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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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ich.«
    »Die Ava, dessen Muntwalt du bist?«
    » Richtig. Und darum liegt es auch an mir, einen neuen Gemahl für sie zu finden. Ich denke da an dich. Wie du sicher weißt, ist sie …«
    »… außerordentlich schön!«, hatte Christian Godekes Satz mit einem Funkeln in den Augen beendet.
    Daraufhin hatte Godeke es erneut versucht.» Wie du sicher weißt, ist sie …«
    »… feurig, und ihre Zunge ist schärfer als manches Messer.«
    An dieser Stelle versuchte er es nicht erneut, sondern verlangte eine Erkärung.
    Christian hatte danach von der letzten Begegnung mit Ava auf den Straßen Hamburgs erzählte. Er machte kein Geheimnis daraus, wie beeindruckend sie auf ihn gewirkt hatte.
    Godeke war in diesem Moment hin- und hergerissen gewesen zwischen dem Gefühl der Eifersucht und der Erleichterung. Dennoch hatte er sofort bemerkt, dass Christians Begeisterung für Ava echt war.
    Der eisige Wind trieb Godeke weiter. Schweren Schrittes verließ er die Zollenbrücke und wandte sich nach links in die Gröningerstraße. Sofort war er in Gedanken wieder im Hause Godonis; an jener Stelle des Gespräch, da er endlich hatte sagen können, was er vorher vergeblich versucht hatte loszuwerden.
    »Was ich meinte, ist, wie du sicher weißt, Ava ist noch in Trauer. Die Vermählung müsste deshalb noch etwas warten. Aber irgendwann einmal brauchen ihre Jungen einen Vater, und sie braucht einen Ehemann.«
    »Godeke! Du bist ein heller Kopf. Wieso bin ich nicht auf diese Idee gekommen? Ava kommt aus einer guten Familie, sie hat bereits zwei Söhne geboren und ist dazu auch noch eine wahre Schönheit! Ich sage dir eines, mein Vater wird begeistert sein!«
    »Du bist also einverstanden?«
    »Machst du Scherze? Natürlich bin ich das! Und damit du sie nicht doch noch jemand anderem gibst, gebe ich dir jetzt gleich die Hand darauf, mein Freund!«
    Godeke fühlte noch, wie er seine Hand in die von Christian geschlagen, und sich zu einem Lächeln gezwungen hatte. Es sollte überdecken, wie es wirklich in ihm aussah. Der Gedanke, dass Ava wieder heiraten würde, zerriss ihn, doch das Wissen darum, dass es ein Freund sein würde, der sie ehelichte, machte es weit weniger schmerzhaft.
    Jetzt aber stand ihm der schwierigste Teil bevor: Es war an der Zeit, dass Ava von seinen Plänen erfuhr. Godeke hatte ihr Haus mittlerweile erreicht. Unbewegt stand er schon eine Weile lang davor. Er zögerte, obwohl er tief in sich das Gefühl hatte, alles richtig gemacht zu haben. Christian kam aus guter Familie, sah ansprechend aus und war jung. Das alles war mehr, als viele Frauen, und besonders Witwen, sich von ihrem Zukünftigen auch nur erträumten. Schließlich sammelte Godeke allen Mut und klopfte an ihre Tür.
    Er bemerkte nicht, dass Oda ihn aus einer Fensterluke dabei beobachtete.
    »Godeke«, rief Ava erstaunt aus, die entweder nicht mit ihm gerechnet oder ihn sich gerade herbeigesehnt hatte. Denn sofort danach senkte sie den Blick. Ihre Wangen verfärbten sich rot. »Was machst du hier? Ich habe dich lang nicht gesehen.«
    Bei ihrem Anblick wurden Godeke die Knie weich, doch er versuchte, sich zusammenzureißen und sagte: »Bitte verzeih, dass ich ungebeten bei dir auftauche, aber ich habe etwas mit dir zu besprechen.«
    »Gut, dann sprich!«
    »Nicht hier, Ava. Bitte lass mich ein. Ich werde nicht lange bleiben.«
    Die Witwe zögerte. Das erste Mal war ihr bange davor, mit Godeke allein zu sein. Nicht einmal Ehler und Veyt waren aus der Schule zurück, die Magd kaufte ein – das Haus war komplett leer. Dennoch machte sie einen Schritt zur Seite und schickte noch einen letzten Blick die weißgeschneite Straße hinab. Dann führte sie Godeke in die Küche. Um einen Ton bemüht, der so normal wie möglich klang, fragte sie: »Nun, was ist es, das du mit mir besprechen willst?«
    »Ava«, begann Godeke langsam. »Ich möchte dich bitten, mich aussprechen zu lassen. Unterbrich mich nicht, sondern höre mich bis zum Ende an.«
    Sie antwortete nicht, blickte ihn nur mit ihren dunklen, schönen Augen an. Erwartungsvoll und irgendwie schüchtern.
    Godeke schluckte schwer. Ihre bloße Gegenwart machte ihn atemlos. Sie stand nur eine Armlänge von ihm weg, und doch fühlte es sich weit entfernt an. »Ich wünschte, ich könnte es dir vorsichtiger sagen, doch ich finde nicht die rechten Worte.«
    »Sag es einfach.«
    »Ich war eben im Nikolai-Kirchspiel.«
    »Und?«
    »Dort wohnt ein Freund von mir.«
    »Kenne ich ihn?«
    »Ich denke schon.«
    »Godeke,

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