Das Vermächtnis des Martí Barbany
Stecknadel zu Boden fallen, und weil die Gerichtsverhandlung so großes Interesse auf sich zog, hatten bestimmte Geldbeträge offenkundig den Besitzer gewechselt, denn den Kommentaren ließ sich entnehmen, dass manch einer zum ersten Mal dabei war.
Die Grafen hatten ihre Thronsitze eingenommen. Almodis’ Gesicht bekundete frohgemute Neugier. Das Martís war leichenblass, während der Ratgeber stolz und selbstsicher auftrat. Der Sekretär rief den Bürger Fabià von Claramunt auf, vereidigte ihn und wies ihn an, sich auf die Zeugenbank zu setzen, die man zwischen den beiden Pulten aufgestellt hatte.
Richter Frederic Fortuny, der von Anfang an für den Ratgeber eingenommen war, begann mit der Befragung.
»Seid Ihr wirklich der barcelonische Bürger Don Fabià von Claramunt?«
»Der bin ich.«
»Hat Euch der Ratgeber Bernat Montcusí zum Hauptmann eines befestigten Hauses bei Terrassa ernannt?«
»Ich wurde nicht ernannt. Ich habe das Amt durch einen Vertrag übernommen und so lange ausgeübt, bis meine Interessen nicht mehr mit denen meines Auftraggebers übereinstimmten.«
»Wart Ihr am 23. Dezember in diesem befestigten Haus?«
»Ich war dort, aber als Verwalter.«
»Gehen wir nicht näher auf das Amt ein, das Ihr in der betreffenden Nacht ausgeübt habt, das ist belanglos. Trifft es zu, dass eine Truppe, die der Bürger Barbany nach eigenem Eingeständnis geführt hat, das Haus
überfiel, um eine Sklavin herauszuholen, die Ihr in der Festung bewacht habt?«
»Nicht ganz.«
»Drückt Euch deutlicher aus.«
»Eine Gruppe von Männern ist in die Festung gelangt. Nicht auf dem üblichen Weg, aber ich muss sagen, dass niemand zu Schaden gekommen ist, und als sie die entsprechenden Urkunden vorlegten, habe ich verstanden, dass man dort eine Person völlig rechtswidrig festhielt.«
»Ihr seid nicht der Richtige, um so etwas zu beurteilen. Eure Pflicht war es, das Euch anvertraute Gut zu bewachen.«
»Wenn ich das getan hätte, wäre vielleicht Blut geflossen, und ich wollte nicht, dass eine Torheit zu etwas führte, was mein Gewissen zeitlebens verabscheuen würde. Ich gehe nicht auf die Formen ein, wohl aber auf das Wesentliche. Die Frau, die man eingesperrt und gefoltert hatte, verdiente diese Leiden nicht.«
Richter Vidiella griff ein.
»Wir urteilen nicht über Ereignisse, die nicht stattgefunden haben, und Herr Claramunt ist hier als Zeuge, nicht als Angeklagter. Der Zeuge soll erklären: Was für eine Urkunde war das, und wie hat man sie damals überprüft?«
»Das Dokument war ein Freilassungsbrief, der vor einem Notar ausgefertigt wurde, und die Person ließ sich dadurch feststellen, dass die Gefangene unter dem rechten Arm ein Zeichen in Form eines vierblättrigen Kleeblatts trug.«
Nun war der Richter Bonfill i March an der Reihe.
»In welcher Lage befand sich die Sklavin?«
»Obwohl ich dagegen war, hatte man sie geblendet und ihr die Zunge abgeschnitten. Deshalb bin ich als Burghauptmann zurückgetreten. Diese Tat war mir widerwärtig.«
Montcusís Augen waren wie zwei glühende Kohlen, und wäre es ihnen möglich gewesen, so hätten sie seinen früheren Untergebenen verbrannt.
Leise Zweifel kamen im Saal auf. Keiner wollte eine Voraussage wagen, worauf das alles hinauslaufen mochte.
Die Stimme des Sekretärs ertönte.
»Ihr könnt den Gerichtssaal verlassen. Ihr dürft Euch nicht aus der Stadt entfernen, ohne eine entsprechende Erlaubnis zu erbitten. Ihr dürft mit niemandem besprechen, was wir in unserem Amtszimmer behandelt
haben, und Ihr steht weiterhin diesem Gericht zur Verfügung, falls man Euch benötigt. Der Gerichtsdiener soll den Zeugen begleiten.«
Ein Türhüter ging zu Claramunt und führte ihn zu einer Seitentür des Saals.
Wieder ertönte Bonfills Stimme.
»Ratgeber Montcusí, erhebt Euch und antwortet auf die Fragen des Gerichts.«
Bernat kam der Aufforderung in missgelaunter Haltung nach wie jemand, der eine Gunst gewährt.
»Wusstet Ihr nicht, dass diese Aixa eine Freigelassene war?«
»Mit welchem Recht würde sich jemand erlauben, eine Freigelassene zu verschenken?«
»Ich habe Euch gefragt, ob Ihr die Tatsache kennt.«
»Selbstverständlich wusste ich nichts davon.«
Jetzt war Vidiella an der Reihe.
»Habt Ihr nicht die erforderlichen Dokumente verlangt, für den Fall, dass Ihr sie irgendwann verkaufen wolltet?«
»Wollen Eure Ehren sagen, dass jemand die Dokumente eines Geschenks verlangt? Wäre das nicht etwa eine unverzeihliche
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