Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)
Und es kommt mir durchaus zugute, wenn er sich jetzt auch noch mit Schwachköpfen umgibt.« Sein Lachen schallte durch die Halle und bewegte einige der Ritter und Damen dazu, kurzzeitig aufzusehen. Bald jedoch widmeten sie sich wieder ihrem eigenen Vergnügen.
Graf Gerhard beruhigte sich nur langsam. Immer noch lachend sagte er: »Vielleicht habe ich ja Glück und er tauscht all seine Ritter gegen singende Taugenichtse aus. Dann hätte ich leichtes Spiel …!«
Eccard hatte keine Ahnung, was der Fürst mit seinen letzten Worten gemeint haben könnte, doch die Antwort ließ nicht lang auf sich warten. Wenigstens schien sein Interesse an Walther vergangen zu sein.
Die blinden Augen des Schauenburgers verengten sich, was seinem Blick etwas Boshaftes gab. Er stützte sein Kinn auf eine seiner Fäuste und versank in Gedanken. »Nun Ritter, jetzt da Euer Schwager fest zum Gefolge meines verhassten Vetters gehört, kann ich dem Singvogel nur wünschen, dass er neben seiner Laute auch das Schwert beherrscht.«
»Das Schwert …?«, fragte Eccard Unheil witternd.
»Ihr habt keine Ahnung, nicht wahr? Dann kläre ich Euch mal auf: Eure kühne Tat in den Hamburger Wäldern hat dazu geführt, dass mein Vetter mir nun die Fehde erklärt hat. Der Fehdebrief kam vor wenigen Tagen, und ich habe selbstverständlich angenommen. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass ich schon lange darauf brenne, diesem Hundsfott entgegenzutreten. Von selbst hätte dieser Feigling mich nie herausgefordert, er hasst Kriege, doch nun hatte er keine Wahl mehr, als den ersten Schritt zu tun. Seid Euch also meines Danks gewiss, Ribe. Endlich wurde uns ein Grund gegeben, einander zu bekämpfen.«
Eccard musste sich zusammenreißen, so viele Gedanken schossen ihm gleichzeitig durch den Kopf. Graf Johann hat Gerhard II. tatsächlich die Fehde erklärt? Was bedeutete das für ihn? Wollte der Graf seine Dienste überhaupt noch, oder war er jetzt dessen Feind?
Graf Gerhard konnte Eccards in sich gekehrten Blick nicht sehen, und selbst wenn, hätte er ihn mit Sicherheit nicht wahrgenommen. Voller Groll ballte er die Faust so fest, dass sie zu zittern begann. »Ich werde gnadenlos sein! Kein Gottes- und kein Landfrieden werden mich davon abhalten, dieser fetten, nimmersatten Hure mit ihren dreißig Liebhabern Respekt zu lehren.« Dann begann er wieder zu lachen. Laut und schallend.
Er ist wahnsinnig, schoss es Eccard durch den Kopf. Die Worte des Grafen ergaben keinen Sinn. Kaum nachvollziehbar schwankte er zwischen Wut und Gelächter. Es war zum Fürchten.
Abrupt hörte das Lachen auf, und der Schauenburger richtete seine leblos wirkenden Augen auf Eccard. Unterkühlt fragte er: »Wie darf ich Euer Schweigen deuten, Ribe?«
Der Angesprochene fuhr mit dem Kopf herum und sagte: »Verzeiht, Herr. Eure Kampfeslust und Entschlossenheit überwältigten mich kurzzeitig … Sie werden mir sicherlich ein Vorbild sein.«
»Das ist gut, denn auch Ihr werdet Euren Beitrag leisten. Reitet so schnell wie möglich wieder los. Zieht Richtung Westen und erkundet für mich das Land an der Eyder. Diese Dörfer werden nämlich als Erstes fallen, bevor ich mich dem Rest seiner Ländereien widme. Ich habe nicht vor, auch nur einen Mann, eine Frau und ein Kind zu verschonen. Jedes Haus werde ich niederbrennen, alles Vieh vertreiben und die Vorräte rauben – so lange, bis mein Vetter um Gnade winselt. Jeder seiner Untergebenen, der kräftig genug ist, eine Kerkerhaft zu überstehen und der wohlhabend daherkommt, den werde ich in Gefangenschaft nehmen, auf dass dessen Familie oder mein Vetter sie teuer auszulösen haben. Bringt mir Kunde über die Anzahl und die Größe der Dörfer, ihre Besitztümer und ihre Bewohner, und kommt dann zurück nach Plön. Ihr kämpft an meiner Seite. Wenn ich mit meinen Rittern durch das Land von Johann gezogen bin, wird nur noch Asche übrigbleiben.« Der Graf lehnte sich wieder zurück und schnipste. Darauf kam ein Diener und brachte ihm eine Platte mit ganzen, gebratenen Wachteln drauf. Der Schauenburger griff sich eine und biss hinein. Dann sagte er: »Wie gern würde ich die Gesichter der törichten Ratsherren sehen, wenn sie ihr Abgesandter erreicht.«
»Ein Abgesandter vom Rat war hier?«
»Ja. Er trug die Bitte nach Waffenstillstand bei sich, die ich selbstverständlich abgelehnt habe. Es bedarf schon etwas mehr, um mich umzustimmen als das bloße Gewinsel des Rates.«
»Etwas mehr? Also bedenkt Ihr Eure Schritte vielleicht noch
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