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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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Marquardus ungeniert.
    Im nächsten Moment griff der Neuankömmling nach den unteren beiden Zipfeln des Sacks und schüttete den gesamten Inhalt über den Tisch. Eine Flut von gold- und silberglänzenden Devotionalien, Geschmeide, Kelchen und anderem kostbaren Hab und Gut breitete sich auf dem Tisch aus, von dem einiges sogar über den Rand fiel und klimpernd über den Boden tanzte. Niemand scherte sich darum.
    Beherzt griffen die Ritter in die Beute und hielten sie sich gegenseitig lachend unter die Nasen. Niemand schenkte Eccard Beachtung, der, fassungslos über diese Skrupellosigkeit, auf den Tisch starrte und sichtlich um Beherrschung rang.
    Vor seine Finger war ein Kruzifix gerutscht, welches wohl noch vor Kurzem den Hals eines Geistlichen geziert hatte. Die Kette war zerrissen, so als ob man ihm das Schmuckstück mit Gewalt abgenommen hätte. Es war bloß ein ganz kleines Kreuz, doch es war aus Gold und an seinen Enden mit wunderschönen Ranken verziert. Eccard nahm die Kette zur Hand und starrte sie an. Er konnte einfach nicht glauben, dass die Scarpenberghs tatsächlich derart hemmungslos mit ihrem Placker-Dasein prahlten, dass es sie noch nicht einmal interessierte, dass er sie gerade dabei beobachtete. Eines war klar, sie fühlten sich sicher – und vor ihm hatten sie ganz gewiss keine Angst!
    Plötzlich legte sich eine schwere Hand auf Eccards Schulter, die ihn brüsk herumdrehte. »Habt Ihr etwa noch niemals ein Kruzifix gesehen, Ribe?« Es war Marquardus.
    Eccard verengte seine Augen und ballte die Faust um das Kreuz. Er blickte dem Ritter direkt in das höhnisch grinsende Gesicht. Wut stieg in ihm hoch. »Ihr bestehlt Geistliche?«, fragte er schließlich mit einem angewiderten Ton in der Stimme.
    Eine Weile lang sagte keiner einen Ton. Das Gelächter der Männer erstarb, und selbst die Dienerschaft sah zu, dass sie wegkam. Abermals wurde Eccard klar, dass seine Lage im Streitfall alles andere als gut war und er besser zweimal hätte nachdenken sollen, bevor er sprach. Aber für solche Gedanken war es nun zu spät.
    Marquardus ließ die Hand von Eccards Schulter gleiten und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Becher. Er leerte den gesamten Inhalt mit nur einem Schluck und spuckte den Wein daraufhin in einem weit gestreuten Strahl auf das Kruzifix und Eccards Hand.
    Angesichts dieser ungeheuerlichen Frechheit sprang Eccard auf und schleuderte die Kette achtlos über den Tisch. »Was erlaubt Ihr Euch, Scarpenbergh?«
    »Falsch, was erlaubt Ihr Euch? Dies hier ist meine Burg, und der Abschaum, der den Weg an meiner Burg passiert, hat Wegezoll an mich zu entrichten. Ganz gleich, ob es ein Pfeffersack, eine Metze oder ein Pfaffe ist. Wollt Ihr mir dieses Recht etwa absprechen? Nur zu …!«
    Die Männer standen sich Nase an Nase gegenüber. Beide in Lauerstellung; keiner bereit nachzugeben – bis jetzt. Denn es war eigentlich keine Frage, was nun geschehen musste. Bloß ein Mann, der des Lebens müde war, hätte im Angesicht so vieler Gegner weiter aufbegehrt.
    »Nein«, log Eccard. »Alles was ich mich gefragt habe ist, ob sich die Mühe, einen Geistlichen zu überfallen, denn überhaupt lohnt. Schließlich ist es eher selten, dass sie Kreuze aus purem Gold mit sich tragen, so geizig wie sie sind.«
    Noch immer war es still im Saal, als Ludolph Scarpenbergh plötzlich zu lachen begann. »Wo er recht hat, hat er recht, Bruder. Die Pfaffen sind meist nicht einmal ihre Kutte wert!«
    Fast schon erleichtert über die Wendung des Gesprächs, fielen nun auch die anderen Ritter mit in das Gelächter ein. Und langsam, sehr langsam, entspannten sich auch Marquardus’ Gesichtszüge.
    »Scharf beobachtet, Ribe. Aus Euch könnte noch ein guter Placker werden.«
    Eccard nickte bloß und sagte nichts. Er konnte froh sein, noch mal mit dem Leben davon gekommen zu sein, und er nahm sich vor, den Rest des Abends besser schweigend zu verbringen.
    »Setzt Euch wieder«, sagte Marquardus mit einem Ton, der eher nach einem Befehl denn nach einer Bitte klang. »Ihr seid heute unser Gast, und unsere Gäste pflegen mit uns zu speisen.« Dann rief er nach dem Gesinde. »Wo bleibt meine verdammte Dienerschaft mit dem verdammten Essen? Soll ich etwa selbst zur Küche laufen und es mir holen?«
    Nur kurze Zeit darauf kamen drei Mägde und ein Mundschenk herein und servierten köstlich duftende Speisen und mehr Wein.
    Auch jetzt wurde Eccard wieder deutlich, dass die Scarpenberghs bei weitem keinen Hunger zu leiden hatten. Ihr

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