Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)
ut omnes ex eo gustantes inde corporis et animae percipiant sanitatem.«
»Sehr gut gemacht, deine Aussprache wird immer besser«, lobte Walther den Jungen extra, damit die Stimmung sich wieder hob.
Ehler begann, wieder zu lächeln und das schlichte aber gute Mahl begann.
»Wo sind Freyja, Thido und Margareta?«, fragte Ava in die Runde, mit einem Blick, dem noch immer anzusehen war, wie überaus unwohl sie sich fühlte.
Runa schluckte ihren Bissen herunter und antwortete: »Sie sind auf dem Kunzenhof geblieben. Eigentlich wollte Margareta mit uns kommen, doch sie ist heute von Übelkeit geplagt und kurzatmig. Selbst dieser Weg wäre wohl zu anstrengend für sie gewesen.«
»Das verstehe ich«, gab Ava jetzt zurück. »Mir ging es in meinen Schwangerschaften ebenso. Diese Atemlosigkeit ist furchtbar! Arme Margareta, ich fühle mit ihr. Wie war es bei dir, Runa?«
»Oh, höre mir auf …!«, winkte diese kopfschüttelnd ab. »Des Nachts fürchtete ich oft zu ersticken. Besonders wenn es warm draußen war. Auf dem Rücken liegen war so gut wie unmöglich. Und erst die geschwollenen Beine …!«
Ava lachte kurz auf und sagte: »Als ob ein geschwollener Bauch nicht schon genug wäre, nicht wahr?«
»Du sagst es. Margareta kann sich glücklich schätzen, jetzt im Winter schwanger zu sein. Da ist es weniger beschwerlich …«
Oda hatte sich die ganze Zeit zusammengerissen. Schon unter normalen Umständen krampfte sich in ihr alles zusammen, sobald das Wort Geburt oder Schwangerschaft fiel, doch in diesem Augenblick war sie so dünnhäutig wie nie zuvor. Die Frauen, die eigentlich in ihrer Gegenwart stets Rücksicht nahmen und jenes Thema vermieden wo es ging, vergaßen sich. Ausgerechnet heute! Aufgebracht fuhr Oda ihnen über den Mund. »Ist euch nicht aufgefallen, dass Männer am Tisch sitzen?«, unterbrach sie Runa und Ava schroff. »Diese Art Gespräche könnt ihr später führen, wenn wir Frauen alleine sind – oder noch besser, wenn ihr alleine seid!«
Jeder am Tisch verstand sofort. Sie waren für einen kurzen Moment unachtsam gewesen.
»Oda«, begann Runa mit einem entschuldigenden Blick. »Es tut mir leid. Du hast ja recht. Lass uns von etwas anderem sprechen.«
Godeke erwägte kurz, Odas Hand zu ergreifen, um den Schein des sorgenden Ehemannes zu wahren, doch das wagte er nicht. Sehr wahrscheinlich hätte sie hineingebissen oder Schlimmeres damit angestellt, so wütend wie sie gerade war. Stattdessen versuchte er, Runas Vorschlag zu beherzigen und fragte seine Schwester: »Was ist mit Vater und Mutter? Hast du was von ihnen gehört? Werden sie zum Kinderbischofsspiel kommen?«
»Wir haben keinen Brief mehr von ihnen erhalten, seit es so stark schneit. Aber ich bin mir trotzdem sicher, dass sie kommen werden.« Dann wandte sie ihren Blick zu Ehler und fügte mit unverhohlenem Stolz hinzu: »Jetzt, da Ehler auch ein Marianer ist und sogar schon dem cantus major angehört, werden sie es sich sicher nicht entgehen lassen, ihn am Festtag singen zu hören.« Runa schaute zu Ava und legte ihr lächelnd die Hand auf den Arm. Sie hatte von Godeke erfahren, dass Ehler den ersten Chor, den cantus minor , in dem Thymmo sang, gleich übersprungen hatte, da er so talentiert war. »Du musst sehr stolz auf deinen Jungen sein, meine Liebe. Hoffentlich wird auch Thymmo alsbald besser und besser, bis er eines Tages die Hymnen singen kann – vielleicht sogar mit Ehler zusammen!«
»Ja, das wäre ganz wunderbar«, schwärmte Ava. »Ich wünschte nur, Thiderich könnte das alles miterleben.«
Oda verschluckte sich fast an ihrem Käse. »O ja, das wünschte ich ebenso«, stimmte sie mit steinerner Miene zu. »Er hätte sicherlich seine wahre Freude! An Ehler meine ich selbstverständlich.« Dann stand sie auf, um den Raum zu verlassen. »Bitte entschuldigt mich! Mir ist nicht wohl.«
7
Albert und Jons wachten nun schon seit Stunden im Stall an der Seite der beiden Stuten, doch nichts geschah. Friedlich kauten die Braune und die Weiße an ihrem Heu. Ihre Leiber waren dick und rund. Dennoch gab es keinen Grund zu vermuten, dass die Stuten ihre Fohlen ausgerechnet noch an diesem Tag bekommen würden.
»Jons, bist du dir sicher, dass es heute noch passiert? Wir sitzen hier nämlich schon eine ganze Weile, und wenn ich ehrlich bin, würde ich in dieser Nacht meine Bettstatt dem Stroh vorziehen.«
Der Page zuckte mit den Schultern. »So genau kann ich es leider auch nicht sagen, Herr. Wie immer habe ich einfach bloß …
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