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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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kümmert sie sich nicht um Rassen, Glaubensbekenntnisse oder vornehme Herkunft. Glaubt mir, wenn ich Euch sage, dass dieses Heilmittel keine Fristen oder Kenntnisse benötigt: Er hat Euch gesehen und sich in Euch verliebt, so einfach ist die Geschichte.«
    »Aixa, wie kann ich wissen, dass alles, was du mir erzählst, nicht bloße Einbildung ist?«

    Aixa verstummte einen Augenblick, weil sie zögerte, ob sie den Brief übergeben sollte oder nicht.
    »Warum antwortest du nicht?«
    »Herrin, ich habe Euch gegenüber einen Auftrag, der eigentlich nicht darin besteht, schöne Melodien zu singen.«
    Laia machte ein ungläubiges Gesicht.
    »Nun, ich möchte Euch etwas geben, was ich aufbewahre, seitdem ich in dieses Haus gekommen bin. Aber wenn Euer Vater davon erfährt, steht mein Kopf auf dem Spiel.«
    »Ich habe dir tausendmal gesagt, dass Bernat nicht mein Vater ist: Er war der Ehemann meiner Mutter, und ich bleibe unter seiner Vormundschaft, bis ich einundzwanzig Jahre alt werde. Dann bin ich frei, ich erbe das Vermögen, das meinem wirklichen Vater gehört hat und das meine Mutter nutzen durfte. Dann bestimme ich über mein Leben.«
    »Vorläufig aber gehört Ihr ihm mit Leib und Seele – und ich darum auch. Deshalb kann er mit uns machen, was ihm gefällt.«
    »Aixa, lass das viele Hin und Her bleiben. Wenn du etwas für mich hast, gib es mir.«
    Ohne ein Wort zu sagen, lief die Sklavin zu ihrem Verschlag, der sich im Keller des Hauses befand.
    Bald kam sie wieder, wobei sie sich nach beiden Seiten umblickte. Sie hatte Martís Brief in ihrer Kleidung versteckt.
    »Nehmt ihn. Ich gebe Euch mein Leben preis. Bedenkt, was Ihr tut.«
    Laia sprang von der Bank auf, nahm den Brief und antwortete: »Nie hatte ich jemandem so viel zu verdanken. Man mag mich töten, und selbst dann verrate ich dich nicht. Später lasse ich dich rufen. Ich will den Brief an einem sicheren Ort lesen, und ich glaube nicht, dass ich mich einer Gefahr aussetze.«
    Das junge Mädchen lief zu ihren Zimmern, und Aixa ging in die Küche. Als sich Laia eingeschlossen hatte, riss sie das Siegel auf und las:
    Für Laia.
     
    Licht meiner Augen, Sehnsucht meines Lebens! Seitdem ich Euch auf dem Sklavenmarkt erblickte, ist es um mein Dasein geschehen. Die Erinnerung an Eure grauen Augen hat meine Tage und Nächte beherrscht, und mein Leben hat keinen Sinn, wenn ich nicht hoffen darf, Euch zu sprechen. Ich bin ein Blinder, der tastend nach dem Kelch sucht, der seinen Durst stillen wird.

    Wenn Ihr mir Hoffnung gebt, will ich mich endlos mühen, um das Glück zu verdienen, dass ich Euer Herz gewinne. Ich beneide die Luft, die Ihr atmet, und ich möchte die Sohle Eurer Schuhe sein, weil sie Euch begleiten, selbst wenn es im Staub ist.
    Wie Ihr gewiss erfahren habt, breche ich zu einer langen Reise auf. Von Euch hängt es ab, ob die Hoffnung meine Tage leiten wird oder ob diese öde und sinnlos verrinnen. Wenn Ihr mir das Glück gewährt, dass ich Euch vor meiner Abreise sprechen darf, werde ich der Glücklichste der Sterblichen sein. Solltet Ihr mir diese Wonne vergönnen, wird Euch meine Seele ewig dankbar sein. Es wird sein, wann und wo Ihr es bestimmt.
    In meinen Gedanken, meinem Herzen und auf meinen Lippen trage ich Euren Namen und hoffe sehnsüchtig, von Euch zu hören.
     
    MARTI
    Laia drückte den Brief an ihre junge Brust. In ihren grauen Augen erschien eine sehnsüchtige und ängstliche Träne und verschleierte ihren Blick.

34
    Öffentliche Feste
     
    B arcelona geriet in einen Festtaumel. Ein paar Monate nach seiner Verbindung mit Almodis hatte sich Graf Ramón Berenguer die Ankunft des Frühlings zunutze gemacht und sich sehr klug der uralten Strategie bedient, zu der schon die römischen Kaiser griffen, wenn sie die Plebejer ablenken und für sich einnehmen mussten. Diese Strategie ließ sich mit drei Worten zusammenfassen: »Brot und Spiele«. Das Volk bekam nun einen zusätzlichen Mundvorrat und konnte die Ladentüren schließen, um zu den vielfältigen Belustigungen zu eilen, die der Veguer im Namen seines Herrn bot. Die guten Leute vergaßen ihre Alltagssorgen und genossen Wein, Glücksspiele und Theatervorstellungen. Bernat Montcusí, der Generalintendant des Grafen, hatte die Anweisung erhalten, allen Familienvorständen für jeden Angehörigen eine Metze Weizen, ein Pfund mageres Schweinefleisch, eine Portion Rindfleisch und drei Dinare zu liefern. Der Geistlichkeit übergab man eine großzügige Summe, und die Glocken von Santa

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