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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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bloß Euren wachen Geist lobend erwähnt. Verzeiht, wenn meine Worte ihr Ziel verfehlten.«
    »Nun, vielleicht sollte ich, der ich tatsächlich ein fabelhaftes Gedächtnis in mancherlei Hinsicht habe, Euch daran erinnern, dass Ihr Euch damals auf der Versammlung für einen gewissen Mann eingesetzt habt. Ein Mann, der seiner Pflicht gegenüber unserem Lehnsherrn nicht nachgekommen ist und der aus dem Rat ausgestoßen wurde …«
    »… und das fälschlicherweise, wie ja herausgekommen ist«, unterbrach Eccard sein Gegenüber. Er hatte geahnt, dass ihm sein Einsatz für Albert von Holdenstede, der einige Zeit auf seiner Riepenburg im Einlager gewesen war, weil er Graf Gerhard II. betrogen haben sollte, eines Tages noch einholen würde. Doch er hatte sich nichts vorzuwerfen. Albert von Holdenstede war damals zu Unrecht jener Verbrechen beschuldigt worden, wie hinterher im Beisein von Grafen und Ratsherrn auf dem Kunzenhof herausgekommen war. Johannes vom Berge war es gewesen, der alle getäuscht hatte, und dafür erhielt er nun seine Strafe. Dass die anderen Ritter seines Herrn Gerhard II. allerdings skeptisch waren, nachdem Eccard jetzt auch noch Alberts Tochter geheiratet hatte, ließ sich wohl nicht vermeiden.
    Noch immer starrten beide Männer einander an, bis der Bruder des Raubritters sie unterbrach. »Was treibt Euch zu uns auf die Burg, Ribe?«, fragte Ludolph ohne Umschweife. Er wusste, dass Eccards Riepenburg gerade mal einen knappen Tagesritt entfernt lag, und konnte sich also denken, dass dessen Besuch einen Grund haben musste – ansonsten wäre er wohl vorbeigeritten.
    Nur ungern war Eccard der Erste, der den Blick abwandte. Doch sah er auch ein, dass ein Streit hier und jetzt schlimme Folgen für ihn haben würde – möglicherweise sogar tödliche Folgen. »Ich bringe Euch einen Brief von Graf Gerhard und erbitte die Möglichkeit, auf Burg Linau nächtigen zu dürfen. Es ist bereits zu spät für eine Weiterreise.«
    Ludolph trat einen Schritt beiseite und öffnete Eccard so den Gang zum Turm. »Gewiss könnt Ihr bleiben, nicht wahr, Bruder? Schließlich dienen wir ein und demselben Herrn.«
    Marquardus nickte kaum erkennbar und versicherte mit einem frostigen Unterton: »Seid uns willkommen.«
    Ludolph scherte sich nicht um die Haltung seines Bruders. Er hatte sich schon längst an das kämpferische Wesen des Älteren gewöhnt. »Kommt, lasst uns hineingehen. Dort könnt Ihr Euch aufwärmen und einen ordentlichen Becher Würzwein trinken.«
    Marquardus folgte den Männern und merkte dabei boshaft lachend an: »Bruder, überlege dir gut, was du unserem Gast zu trinken gibst. Das letzte Mal, als ich mit Eccard, Lüder, Ulrich und den anderen Rittern zusammen gesoffen habe, hat er am nächsten Tag sein Pferd vollgekotzt.«
    Ludolph schaute seinen lachenden Bruder fragend an, ging dann aber weiter in Richtung Turm.
    Auch Eccard versuchte, Marquardus zu ignorieren, obwohl er sich noch lebhaft an den eben erwähnten Tag erinnern konnte. Was hätte er auch erwidern sollen? Es stimmte ja, er vertrug keinen Wein – jedenfalls nicht in rauen Mengen. Doch wie jeder Mann in seiner Lage hasste er es natürlich, darauf angesprochen zu werden.
    Nur wenig später saßen alle Ritter zusammen an einem mächtigen Holztisch, der einen erheblichen Teil des runden Innenraums einnahm. Die Wände des Turms waren rau und unbehauen, und die wenigen Luken in ihnen zeigten deutlich, dass die Mauern eine Mannslänge bei weitem überschritten. Der Raum war verschwenderisch mit Fackeln und Leuchtern erhellt, und überall erkannte man kostbare Gegenstände, die so gar nicht zusammenpassen wollten, was unweigerlich die Frage ihrer Herkunft aufwarf.
    Hätte Eccard es nicht besser gewusst, dann hätte er spätestens jetzt eine Antwort auf diese Frage bekommen: Diebesgut!
    Unter lautem Gegröle kam einer der Ritter herein, die mit den Scarpenbergh-Brüdern auf die Burg geritten gekommen waren. Er hatte einen großen und prall gefüllten Sack geschultert, welchen er mit einem lauten Krachen auf den Holztisch warf. Diese Geste verstärkte das Brüllen der Männer nur noch.
    Eccard, der am anderen Ende der Tafel saß, kannte den Ritter nicht, und er hatte auch keine Ahnung, was in dem Sack war, doch beschlich ihn bereits eine üble Vorahnung.
    »Los, schüttet den Sack aus!«, rief einer der Männer und hob feierlich seinen Becher in die Höhe.
    »Genau, lass uns sehen, was die heutige Jagd uns als Lohn eingebracht hat«, scherzte

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