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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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und vor allem um die Burg. Wer weiß, ob mein Vetter seine Mannen noch einmal schickt, wenn er es schon wagt, den Gottesfrieden zu brechen und an einem heiligen Feiertag anzugreifen. Aber sollte er kommen …«, drohte der Graf mit geballter Faust, »… dann werde ich zum Gegenschlag bereit sein!« Um seine letzten Worte zu bekräftigen, donnerte der Schauenburger seine Faust immer wieder auf die Tischplatte.
    Nach dem dritten Schlag gesellten sich auch die Fäuste der Ratsherren dazu.
    Nur ein Mann war zu betroffen, um sich an der lautstarken Zustimmung zu beteiligen. Godekes Gedanken waren erfüllt von der lähmenden Angst um Margareta und Runa, von denen er noch immer nicht wusste, ob sie mittlerweile erwacht waren. Als er sein Haus auf der Grimm-Insel betrat, fühlte er eine so schwere Last auf seinen Schultern, dass er sich einen Moment lang nicht traute, die einsame Diele zu verlassen und nach oben zu gehen. Noch immer hörte er Alusch und seine Mutter über den Tod von Eccard und seinem Vater schluchzen.
    »Ihr seid schon zurück?«, erklang es plötzlich hinter ihm.
    Godeke drehte sich um. Es war die Magd Agnes, die wie aus dem Nichts an ihn herangetreten war.
    »Habt Ihr es schon gehört …?«, fragte sie äußerst vorsichtig, denn der Ausdruck im Gesicht ihres Herrn verhieß nichts Gutes.
    »Was?«, fragte Godeke tonlos und wahrlich nicht wissend, ob er weitere schlechte Nachrichten verkraften würde.
    »Die gräflichen Männer haben Freyja nicht gefunden. Weder in der Stadt noch in den Fleeten. Man vermutet, sie könne ertrunken und ihr Körper abgetrieben sein.«
    Er schloss die Augen. Zu groß war die Grausamkeit dieser Worte. Als er noch um Fassung rang, fühlte er plötzlich eine Hand auf seinem Arm.
    Unter anderen Umständen wäre diese tröstende Geste ungehörig gewesen, doch Agnes wusste, was sie tat, waren ihre nächsten Worte doch ebenso schlimm, wie die gerade verklungenen. »Die Dame Margareta hatte eine Fehlgeburt.«
    Jetzt war es um Godeke geschehen. Verzweifelt schluchzte er auf – ebenso wie Agnes. Einen Moment lang standen sie einfach nur so da. Dann bot sie ihm unter Tränen an: »Wenn Ihr es wünscht, gehe ich rauf und sage es ihnen.«
    Godeke war so erleichtert, dass es aus ihm herausplatzte. »Ja, bitte tu das, Agnes. Ich wäre dir unendlich dankbar.« Er schaute sie an und legte kurz seine Hand auf die ihre.
    Nur wenig später war das lautstarke Wehklagen von Ragnhild und Alusch durch das ganze Haus zu hören.
    Godeke war noch immer in der Diele – unfähig, auch nur einen Fuß nach oben zu setzen, glitt er mit dem Rücken an der Wand hinab auf den Boden – die Hände auf die Ohren gepresst.

10
    Hochzeiten wurden immer gefeiert. Im Winter wie im Sommer, im gegenseitigen Einvernehmen wie unter Zwang, im Frieden wie im Krieg!
    So verhielt es sich auch heute, denn trotz des Angriffs vor nicht einmal vier Wochen, der die Stadt noch immer lähmte, fand an diesem Tag die Hochzeit von Ava und Christian statt.
    Es war Anfang Januar. Man hatte gerade mal die Adventszeit abgewartet, in der keine Hochzeiten stattfinden durften.
    Ava stand in ihrer Kammer. Sie hatte die Tür fest hinter sich zugezogen, was eigentlich überflüssig gewesen wäre. Denn niemand war da!
    Margareta war noch immer zu schwach, um die Kammer auf dem Kunzenhof zu verlassen, Walther und Runa beweinten ihr Kind, Godeke seinen Vater, Eccard und Albert waren tot, Ragnhild und Alusch so tief in Trauer, dass sie nicht ansprechbar waren. Übrig blieb nur Oda – ausgerechnet jener Mensch, auf dessen Unterstützung sie am wenigsten hoffen konnte!
    Godeke war nur noch einmal zu ihr gekommen – kurz nach der Ratssitzung am siebten Dezember. Er hatte ihr von dem Gespräch mit Oda erzählt, und davon, dass er tun würde, was sie verlangte – was schlicht bedeutete, dass er Ava verheiraten würde, ob sie wollte oder nicht. Doch es war nicht bloß Odas Forderung, die ihn dazu trieb. Auch seine Angst um Ava ließ ihn an diesem Entschluss festhalten. Schließlich brauchte sie jemanden, der auf sie und die Jungen achtgab – in diesen Zeiten erst recht. Das wusste auch Ava. Beide hatten sie daraufhin geweint. Godeke versicherte ihr noch, dass er es aus Liebe zu ihr tat und dass er sich sicher war, in Christian einen guten Gemahl für sie gefunden zu haben. Dann war er gegangen. Ohne jede Berührung, dafür aber mit Blicken, die mehr sagten als zig Worte. Sie hatten Ava glaubhaft gemacht, dass er litt und sich nach ihr verzehrte,

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