtum verleitet hat.«
    Die drei Richter blickten einander an, und nach einer Pause entließen sie den Ratgeber und riefen Martí auf.
    Diesmal fragte Bonfill.
    »Trifft es zu, Herr Barbany, dass Eure Tat ein Rechtsbruch ist? Wisst Ihr, dass man Euch anklagen könnte, wenn dies ein normales Verfahren wäre, dass Ihr fremdes Eigentum im Schutz der Nacht, heimtückisch und mit einer Bande überfallen habt?«

    »Auf jeden Fall hätte ich das Leben einer Unschuldigen gerettet, zumal ich meine, dass sich ein Überfall ohne Beute, ohne Raub und ohne jeden Schaden gut rechtfertigen lässt. Ich versichere Euch, dass ich sehr gern die entsprechende Strafe bezahlt hätte.«
    Eusebi Vidiella griff wieder ein, indem er seinen Kollegen tadelte.
    »Dies ist nicht das hierfür zuständige Gericht. Geht zum nächsten Punkt über, wenn meine gelehrten Kollegen einverstanden sind.«
    Martí begab sich von der Saalmitte zu seinem Pult. Er spürte, dass ihm das Fieber in den Schläfen pochte.
    Von dort aus ließ er seinen Blick über den Saal schweifen und wandte sich an den Richtertisch.
    »Eure Ehren: Vor gerade erst vier Monaten wurde das Landgut meiner Familie nachts von einer Verbrecherbande angegriffen. Sie hat das einst wertvolle Gut in Schutt und Asche gelegt. Das ist am wenigsten schlimm, alle materiellen Werte lassen sich ersetzen. Aber bei diesem feigen Überfall sind meine Mutter Emma von Montgrí und der alte Diener Mateu Cafarell gestorben. Meine Mutter ist an dem giftigen Rauch erstickt, der bei diesem sonderbaren Brand entstand. Bevor sie starb, hat sie mir das einzige Gesicht beschrieben, das sie erkennen konnte. Dem Mann, der die Bande offenbar führte, war die Kapuze heruntergerutscht, denn all diese Feiglinge hatten sich für ihre Untat vermummt, und ihre Beschreibung war so einzigartig, dass sie sich mir tief ins Gedächtnis eingeprägt hat.
    In der drittletzten Nacht, zufällig der Nacht vor dem Beginn der Lis , wurde ich von einem Kerl überfallen und verletzt, auf den dieselbe Beschreibung passt, und so etwas kann ich nicht als Zufall anerkennen. Derselbe Mann, der meine Mutter angegriffen hat, wollte mich umbringen. Nur das Glück oder die Vorsehung hat verhindert, dass diese Geschichte so wie die vorherige ausging.«
    »Was war denn diese bemerkenswerte Besonderheit, die Euch Verdacht schöpfen lässt, dass die Sache kein bloßer Zufall war?«
    »Gebt acht, Eure Ehren. Der Mann, der meine Mutter überfallen hat und der mich töten wollte, hatte Albinohaare wie weißes Stroh, seine Augen waren von einem beinahe wässerigen Blau, und er hatte ein pockennarbiges Gesicht. Sagt mir, wie viele Leute mit diesen Merkmalen leben wohl in der Grafschaft?«
    »Erklärt das näher«, verlangte Richter Ponç Bonfill.
    »Bevor meine Mutter starb, hat sie mir diesen Kerl genau beschrieben.
Nun, als ich in der betreffenden Nacht aus der Pia Almoina kam, wurde ich in einer dunklen Gasse von jemandem, der genauso aussah, mit einem vergifteten Dolch überfallen. Dabei kam ich nur deshalb nicht ums Leben, weil der Beichtvater der Gräfin, Pater Eudald Llobet, auf schicksalhafte Weise eingegriffen hat, und er wird diesen Umstand bestätigen. Wäre er nicht gewesen, hätte diese Lis nicht stattfinden können. Und wen hätte es interessiert, dass diese Verhandlung nicht stattfindet? Wer ist der Einzige, der über Amphoren mit schwarzem Öl frei verfügen kann, abgesehen von dem sehr ehrenwerten Veguer dieser Stadt und mir selbst?«
    Eusebi Vidiella interessierte sich außerordentlich für diese letzte Einzelheit.
    »Die Zeugenaussage Pater Llobets ist unnötig, denn uns liegt der Bericht des Gerichtsdieners vor, der in dieser Nacht die Streifwache geführt hat. Aber seid so gütig und erläutert den letzten Punkt, den Ihr erwähnt habt.«
    »Eure Ehren mögen

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