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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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Schließlich war sein Mädchen an diesem Tage zur Frau geworden. Albert sah es noch genau vor sich und spürte wieder dieses Stechen im Herzen, das er gefühlt hatte, als Eccard Margareta mit sich in den Burgturm genommen hatte. Es war eine Mischung aus Stolz und Wehmut gewesen, beides bedeckt von dem bitteren Geschmack des Abschieds. Einen winzigen Moment lang hatte er damals an Alheidis – Margaretas Mutter – gedacht, die er im Kindbett verloren hatte. Sie war ihm ein gutes Weib und Margareta eine gute Mutter gewesen. Albert hatte inständig gehofft, dass auch sie ihr einst kleines Töchterchen zu sehen vermochte, von dort wo sie gerade war, und dass sie ebenso von Stolz erfüllt war wie er.
    »Albert, was ist mit dir? Du wirkst abwesend.«
    »Ach nichts. Ich bin bloß in Gedanken ….« Albert schüttelte die Erinnerung an die Vergangenheit ab. Es war ihm in letzter Zeit häufiger aufgefallen, dass er früheren Tagen nachhing und nichts dagegen tun konnte. Sinnlos zu leugnen: Er wurde alt.
    In diesem Moment wurde die Tür erneut aufgerissen. Drei Köpfe fuhren gen Eingang. Eccard trat ein. Und mit ihm zig weiße Schneeflöckchen.
    »Was für ein Wetter!«, schimpfte der Ritter, der seiner Kleidung nach zu urteilen bereits fertig zur Abreise war.
    »Du sagst es«, pflichtete Albert ihm bei. »Willst du wirklich heute nach Plön reiten?«
    »Habe ich etwa eine Wahl, mein lieber Truchsess?«, fragte Eccard. »Gerhard II. hat mir noch vor seiner Abreise aus Hamburg gesagt, dass ich mich schnellstmöglich auf den Weg zu ihm machen soll, und das kommt mir natürlich sehr gelegen. Schließlich soll ich für meinen neuen Herrn auskundschaften, was er plant, und Graf Johann dann berichten.«
    »Wie willst du das anstellen? Es wäre ja wohl etwas auffällig, wenn du einfach auf den Kunzenhof reitest und um ein Gespräch mit Johann II. bitten würdest.«
    »Das stimmt natürlich, und deshalb wird Propst Albrecht uns helfen. Er wird sich mit mir an einem geheimen Ort treffen.«
    »Und wo wird das sein?«
    »Graf Johann II. hatte eine Idee, die er mir gestern noch, bevor wir Hamburg verließen, durch Walther mitteilen ließ. Vor den Toren Hamburgs besitzt Adolf V., der Bruder des Grafen und des Propstes, ein großzügiges Gehöft an der Bille. Er selbst hat es dieses Jahr vor der St. Veitsmarkts-Sitzung besucht. Hier wird uns niemand vermuten. In sechs Tagen treffe ich den Propst dort. Wünsch mir Glück, dass ich dann auch etwas zu berichten habe, das mich Graf Johanns Vertrauen erlangen lässt.«
    »Das wünsche ich dir wahrlich! Ich habe Kylion schon satteln lassen.«
    »Danke, mein Freund.«
    Einige Umarmungen und gute Wünsche später, machte sich Eccard auf den Weg nach Norden. Schon nach kurzer Zeit war er bis auf die Knochen durchgefroren, und dieser Zustand änderte sich auch den ganzen Tag nicht mehr. Am nächsten Tag war das Wetter angenehmer, dennoch war der Schnee so hoch, dass er um eine zweite Übernachtung nicht herumkam. Als er Plön endlich erreichte, war er froh, auch wenn die Gesellschaft ihm hier nicht behagte. Nun kam es darauf an, dass er Johann II. nützlich war, damit dieser ihn in seine Dienste aufnahm.
    Eccard schritt die Gänge der Burg entlang zum Saal, wo, wie jeden Abend, auch heute wieder ein üppiges Mahl aufgetischt worden war. Immer wieder, wenn er auf die Burg seines Herrn kam, fühlte er sich von dem Überfluss schier erschlagen. Sein Eintreten blieb keinen Moment lang unbemerkt. Sofort kamen Giselbert von Revele und Heinrich von Borstel auf Eccard zu.
    »Da ist ja der kühne Bezwinger fremder Jagdbeute«, sagte einer der beiden ohne jeden Spott.
    »Man spricht schon den ganzen Abend von Eurer Tat, Ribe. Ich muss zugeben, auch ich bin beeindruckt. In Gegenwart eines Grafen dessen Beute zu erlegen, ist wahrlich mehr als bloß gewagt. Das Gesicht Johanns II. werde ich nie vergessen.« Dann lachte der Ritter laut auf. »Ich habe mich in Euch getäuscht – Ihr seid weit kühner, als ich vermutet habe. Dieses Verhalten hätte Euch den Kopf kosten können, doch Ihr seid nicht zurückgeschreckt.« Er legte Eccard die Hand auf die Schulter und fuhr fort: »Und nun kommt, unser Herr wartet schon auf Euch.«
    Eccard wurden vor den Schauenburger geführt, wo er sich tief verbeugte, obwohl dieser es nicht sah.
    Wie immer stand nur Marquardus dicht neben seinem Herrn. Als er Eccard sah, schien er kurz zu überlegen, ob er ihm seine letzte Beleidigung noch übel nehmen sollte, dann aber nickte er

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